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Symposium zum NS-Dokumentationszentrum für München

Ginge es nach Winfried Nerdinger, Anne Hertkorn oder Ernst Grube, dann müsste München vor Scham blutrot werden, wäre es nicht schon schwarz. Ausgerechnet in der "Hauptstadt der Bewegung”, wo Hitler im September 1919 der Deutschen Arbeiterpartei beitrat, die bereits ein Jahr später in NSDAP umbenannt wurde, hat es fast 60 Jahre gedauert, ehe sich die Stadt durchringen konnte, ein politisches Zeichen zu setzen, einen Willen zu bekunden, diese schwarze Zeit in der Stadtgeschichte aufzuarbeiten.

Susanne Lettenbauer mit Einzelheiten. | 17.01.2003
    Wer weiss denn so genau, wann München in Hauptstadt der Bewegung umbenannt wurde? 1935. Und wer weiss schon von den jungen Münchnern, welches Gebäude zwischen Haus der Kunst und Königsplatz erst in den 30er Jahren erbaut wurde?

    Die Stadt München und mit ihr unzählige Bürgerinitiativen, wie die Regionalgruppe des Vereins Gegen Vergessen - Für Demokratie oder der Bund der Antifaschistinnen, die Lagergemeinschaft Dachau und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, wollen diese Bildungslücken nun schließen mit Hilfe eines NS-Dokumentationszentrums - im weitesten Sinne. Denn München ist kein Täterort wie das nahe KZ Dachau oder die Berliner Wilhelmstrasse, die im Ausstellungs- und Dokumentationszentrum Topographie des Terrors veranschaulich wird. München gleicht eher dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg in seiner demonstrativen, symbolischen Architektur, so Volker Dahm, fachlicher Leiter der Dokumentation Obersalzberg:

    Darüber hinaus hat München dann noch eine neue Funktion im Rahmen des nationalsozialistischen Handlungsspektrums bekommen, nämlich es ist ein Ort, an dem man versucht hat einen Gründungsmythos der Partei herzustellen. Das bezieht sich einmal auf den Märtyrerkult, also die Feier zum 9. November und zum Zweiten auf die Erhebung der Stadt zur Hauptstadt der deutschen Kunst.

    Aus der Feder Volker Dahms stammt auch das Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, das sich dem Projekt NS-Dokumentationszentrum auf zweierlei Weise nähert: Auf der einen Seite könnte die Einrichtung als so genannte große Lösung die Geschichte des Nationalsozialismus, dessen Wiege in München stand, dokumentieren, andererseits könnte man aber auch mit einer lokal begrenzten Dokumentation über den Nationalsozialismus in München die ehemals mit NSDAP- oder Reichsinstitutionen belegten Gebäude im Rahmen eines Rundganges sich erlaufen, wobei drei räumlich voneinander getrennte Ausstellungen das nötige Hintergrundwissen für diesen Gang durch das nationalsozialistische München liefern sollen. Die Stadt liebäugelt mit der 2. Variante, da sie kostensparender und anschaulicher wirke.

    Der Gang durchs Nazi-München würde auch die langjährigen Querelen mit dem Freistaat Bayern überflüssig machen. Waren etliche der für ein stationäres Dokumentationszentrum in Frage kommenden Gebäude in staatlichen Händen, müssten so nur die Räumlichkeiten der drei weniger umfangreichen Ausstellungen gesichert werden und der in der Diskussion aufgekommene kostenintensive Neubau würde ganz wegfallen.

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