Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Supraleitende Schiffsmotoren

Technik. - Elektromotoren haben besonders dort Vorteile, wo der Platz knapp ist - auf Schiffen beispielsweise. Besonders klein bei entsprechender Leistung sind supraleitende Motoren. Ihr Problem ist die Kühlung, denn Effekt der Supraleitung tritt erste bei extrem niedrigen Temperaturen auf. In der Forschungshalle auf dem Messegelände Hannover ist derzeit zu sehen, wie die beweglichen Teile eines supraleitenden Elektromotors gekühlt werden.

Von Wolfgang Noelke | 06.06.2007
    Metallische Leiter von Kabeln und Spulen werden bei Temperaturen nahe des absoluten Nullpunktes supraleitend. Bei minus 273 Grad Celsius verliert das Material seinen elektrischen Widerstand. Im Gegensatz zu einer ungekühlten Leitung, könnte bei gleicher Strombelastung eine Supraleitung einen etwa hundertmal kleineren Querschnitt haben, ohne dass sie verglüht. Ideal für Elektromotoren, wenn die Spulen, in denen hohe elektrische Ströme das Magnetfeld für den Antrieb erzeugen, supraleitend sind.

    Bei gleicher Leistung reduzieren sich Gewicht und Größe so genannter supraleitender Elektromotoren um fast die Hälfte, sagt Jörn Grundmann, Entwicklungsingenieur bei Siemens in Erlangen und auch der Leistungsverlust, der durch die Induktion der Spulen in Wärme umgesetzt wird, halbiere sich:

    " Wenn Sie einen normalen Elektromotor haben, dann haben Sie Wirkungsgrade um die 96 Prozent und etwas höher. Wir können mit dem supraleitenden Motor auf 98 Prozent kommen. "

    Im Erlangener Forschungszentrum entsteht gerade ein solcher Synchronmotor mit einer elektrischen Leistung von vier Megawatt. Diese Leistung wird bei Kreuzfahrtschiffen als Antrieb für die Schiffsschrauben benötigt. Ein normaler Motor dieser Leistung hätte dieser das Volumen eines Einfamilienhauses. Der supraleitende Motor aus Erlangen ist so groß wie eine Doppelgarage

    Statt Kupferdrähten haben die Siemens-Entwickler einen Materialmix genommen, der den tiefen Temperaturen standhält. Die Wicklungen bestehen aus supraleitenden Materialien. Für die Kühlung haben sich die Forscher eine Lösung nach dem so genannten Kryostat-Prinzip ausgedacht: Flüssiges Neon fließt durch ein Rohr in der Achse bis hin zu den Rotorwicklungen. Dort soll es sich verteilen, so Grundmann:

    " Das flüssige Neon tropft dort hinein, verdampft dort, liefert also sozusagen die Kälte ab beziehungsweise nimmt die Wärme auf. Der Dampf kann dann durch das gleiche Rohr wieder hoch zu einer Fläche, die aktiv gekühlt wird, zurückströmen und kondensiert dort wieder zur Flüssigkeit. Das Ganze ist hermetisch abgeriegelt. Das wird einmal befüllt und wenn man die Fläche kalt hält, läuft das im Prinzip von selbst ab. "

    Minus 246 Celsius, also 27 Grad über dem absoluten Nullpunkt reichen aus, um den Rotor zu kühlen. Er ist eingekapselt, erklärt Jörn Grundmann:

    " Um ihn halt gegen Wärmeeintrag aus der Umgebung abzuschirmen. An seinen Enden haben sie spezielle Drehmoment-Übertragungselemente. Die sind aus einem Kunststoff, der auf der einen Seite sehr hohe Festigkeit haben muss, um die enormen Kräfte, die dort wirken, aufnehmen zu können, auf der anderen Seite muss er aber eine sehr schlechte Wärmeleitfähigkeit haben. Und diese Teile sind dann wieder angeflanscht an herkömmliche Stahlwellenenden, die aus der Maschine heraus führen und auf denen die Maschine auch gelagert ist. "

    Diese Achse aus Stahl und Kunststoff muss am Übergang zwischen Stahl und Kunststoff trotz der hohen Temperaturunterschiede elastisch genug bleiben, auch starke Drehmomente auszuhalten. Damit der Kunststoff nicht bricht oder reißt, sind die Anforderungen an ihn hoch:

    " Die Faserrichtungen muss stimmen, der muss in einer bestimmten Art und Weise hergestellt sein. Sie können auch nicht jeden beliebigen Kunststoff nehmen, weil sie auf der einen Seite ja auf einem sehr kalten Ende sind, auf der anderen Seite sind sie aber auf normaler Raumtemperatur und da muss alles zusammenpassen. Wenn sich etwas erwärmt, wird es ja thermisch ausgedehnt, beziehungsweise, wenn es abgekühlt wird, schrumpft es und das muss alles so zusammenpassen, dass es dicht bleibt, die Kraft sicher übertragen kann, es darf nicht verspröden, bei diesen Temperaturen. "

    Die Forscher aus Erlangen sehen gute Absatzmöglichkeiten für supraleitende Industriemotoren, sind sie langfristig doch die beste Energiesparlösung. Vor allem aber, weil supraleitende Motoren um die Hälfte kleiner sind, kann man sie dort einsetzen, wo Platzmangel herrscht und ein Motor nicht zu schwer sein darf. Jörn Grundmann zu den Perspektiven:

    " Wenn sie sich so vorstellen: Auf einer Plattform in der Nordsee haben sie auf einmal einen größeren Energiebedarf. Sie können aber nachträglich nicht zusätzliche Gewichte und ein solches Volumen auf einer Plattform unterbringen. Dann können Sie dort supraleitende Generatoren einsetzen, die bei gleicher Größe und gleichem Gewicht erheblich mehr Leistung erzeugen können. "