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Suuns und ihr neues Album "Hold/Still"
Futuristische Sirenen

Hypnotisch-groovig, sphärisch, psychedelisch: Mit ihrem neuen Album "Hold/Still" wollten die Suuns vor allem musikalische Grenzen überschreiten. Für die Aufnahme zog es die Band von Montreal nach Texas. Im Studio des Produzenten John Congleton entstand ein einzigartiges Werk zwischen Rock’n’Roll und Elektronik.

Von Marlene Küster | 16.04.2016
    "Alle Aufnahmen sind live ohne Overdubs eingespielt. Der Klang ist roh und unbearbeitet – ganz neu für uns. Bisher haben wir immer am Sound gefeilt und ihn perfektioniert. Dieses Mal aber haben wir die Dinge einfach laufen lassen."
    Gitarrist und Sänger Ben Shemie, dunkles, gewelltes Haar, aufmerksamer Blick, spricht über die neue Veröffentlichung "Hold/Still" der Band Suuns. Auch wenn die Musikszene in ihrer Heimatstadt Montreal sehr dynamisch ist, hat der vierköpfigen Band der Ortswechsel gut getan.
    Die kanadischen Musiker suchten neue Inspirationen und Impulse, die sie im Studio des Produzenten John Congleton in Texas fanden. Dieser förderte dort ihre Live-Qualitäten, wie es Schlagzeuger Liam O’Neill auf den Punkt bringt.
    "Diese Veröffentlichung ist sehr minimalistisch, wir haben das Instrumentarium aufs Nötigste beschränkt. Das Ergebnis ist sehr frei und spontan."
    Keine traditionelle Rockband
    Andauernd beschäftigen sich die vier Kanadier mit ihrem Klangkosmos. Und "Hold/Still", der Albumtitel, ist in diesem Zusammenhang als kurzes Verweilen und Nachdenken über die einzelnen musikalischen Zutaten zu verstehen, erklärt Ben Shemie:
    "Bei uns konkurrieren permanent zwei unterschiedliche musikalischen Welten: der traditionelle Rock’n’Roll - und die Elektronik. Und genau diese beiden Universen wollen wir musikalisch miteinander verbinden - eine permanente Gratwanderung zwischen den Genres. Kleinste Änderungen an Beat oder Keyboard ergeben gleich einen neuen Sound."
    "Wir wollen auf keinen Fall wie eine traditionelle Rockband klingen", fügt Liam hinzu und konkretisiert:
    Deshalb ist das elektronische Element bei uns enorm wichtig, es bringt eine spezielle Klangfarbe ein und macht uns einzigartig.
    Kontrastreicher Sound
    Musikalische Grenzen überschreiten - das Anliegen von Suuns. Die vier studierten Jazz-Musiker kreieren mit Gitarren, Schlagzeug, Synthesizern und Chorgesang einen kontrastreichen Sound. Sie wagen Experimente und wollen musikalisches Neuland erobern. Oft überraschen, irritieren, ja verstören die Soundtüftler den Zuhörer, wenn beispielsweise auf einmal Sirenen aufheulen - wie im Song UN-NO.
    Ben Shemie, der singende Frontmann von Suuns, schreibt die Texte. Im Song "Brainwash" etwa geht es darum, wie leicht manipulierbar wir Menschen sind, welche Macht die Medien auf uns haben und wie sie unser Weltbild bestimmen.
    "Immer mehr sind wir heute mit Extremismus und radikalen politischen Strömungen konfrontiert. Und immer wieder tut sich die Frage auf: Wie und warum ist so etwas überhaupt möglich?"
    Überall hält Ben Shemie nach Themen und Ideen für die Songs Ausschau. Für "Nobody Can Save Me Now" findet er während einer Tour in Großbritannien Inspirationen.
    "Im Song ist eine Person, die vollkommen verloren ist, auf der Suche nach Hilfe. Inspiriert haben mich die Worte der britischen Künstlerin Tracey Emin auf der Mauer der Liverpool-Kathedrale: 'Ich habe dich gefühlt und ich weiß, dass du mich liebst ...' Ich war tief davon beeindruckt, irgendwie brauchen wir doch alle etwas, das uns Halt im Leben gibt – sei es Gott oder Allah, was oder wer auch immer. Damit meine ich nicht unbedingt etwas Religiöses, sondern etwas Universelles, Spirituelles."
    Das Album "Hold/Still" von Suuns - hypnotisch-groovig, sphärisch, psychedelisch. Mal spannungsgeladen, mal zurückhaltend, mal karg, mal opulent: Kontraste vereinen sich zu einer wohl dosierten Variante des futuristischen Rock.