"November” ist eine aberwitzige Farce über den fiktiven Präsidenten Charles Smith, der am Vorabend der Präsidentschaftswahlen vor einem politischen Desaster steht. Sein Anwalt Archer Brown fasst die Situation folgendermaßen zusammen: "Sie haben es versaut, sie haben alles versaut, haben kein Geld mehr, alle hassen sie und sie sollten schnellstens verschwinden." Nach diesem Anfang, der brüllendes Gelächter im Publikums provoziert, kann man sich beruhigt zurücklehnen und einen höchst vergnüglichen Abend voll beißendem Spott und wahnwitzigem Spieltempo genießen.
In einer Miniaturausgabe des Oval Office als Bühne erleben wir den ununterbrochenen Redefluss eines Präsidenten, der politisch am Ende ist: "Ich bin kein Schwarzer, keine Frau, kein Palästinenser – ich bin nur ein ganz einfacher Mann ohne irgendeinen Vorteil". Erst als Bernstein, seine lesbische Sekretärin und Redeschreiberin ihn daran erinnert, dass er wie jeder Amerikaner ein einfacher, ehrlicher Mann sei, der gerade durch seine Fehler seine tiefe Menschlichkeit bewiesen habe, kommt dieser Fluss für wenige Sekunden zum Stillstand. In Clarice Bernstein atmet die amerikanische Seele. An dieser Stelle meint man, den Autor sprechen zu hören.
Es ist ein großes Vergnügen Nathan Lane in dieser Paraderolle eines selbstverliebten und ausgebufften Stehaufmännchens zu sehen, für den letztendlich alles nur eine Frage des richtigen Formulierens ist. Obwohl man den Eindruck hat, dass es sich bei "November” um eine einfache, mit heißer Nadel gestrickte Komödie handelt, kann man einiges über die amerikanische Politmentalität lernen. Zum Beispiel, dass alles von den richtigen Reden am richtigen Zeitpunkt abhängt und alles so schnell gehen muss, dass der normale Wähler keine Zeit hat, über irgendwelche Inhalte nachzudenken. Solange ein Präsident den süßlichpatriotischen Ton der amerikanischen Selbststilisierung als Volk aus einfachen und ehrlichen Menschen trifft, bleibt er wählbar, egal welchen Krieg er geführt hat.
Eine andere Lehre über Amerika zieht man aus dem Stück "Sand” von Trista Baldwin. Es handelt von drei US-Soldaten, die in der irakischen Wüste eine Tankstelle bewachen müssen.
Justin, der nach seinem Collegeabschluss nicht so richtig wusste, was er tun sollte und erstmal zum Militär gegangen ist, hat nichts Böses im Sinn und will eigentlich nur ein Abenteuer erleben. Sein Kamerad Armando ist länger dabei und hat eine kleine Familie zu Hause – er verachtet Justin wegen dessen Standpunktlosigkeit. Er glaubt an Disziplin, sein Land und an Gott und das gibt ihm die Kraft, seine Waffe zu benutzen. Die hübsche schwarze Keisha weiß eigentlich gar nicht, was sie in diesem Krieg zu suchen hat und da ist Ahmed, der Iraker, der amerikanische Musik liebt und sich mit Justin anfreundet. In dieser Einöde ist Justin hin- und hergerissen zwischen dem fremden Zauber Ahmeds, der ihm sogar das Tanzen beibringt, und der Schönheit Keishas, die unter dunklen Vorahnungen leidet. Als sie bei einem Anschlag auf ihren Konvoi stirbt und Ahmed einen Kanister Benzin aus seiner vormals eigenen Tankstelle stiehlt, erschießt Justin den völlig wehrlosen Mann aus Verwirrung, hilfloser Wut und Schmerz.
"Sand” ist kein Stück, dass eine kohärente Geschichte erzählt. Eher versucht es den Zustand zu beschreiben, der ebenfalls in dem Bild des erschöpften US-Soldaten von Tim Hetherington, das den World Press Award 2008 gewonnen hat, zu sehen war – als Metapher für eine erschöpfte Nation. Aber noch etwas anderes wird in "Sand” beschrieben. Die Psychologie einer Nation, die aus einer Mischung aus naiver Abenteuerlust à la Wild West und einer gehörigen Portion religiöser Selbstgerechtigkeit in eine Situation der Schuld und der Zerstörung hineingeraten ist, ohne ihre eigene Manipulierbarkeit zu hinterfragen. In diesen Tagen, wo vor lauter Veränderungseuphorie und "yes-we-can" Geschrei kaum ein nachdenklicher Ton zu hören ist, sind sowohl "Sand” als auch "November” ein interessanter Versuch, politisches Handeln und politische Programmatik zu hinterfragen.
Allerdings, wie die New York Times zu Recht schreibt, vier Jahre zu spät.
In einer Miniaturausgabe des Oval Office als Bühne erleben wir den ununterbrochenen Redefluss eines Präsidenten, der politisch am Ende ist: "Ich bin kein Schwarzer, keine Frau, kein Palästinenser – ich bin nur ein ganz einfacher Mann ohne irgendeinen Vorteil". Erst als Bernstein, seine lesbische Sekretärin und Redeschreiberin ihn daran erinnert, dass er wie jeder Amerikaner ein einfacher, ehrlicher Mann sei, der gerade durch seine Fehler seine tiefe Menschlichkeit bewiesen habe, kommt dieser Fluss für wenige Sekunden zum Stillstand. In Clarice Bernstein atmet die amerikanische Seele. An dieser Stelle meint man, den Autor sprechen zu hören.
Es ist ein großes Vergnügen Nathan Lane in dieser Paraderolle eines selbstverliebten und ausgebufften Stehaufmännchens zu sehen, für den letztendlich alles nur eine Frage des richtigen Formulierens ist. Obwohl man den Eindruck hat, dass es sich bei "November” um eine einfache, mit heißer Nadel gestrickte Komödie handelt, kann man einiges über die amerikanische Politmentalität lernen. Zum Beispiel, dass alles von den richtigen Reden am richtigen Zeitpunkt abhängt und alles so schnell gehen muss, dass der normale Wähler keine Zeit hat, über irgendwelche Inhalte nachzudenken. Solange ein Präsident den süßlichpatriotischen Ton der amerikanischen Selbststilisierung als Volk aus einfachen und ehrlichen Menschen trifft, bleibt er wählbar, egal welchen Krieg er geführt hat.
Eine andere Lehre über Amerika zieht man aus dem Stück "Sand” von Trista Baldwin. Es handelt von drei US-Soldaten, die in der irakischen Wüste eine Tankstelle bewachen müssen.
Justin, der nach seinem Collegeabschluss nicht so richtig wusste, was er tun sollte und erstmal zum Militär gegangen ist, hat nichts Böses im Sinn und will eigentlich nur ein Abenteuer erleben. Sein Kamerad Armando ist länger dabei und hat eine kleine Familie zu Hause – er verachtet Justin wegen dessen Standpunktlosigkeit. Er glaubt an Disziplin, sein Land und an Gott und das gibt ihm die Kraft, seine Waffe zu benutzen. Die hübsche schwarze Keisha weiß eigentlich gar nicht, was sie in diesem Krieg zu suchen hat und da ist Ahmed, der Iraker, der amerikanische Musik liebt und sich mit Justin anfreundet. In dieser Einöde ist Justin hin- und hergerissen zwischen dem fremden Zauber Ahmeds, der ihm sogar das Tanzen beibringt, und der Schönheit Keishas, die unter dunklen Vorahnungen leidet. Als sie bei einem Anschlag auf ihren Konvoi stirbt und Ahmed einen Kanister Benzin aus seiner vormals eigenen Tankstelle stiehlt, erschießt Justin den völlig wehrlosen Mann aus Verwirrung, hilfloser Wut und Schmerz.
"Sand” ist kein Stück, dass eine kohärente Geschichte erzählt. Eher versucht es den Zustand zu beschreiben, der ebenfalls in dem Bild des erschöpften US-Soldaten von Tim Hetherington, das den World Press Award 2008 gewonnen hat, zu sehen war – als Metapher für eine erschöpfte Nation. Aber noch etwas anderes wird in "Sand” beschrieben. Die Psychologie einer Nation, die aus einer Mischung aus naiver Abenteuerlust à la Wild West und einer gehörigen Portion religiöser Selbstgerechtigkeit in eine Situation der Schuld und der Zerstörung hineingeraten ist, ohne ihre eigene Manipulierbarkeit zu hinterfragen. In diesen Tagen, wo vor lauter Veränderungseuphorie und "yes-we-can" Geschrei kaum ein nachdenklicher Ton zu hören ist, sind sowohl "Sand” als auch "November” ein interessanter Versuch, politisches Handeln und politische Programmatik zu hinterfragen.
Allerdings, wie die New York Times zu Recht schreibt, vier Jahre zu spät.