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Surfer unter dem Mikroskop

Das quält die Suchmaschinen- und Portalbetreiber am ärgsten: über die Surfer wissen sie eigentlich nur wenig. Und Ihre Kunden aus der Werbewirtschaft können sie nur mit Klick-Zahlen ködern, kaum aber mit wirklich gezielten Angeboten. Die deutsche Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung stellte jetzt aber eine Methode vor, die qualitative Aussagen über die Surfer ermöglicht.

Von Silke Thole |
    Aus der Sicht von Werbetreibenden und Portalanbietern hat das Internet einen entscheidenden Nachteil: Die Nutzer bleiben anonym. Selbst wenn die Spur eines Rechners über verschiedene Websites verfolgt werden kann, sagen die daraus gewonnenen Informationen nichts über den Nutzer aus. Denn es kann ja sein, dass der Rechner von mehreren Personen genutzt wird. Eine Aussage darüber, wo eine Anzeige tatsächlich die gewünschte Zielgruppe erreicht, ist also schwierig - aber nicht unmöglich. Die Arbeitsgemeinschaft Online Forschung, in der über 300 Portale wie AOL oder Web.de organisiert sind, hat jetzt ein Verfahren vorgestellt, mit dem qualitative Aussagen über die Nutzer eines Portals gemacht werden können. Grundlage dieses Verfahrens sind umfangreiche Nutzerbefragungen, erläutert Peter Gentsch von der Business Intelligence Group, einem Spezialisten für Datenanalyse.

    Hier werden klassische Marktforschungsverfahren genutzt – das sind Online-Befragungen, das sind Telefonbefragungen – und jeder, der an dieser Befragung teilgenommen hat, hat sein Einverständnis gegeben, dass er auch beobachtet wird über einen gewissen Zeitraum – das waren zwei Monate. Das heißt, er wird getrackt über einen so genannten persistenten Cookie. Man ist jetzt in der idealen Situation, die Befragungsdaten, also die soziodemografischen Fragen, die Fragen zu der Person, zu dem Internet-Nutzungsverhalten, zu kombinieren mit den Usage-Daten, den Verhaltensdaten im Internet.

    Durch die intelligente Verknüpfung dieser Daten wurden Muster gebildet. Gentsch:

    Das Zauberwort heißt hier Datamining. Das steht für Mustererkennung. Im Gegensatz zur klassischen Statistik hat man hier eben noch keine vordefinierten Modelle, das heißt, man wusste eben noch nicht: welche Nutzungstypen gibt es denn, sondern man hat sehr stark datengetrieben eine Typologie aufgebaut. Da kommen eben dann Verfahren zum Zuge wie Segmentierung, Clusteranalysen, wie Klassifikationsverfahren, Assoziationsverfahren.

    Das Ergebnis dieser Analysen ist, dass nun vom Klickstream – also der Folge besuchter Webseiten – mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf die Person hinter dem Rechner geschlossen werden kann. Das heißt, die Portale können von Nutzungs- auf Nutzerdaten schließen – und das, ohne ihre Kunden permanent befragen zu müssen. Ein bis zwei Befragungen im Jahr zur Aktualisierung der Datenbasis reichen aus. Das ermöglicht personalisierte Angebote. Die Portale sind in der Lage, ihr Informationsangebot besser auf ihre Nutzer zuzuschneiden. Und sie können Werbetreibenden genau sagen, welche Kundengruppen sie auf ihrer Seite erreichen. Wer also demnächst ein Portal besucht, wird aufgrund seines Surfverhaltens direkt in eine bestimmte Kundentypologie eingestuft, beispielsweise als Angehöriger einer jungen Familie oder sportaffiner Mensch identifiziert. Diese Vorstellung wird sicher nicht jedem Internet-Nutzer gefallen. Gentsch hält entsprechenden Bedenken entgegen, dass...

    ..man eben genau diesen Personalisierungsgrad, der jede Intimität sprengen würde, eben nicht erreicht. Wir gehen eben nicht auf die Person. Letztendlich ist dieses neue Verfahren Cookie-basiert. Dazu muss ich erst mal den Cookie akzeptieren. Jeder Anwender hat die Chance, in seinem Browser die Cookie-Funktion zu deaktivieren und damit ist er schon außen vor.

    Gentsch geht jedoch davon aus, dass die Masse der Internet-Nutzer von dem neuen Verfahren profitieren wird. Entscheidend dafür sind die personalisierten Mehrwerte.

    Ich kann die Leute ein Stück besser abholen und sie auch ein Stück nicht belästigen mit Informationen, die sie gar nicht interessieren.