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Supratrans als Nachfolger des Transrapid

Verkehrswissenschaften. - Der Transrapid wird gern als Beispiel für eine perfekte Technik genommen, die leider niemand braucht. Wozu auf Magnetfeldern lautlos und ruckfrei schweben, wenn es mit Rad und Schiene oder Straße auch geht. Nicht ganz so komfortabel - aber es rollt. Doch davon ließen sich Dresdener Wissenschaftler und Firmen nicht beeindrucken. Sie sehen die Magnetbahnen erst am Beginn ihrer Karriere und stellen auf der Messe Innotrans ihre Magnetbahn Supratrans vor.

Von Hartmut Schade |
    Ein leichter Stups mit dem Finger genügt und schon gleitet der Supratrans lautlos die Schienen entlang. Doch was heißt gleitet? Er schwebt dank eines Magnetfeldes über den Schienen - ähnlich wie der Transrapid. Doch während der auf Elektromagneten dahinschwebt, verweist die erste Silbe des Supratrans auf ein völlig anderes Konzept: Sie steht für Supraleitung.

    Wir arbeiten mit einem eingefrorenen Magnetfluss in einem Supraleiter,

    sagt Professor Ludwig Schultz vom Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden. Supraleiter und Magnetfelder verhalten sich normalerweise wie Feuer und Wasser. Kommt ein supraleitendes Material in die Nähe eines Magneten, so beginnt in ihm sofort ein Ringstrom zu fließen, der ein dem induzierenden genau entgegen gerichtetes Magnetfeld erzeugt. Die Felder stoßen einander ab. Der Supraleiter prallt also wie ein Gummiball von einem Magnetfeld zurück. Mit einem Trick umgehen die Dresdener Wissenschaftler diesen Effekt: Sie kühlen das Material erst im Magnetfeld auf jene Temperatur, die es supraleitend macht.

    Dann spaltet dieses Magnetfeld auf in einzelne so genannte Flusslinien und diese Flusslinien kann man in dem Material an Gitterfehlern festhalten. Damit kann man ein magnetisches Profil genau in den Supraleiter einfrieren.

    Als Material nutzen die Dresdener Werkstoffforscher Yttrium-Barium-Kupferoxyd, einen so genannten Hochtemperatursupraleiter, der schon bei -196 Grad Celsius Strom ohne Widerstand fließen lässt. Mit flüssigem Stickstoff wird das Yttrium-Barium-Kupferoxyd im Magnetfeld der Schiene abgekühlt. 40 fingergroße Supraleiter halten den Dresdener Supratrans drei Zentimeter in der Schwebe. Rein theoretisch könnten auf dem schlittenähnlichen Gefährt gute und gerne acht kräftige Männer Platz nehmen, wenn er denn ausreichend Sitzmöglichkeiten böte. Gesteuert und angetrieben wird der Supratrans durch einen Drehstrom-Asynchronmotor vom Fahrzeug aus, so Steffen Röhlig von Ingenieurbüro für Elektrischen Bahnsysteme ELBAS:

    Wenn wir zweites Fahrzeug hätten, könnten wir ein zweites Fahrzeug auf den Fahrweg setzen und diese könnten sich unabhängig voneinander steuern. Das heißt also dichte Zugfolge, variable Zugkonstellationen, mehrere Fahrzeuge zusammenkoppelbar und trotzdem wieder getrennt fahrbar zu halten - das sind Dinge, die beim Transrapid nicht so umsetzbar sind.

    Röhlig nennt als Ziele für den Supratrans:

    Wir gehen erstmal mehr in Richtung Anwendung im Nahbereich, das heißt innerbetriebliche Transporte, Kurzstreckentransporte oder auch der Nahverkehrsgedanke.

    Angesichts des jahrzehntelangen Gezerres um den Bau einer Transrapidstrecke erscheint eine supraleitende Straßen- oder S-Bahn völlig abwegig. Doch zu den Mitstreitern im Projekt gehören auch die Dresdener Verkehrsbetriebe. Deren technischer Vorstand, Frank Müller-Eberstein zeigt sich als Visionär:

    Ich denke mal, die Supratrans kann Ergänzungssystem sein oder vielleicht ein System, das in ganz anderen Bereichen arbeitet: im kleinteiligen Güterverkehr, oder Shuttleverkehr oder im Anschlussverkehr an Straßenbahn oder Buslinie oder in Fußgängerzonen in der plus Eins- Ebene, das sie in fünf Meter Höhe oder sechs Meter Höhe über die Straße fahren, man muss das einfach mal weiterspinnen.

    Bevor man geräuschlos und ruckelfrei über die Dresdener Kopfsteinpflasterstraßen gleiten kann, dürfte Supratrans seine Bewährungsprobe als Lastenesel bestehen. Die schwebende Bahn ist ein ideales Transportgerät für Reinsträume wie sie zum Beispiel die Dresdener Chiphersteller nutzen, weil es bei ihr keinerlei mechanische Teile und damit Abrieb gibt.