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Swing, Bebop, Funk etc.

Wer heute Musik studieren will, hat inzwischen eine große Auswahl an verschiedenen Musikstilen. Es ist längst nicht mehr die reine Klassik, die als Studienfach auf dem Programm steht: So gibt es Popmusik oder auch Jazz als eigene Disziplin. An der Folkwang Hochschule in Essen ist Jazz kein neues Studienfach mehr, seit 20 Jahren wird dort in diesem Genre unterrichtet. Die Hochschule feiert ab heute Jubiläum.

Von Hilde Braun | 09.12.2008
    Startschuss für das Jazzstudium an der Essener Folkwang Hochschule war der 8. November 1988. Damals war es nur ein kleines Grüppchen von 15 Studierenden, die Jazz als Fachrichtung gewählt haben. Jetzt sind etwa 60 Studierende eingeschrieben. Peter Herborn ist einer der hauptverantwortlichen Professoren und Mitgründer des Studienganges:

    " Wir waren damals, 1988, als wir diesen Studiengang Jazz eröffnet haben, waren wir noch in einer relativ geringen Zahl an Ausbildungsstätten, was sich natürlich seit der Wende durch alleine vier hinzukommende Orte in den neuen Bundesländern drastisch geändert hat, so dass wir heute um die 15 Ausbildungsorte in Deutschland haben, die sich damit befassen. "

    Die Konkurrenz ist größer geworden. Die Folkwang Hochschule will vor allem mit einem großem Spektrum bei der Ausbildung dagegen punkten. So bietet das Studium nicht nur klassischen Jazz, sondern freien Jazz, Elemente aus der Rockmusik oder sogar brasilianische Einflüsse. Außerdem werden die Studierenden in den verschiedensten Medien ausgebildet. Sie schneiden Musikvideos, machen Computeranimationen, Werbe- oder Filmmusik.

    " Einer unserer früheren Studierenden ist Kareem Elias, der hier bei uns Abschluss gemacht hat und der jetzt gerade den Echo bekommen hat für die beste Filmmusik, der also durch diese Ausbildungsmöglichkeiten hier, in diesem medialen Bereich sein Feld gefunden hat."

    Die Studierenden schätzen in Essen vor allem die familiäre Atmosphäre. Dominik Bosovsky ist 25 Jahre alt, er spielt Schlagzeug seit er fünf Jahre alt ist und studiert jetzt im 7. Semester an der Folkwang-Hochschule Jazz. Er ist ganz bewusst nach Essen gegangen. Zuerst hatte er einen Studienplatz in den Niederlanden, - in Arnheim - und fand das Studium dort zu anonym, dort gab es über hundert Studierende, anders als in Essen:

    "Der Unterricht findet halt immer im sehr kleinen Kreis statt, also im meinem Semester sind wir vielleicht so zehn Mann. Das finde ich gerade schön, weil ich glaube man lernt auch viel mehr und kann viel mehr auf die einzelnen Leute eingehen, als wenn man jetzt so einen riesigen Studiengang hätte."

    Schon jetzt spielt er in mehreren Combos, tritt auf und verdient damit auch Geld. Mit einem Ensemble hat er sogar einen Nachwuchspreis gewonnen. Er blickt optimistisch in die Zukunft:

    " Mein Traum ist es halt viel zu spielen und viel rumzukommen halt. Also klar man kann auch unterrichten. Ich studiere halt nicht um später vier mal die Woche zu unterrichten. Also ich will halt schon viel spielen und viel sehen von der Welt und halt Leute kennen lernen. "

    Kaja Olgun spielt bei der hochschuleigenen Bigband als Trompeterin. Damit wird sie auch bei der Jubiläumsfeier der Folkwang Hochschule auftreten. Sie ist im 3. Semester, ist 20 Jahre alt. Ihr tägliches Übungspensum ist vier Stunden. Sie kommt aus Berlin und hätte gerne dort studiert, ist inzwischen aber froh in Essen zu sein, vor allem weil sie hier Kontakt zu allen anderen Fachbereichen bekommt:

    " Hier sind ja nicht nur die Musiker, sondern Tänzer, Schauspiel, Mimik, Klassik, Jazz, Musical haben wir ja auch eine große Abteilung und das das vermischt wird, so dass man die anderen einfach kennen lernt. Das ist ganz cool hier, dass das versucht wird, das könnte glaube ich noch mehr sein, aber es ist schon besser als bei anderen Unis, dass die Studiengänge miteinander zu tun haben."

    Seit Gründung des Studienganges hat sich viel verändert. Die Hochschule kann sich aufgrund der Konkurrenz nicht mehr die allerbesten Studierenden herauspicken, das Studium an sich wurde auch im Laufe der Jahre anders organisiert, weiß Peter Herborn.

    "Was sich gewandelt hat, ist, dass wir insgesamt strenger geworden sind. Strenger im Sinne von genauerer Einhaltung der Studienverlaufspläne. Man merkt doch im Laufe der Zeit, dass eine andere Generation herangewachsen ist, die ganz gerne weiß, was sie zu tun hat, weil wir gesehen haben, wenn man zuviel Studienfreiräume lässt, dass man dann die Studierenden teilweise überfordert. "

    Professor Herborn glaubt übrigens nicht, dass Jazz eine brotlose Kunst ist. Die Studierenden müssen zwar flexibel sein, haben aber Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Als Gründungsmitglied des Jazzstudienganges hat er noch Kontakt zu ehemaligen Studierenden und bekommt fast nur positive Rückmeldungen.

    "Das heißt also die unterrichten, die spielen Gigs mit ihren Bands, die sind vielleicht hier im Studio, sie machen vielleicht eine Werbemusik und durch dieses sehr gemischte Aufgabenfeld passiert eigentlich doch relativ viel gutes bei denen."