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Sure 2 Vers 168
Fleischkonsum endet nicht mit der Frage nach "halâl"

Muslime, die bei Fleisch auf religiöse Vorschriften achten, fragen danach, ob es "halâl" ist, also ob das ausgewählte Tier korrekt geschlachtet wurde. Einigen reicht das nicht angesichts von Massentierhaltung, Tiertransporten oder Gen-Food. Und bei genauerer Prüfung des Korans finden selbst Vegetarier oder Veganer Bestätigung für ihre Ansichten.

Von Asmaa El Maaroufi, Universität Münster |
    "Ihr Menschen! Esst von alle dem, was es auf der Erde gibt, soweit es erlaubt [halâl] und gut [tayyib] ist!"
    In Zeiten von zunehmender Massentierhaltung, Pestiziden und Diskussionen um Gen-Food stellt sich die Frage neu nach der Bedeutung von "Erlaubtem" - arabisch: "halâl" - und "Gutem" - arabisch: "tayyib", wie es in diesem Versauszug heißt. Was ist damit gemeint? Warum lässt Gott das Wort "halâl" nicht für sich stehen?
    Die Sendereihe "Koran erklärt" als Multimediapräsentation
    Insgesamt taucht dieses Wortpaar - "halâl" / "tayyib" - viermal im Koran auf. "Halâl" ist ein religionsrechtlicher Begriff. Er bezieht sich auf das juristisch Erlaubte. "Tayyib" hingegen meint das physisch und moralisch Reine. Im Kontext von Nahrung wird er fürgewöhnlich im Sinne von "gesund" und "sauber" übersetzt.
    Dieser Aspekt erscheint jedoch unzureichend, wäre doch der ebenfalls im Koran auftauchende Begriff "tâhir" dafür passender. Er wird viel eher im physischen Sinne von Sauberkeit verstanden. Die Bedeutung von "tayyib" muss also die physische Ebene übersteigen.
    El Maaroufi am Rednerpult mit Werbung für eine Konferenz zum Thema "Minding Animals" im Hintergrund.
    Asmaa El Maaroufi ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Islamische Theologie der Uni Münster. (priv. )
    Der Prophet Mohammed bezeichnete Gott zum Beispiel als "den Guten" - arabisch: al-tayyib - derjenige, der das Gute in allem wünscht; eben auch in der Nahrungsweise des Menschen. "Tayyib" ist folglich als moralischer Faktor zu verstehen, der den rechtlichen ergänzt.
    In der Auslegung des eingangs zitierten Verses durch den Gelehrten Sahl al-Tustarî aus dem 9. Jahrhundert etwa heißt es entsprechend, "halâl" bezeichne das rechtlich Erlaubte. Seine Akzentuierung bestehe in der Achtung Gottes. "Tayyib" hingegen meine etwas, bei dem der Mensch Gott nicht vergesse, etwas, bei dem er seiner gedenke. Somit bezeichnet der Begriff eine höhere Reinheitsstufe des Erlaubten.
    Diese Stufe wirft insofern einen weiteren, einen holistischen Blick auf Nahrung. Gläubige "vergessen" Gott nicht, wenn sie das Gute und Reine in ihre Entscheidungen einbeziehen. Und indem Gott ihnen stets gegenwärtig ist, reflektieren sie alles, was sie tun - mithin auch, was sie essen. Gläubige unterscheiden damit zwischen Gutem und Bösem. Sie handeln ethisch.
    Hier macht sich die genuine Bestimmung des Muslims erkennbar, der nach dem Koran handelt. Der Koran ist nämlich: "al-furqân" - zu deutsch: "der Unterscheidende" zwischen Gut und Böse.
    Wenn wir von "halâl" und "tayyib" im Kontext von Nahrung sprechen, sollen wir also gemäß Koranvers diese beiden Komponenten berücksichtigen. Eben dies wird häufig vernachlässigt. Ein Beispiel ist die Fleischproduktion. Religionsrechtliche Aspekte werden nahezu bis ins kleinste Detail diskutiert: Wer darf schächten? Wie muss geschächtet werden? Wie das Messer beschaffen sein?
    Die Frage nach dem physisch und moralisch Guten wird indes vernachlässigt: Welche Behandlung hat das Tier während der Aufzucht erfahren? Mit was wurde es gefüttert? Wie medikamentös behandelt? Wie transportiert?
    Das Thema islamische Ernährung auf "einen" Aspekt wie "halâl" zu beschränken, wird dem Anspruch des Korans mitsamt seiner Ethik nicht gerecht. Es würde bedeuten, dass man die Folgen für nächste Generationen inklusive aller Mitgeschöpfe außer Acht lasse.
    Heutzutage erkennen manche Muslime darin eine Bestätigung ihrer vegetarischen oder veganen Lebensweise. Der Koran erlaubt zwar den Konsum von Fleisch: "Esst von alle dem, was es auf der Erde gibt", heißt es. Aber erstens ist eine Erlaubnis noch keine Verpflichtung. Und zweitens erfolgt die Einschränkung: "Soweit es gut ist".
    Das wird dann dahingehend interpretiert, dass weder die heutige Massentierhaltung im Speziellen, noch die Tötung von Mitgeschöpfen im Allgemeinen den moralischen und ethischen Forderungen des Korans entsprechen.