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Symposium
Verockerung der Spree stoppen

Das Wasser der Spree ist eine ockerfarbene Brühe, Pflanzen ersticken und Fische finden keine Nahrung mehr. Das Phänomen nennt sich Verockerung. Verantwortliche und Wissenschaftler der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus haben Bilanz zu den vor einem Jahr begonnen Gegenmaßnahmen gezogen.

Von Axel Flemming | 25.02.2014
    Verunreinigtes Wasser aus der Spree.
    Die Spree und ihre südlichen Zuflüsse werden durch Eisenoxidverbindungen und Sulfate belastet. (picture alliance / dpa)
    Der kleine Ort Raddusch liegt bei Lübben, hier war die Verfärbung im letzten Jahr besonders deutlich sichtbar. Leider ist das Wasser im Kahnfährhafen auch jetzt nicht nur eiskalt, sondern bräunlich. Hier hat sich noch nichts getan. Etwas über 20 Kilometer weiter östlich von Raddusch liegt das Audimax der BTU Cottbus-Senftenberg. Das Symposium "Spreeverockerung" richtet den Blick auf das Phänomen, diskutiert über Ursachen und Wirkungen sowie erste Auswirkungen der Gegenmaßnahmen. Werner Gerwin, einer der Organisatoren:
    "Wir möchten gerne den aktuellen Wissensstand/Diskussionsstand nochmals zusammenfassen. Und vor allen Dingen ist unser Ziel, Forschungsbedarf nochmal zu definieren, also die Fragen, die offen sind, die dringend zu klären sind, um dieses Problem in den Griff zu bekommen."
    Verunreinigung durch früheren Bergbau
    Die Spree und ihre südlichen Zuflüsse werden durch Eisenoxidverbindungen und Sulfate belastet. Die stammen aus früheren Bergbaugebieten der Lausitz. Im Tagebau wird Pyrit frei, das nur so lange wasserunlöslich ist, bis es mit Luft in Verbindung kommt. Durch Oxidation bildet sich Schwefelsäure und Eisenoxide. Wird der Tagebau beendet, steigt das Grundwasser wieder an, es gelangen die löslichen Verwitterungsprodukte erst in die Oberflächengewässer und letztlich in die Spree.
    "Also, zu dem Prozess gibt es sicherlich keine neuen Erkenntnisse, der ist sehr gut erforscht, ist weltweit bekannt. Da gibt’s den Begriff Acid mine drainage, das ist bekannt aus allen Bergbaugebieten weltweit. Es gibt aber viele Fragen, was den Transport dieser Verwitterungsprodukte angeht, mit dem Grundwasser im Boden, dabei laufen auch diverse Reaktionen ab, bei denen sich das verändert, verwandelt und dann vielleicht nicht komplett ankommt in der Spree zum Beispiel. Und natürlich: Viel Forschungsbedarf besteht an der Frage, wie bekommen wir die Verwitterungsprodukte dann wieder aus dem Wasser raus?"
    Langer Atem erforderlich
    Um eine Gefährdung des UNESCO Biosphärenreservats Spreewald zu vermeiden, hat die Brandenburger Regierung zusammen mit der bundesstaatlichen LMBV, die für Bergbaufolgeschäden zuständig ist, im letzten Jahr Sofortmaßnahmen beschlossen. Dazu gehört die Wiederinbetriebnahme von Grubenwasserreinigungsanlagen. Klaus Freytag, Leiter des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg und Koordinator der Maßnahmen:
    "Also für die Sanierung, für 'Klare Spree' und für die Beseitigung der 150 Jahre andauernden Bergbaufolgen braucht man auch heute noch Zeit. Das heißt, wir reden hier über mehrere Jahrzehnte von Unterstützungsmaßnahmen, von Sanierungsmaßnahmen. Und die Erfolge: Einige stellen sich rasch ein, aber ansonsten ist langer Atem gefordert."
    Wissenschaftler diskutieren mittlerweile Möglichkeiten, die Pyritverwitterung schon zu reduzieren, während der Bergbau betrieben wird. Vorreiter ist da Nordrhein-Westfalen. Nils Cremer, im Erftverband zuständig für den Bereich Gewässer und Grundwasser:
    "Wir haben natürlich das gleiche Phänomen innerhalb der Abraumkippen und wir haben den großen Vorteil, dass es bei uns im Moment drei große aktive Tagebaue gibt, und eben nicht diese vielen kleinen, die dann nach der Wende relativ schlagartig aufgegeben werden mussten. Das heißt, wir haben überall noch aktive Betriebsfläche, wo man noch Eingriffsmöglichkeiten hat. Und in dem Sinne hat man auch die Möglichkeiten, noch während des aktiven Betriebs Maßnahmen zu ergreifen. Und ist nicht so oft in der Nachsorgephase, wie das hier im Mitteldeutschen und Lausitzer Revier der Fall ist. Sind also ganz einfach andere Voraussetzungen."
    Das Phänomen der Verockerung tritt weltweit auf, deshalb sind nicht nur Wissenschaftler des Instituts für Wasser und Boden in Dresden, des Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin sowie des Forschungsinstituts für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde nach Cottbus gekommen, sondern auch von der University of British Columbia in Vancouver (Kanada).