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Syrien
Rebellen erobern IS-Hochburg Dabik

Für den "IS" ist der Verlust der nordsyrischen Stadt Dabik ein herber Rückschlag. Die Terrormiliz hatte einst erklärt, die Stadt werde Schauplatz einer entscheidenden apokalyptischen Schlacht - zwischen dem Christentum und dem Islam. Umso größer ist der Triumph der syrischen Aufständischen. Die nehmen schon die nächsten Stellungen des IS ins Visier.

Von Anna Osius, ARD-Studio Kairo | 16.10.2016
    Kämpfer der Freien Syrischen Armee an der Grenze zu Dabiq, einem wichtigen Rückzugspunkt für die Terrormiliz IS.
    Kämpfer der Freien Syrischen Armee an der Grenze zu Dabik, einem wichtigen Rückzugspunkt für die Terrormiliz IS. (imago / Zuma Press)
    Die syrischen Regierungsgegner feiern. Triumphierend haben sie sich auf einem Hügel nahe der nordsyrischen Stadt Dabik aufgestellt, recken ihre Fäuste und Waffen in die Höhe. Sie haben den IS vertrieben - Dabik ist von der Terrormiliz befreit. Es ist ein symbolischer Schlag gegen den selbsternannten "Islamischen Staat", denn in der Propaganda der Terrormiliz war die Stadt von historischer Bedeutung: Die Extremisten hatten erklärt, dass nach alten islamischen Prophezeiungen Dabik der Schauplatz einer entscheidenden apokalyptischen Schlacht sein werde - zwischen dem Christentum und dem Islam. Auch das Online-Magazin des IS war nach der nordsyrischen Stadt benannt.
    Umso größer ist jetzt der Triumph der syrischen Aufständischen. Der Anführer der Kampfeinheit hält eine Rede in die Kamera: "Im Namen Gottes, des Allmächtigen, senden wir euch, den Kämpfer des 'Islamischen Staats', eine Botschaft - hier von den Hügeln Dabiks: Ihr sagt, hier sei der Ort der großen Schlacht. Wir sagen: Kommt zur Vernunft. Hier findet kein apokalyptischer Kampf statt, über den unser Prophet gesprochen haben soll. Ihr habt kein Recht, im Namen des Propheten zu sprechen. Ihr seid Gesetzlose, wir töten euch, wo immer wir euch finden. Gott wird uns helfen!"
    Für die Terrormiliz "Islamischer Staat" ist der Verlust von Dabik ein herber Rückschlag. Als in den vergangenen Wochen die Regierungsgegner mit Hilfe der Türkei den Ring um die Stadt enger zogen, versuchte die Terrororganisation schnell, die eigene Propaganda zu relativieren - so wichtig sei Dabik nun angeblich auch wieder nicht. Bei der Einnahme der Stadt hatten die syrischen Regierungsgegner offenbar leichtes Spiel: Die IS-Kämpfer hätten nur minimal Widerstand geleistet, hieß es.
    Alle IS-Kämpfer ergriffen die Flucht
    Die syrischen Regierungsgegner erhielten Hilfe durch türkische Panzer und Artilleriegeschütze, außerdem flogen türkische und US-amerikanische Kampfjets Luftangriffe. Dem hatte der IS offenbar nicht viel entgegenzusetzen - zunächst sei noch die Elite-Einheit der Terrormiliz von anderen Fronten zur Unterstützung geeilt, berichten Medien - dann ergriffen offenbar alle IS-Kämpfer die Flucht. Die syrischen Aufständischen seien jetzt mit 2000 Mann in die Stadt eingezogen, erklärte ein Rebellen-Kommandeur: "Ich bin der Oberkommandeur und stehe jetzt hier in Dabik - und mit Gottes Hilfe nehmen wir bald schon alle andere Städte vom IS ein, bis hin zu Raqqa, der syrischen Hauptstadt des IS."
    Die Terrormiliz "Islamischer Staat" gerät zunehmend unter Druck. Die Extremisten haben bereits ein Drittel ihres bisherigen Gebietes verloren. Während die syrischen Kämpfer jetzt die nächsten Stellungen des IS ins Visier nehmen, bereiten im benachbarten Irak die Regierungstruppen mit Hilfe der internationalen Anti-IS-Koalition den Sturm auf Mosul vor. Dort sollen heute Flugblätter abgeworfen werden, um die Zivilbevölkerung zu warnen, dass der Angriff unmittelbar bevor stehe. Mosul ist die letzte Großstadt in Händen des IS.
    Beobachter sagen: Dort, in Mossul, könnte sie tatsächlich stattfinden - die apokalyptische, alles entscheidende Schlacht. Allerdings nicht zwischen dem Christentum und dem Islam, sondern zwischen dem IS und dem internationalen Bündnis seiner Gegner. Für den IS geht es dann offenbar ums Überleben.