"Gott ließ die von den Buchbesitzern, die jenen geholfen hatten, von ihren Festungsbauten herunterkommen und warf in ihre Herzen Furcht und Schrecken, so dass ihr einen Teil von ihnen getötet, den anderen jedoch gefangengenommen habt. Er gab euch ihr Land zum Erbe, ihre Häuser und ihr Gut […] Gott ist aller Dinge mächtig."
Im Jahr 627 bildeten die arabischen Stämme, die sich gegen den Propheten Mohammed gestellt hatten, ein Bündnis und belagerten die Stadt Medina, um Mohammed und seiner prophetischen Mission ein Ende zu setzen. Zu den Verbündeten gehörten die Quraisch, Mohammeds eigener Stamm, und die Al-Ahzâb. Während sie sich in Stellung brachten, schloss der jüdische Stamm der Banû Quraiza zunächst einen Vertrag mit Mohammed. Dann brachen sie ihn und schlossen sich dem gegnerischen Bündnis an.
Mohammed blieb am Ende siegreich. Bald nach dem Erfolg wandte er sich den Banû Quraiza zu, um sie für ihren Verrat zu bestrafen. Er belagerte sie 25 Tage, bevor die Verhandlungen mit der Kapitulation des jüdischen Stammes endeten.
Einer der Genossen des Propheten bestimmte, dass die Männer hingerichtet werden sollten. Die männlichen Jugendlichen, die das Erwachsenenalter noch nicht erreicht hatten, sollten derweil verschont und zusammen mit den Frauen und Mädchen in die Sklaverei verkauft werden. Mohammed segnete die Entscheidung ab. Darauf hin wurden, wie es heißt, zwischen 600 und 900 Männer getötet.
Das islamische Recht nutzt den Fall der Banû Quraiza als Beispiel für Vertragsabschlüsse zwischen Muslimen und anderen Parteien. Werden die Bedingungen eines Pakts respektiert und eingehalten, darf seitens der Muslime weder vom Besitz der Vertragspartei etwas weggenommen noch irgendjemandem, der zu ihnen gehört, Schaden zugefügt werden. Sollte aber auf Seiten der Vertragspartner jemand die Übereinkunft brechen, sind die Muslime zum Überfall berechtigt. Der Fall der Banû Quraiza diente als Mahnung an alle Gruppen, die Verträge mit den Muslimen zu respektieren.
Die Geschichte dieses jüdischen Stammes war und ist zugleich Gegenstand hitziger Diskussionen - vor allem im Westen, wo einige Mohammed für die Grausamkeit seiner Entscheidung kritisieren.
Muslimische Gelehrte und Historiker bestreiten den Vorfall nicht. Seit kurzem bemühen sie sich jedoch darum, die Härte der Geschehnisse abzuschwächen. Sie argumentieren, nur die Stammesführer seien hingerichtet worden und die Zahlen der getöteten Männer, die die islamischen Quellen nennen, könnten nicht als historisch korrekte Angaben bewertet werden.
Manche moderne Akademiker wie zum Beispiel Meir Kister beschreiben die Geschehnisse indes als Massaker oder Genozid, den Mohammed und die ersten Muslime an den Juden verübt hätten. Darüber hinaus ziehen manche Leute den Vorfall heran, um bereits im frühen Islam einen Antisemitismus zu verankern.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass der Fall der Banû Quraiza nicht gegen Juden als eine ethnisch-religiöse Gruppe gerichtet war. Mohammed rief schließlich nicht zur Tötung der anderen jüdischen Stämme auf, obwohl diese seine neue religiöse Ordnung permanent herausgefordert hatten.
Die Banû Quraiza waren allerdings der mächtigste jüdische Stamm in Medina neben den Banû Qanuqâ und den Banû al-Nadîr. Ihre Streitkraft und ihre Ressourcen zu verringern, war somit auch ein strategischer Zug des Propheten, um die Koalition gegen die Muslime im Allgemeinen und den Widerstand der Juden im Speziellen zu schwächen.
Die beiden hier erläuterten Koranverse wurden schließlich offenbart, um Mohammeds Entscheidung zu rechtfertigen, die Banû Quraiza hinrichten zu lassen und Anspruch auf deren Eigentum und Besitz zu erheben.
Bei der Audioversion handelt es sich um eine aus Gründen der Sendezeit leicht gekürzte Fassung dieses Textes.