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Syrnet
Syrisches Dissidentenradio aus Berlin

Seit 2013 gibt es das Berliner Radionetzwerk Syrnet, das Beiträge von verschiedenen syrischen Hörfunkstationen der moderaten Opposition zusammenstellt. Hinter dem Projekt steht die Organisation Media in Cooperation and Transition (MiCT), die weltweit unabhängigen Journalismus fördert. Finanziert wird sie überwiegend vom Auswärtigen Amt.

Von Natascha Gillenberg |
    Die Morgenschau von Nasaem Syria. Mitten im Krieg geht es heute um: Eheprobleme. Eine Atempause, ein bisschen Raum für Alltag. Nasaem Syria ist eines der Partner-Radios des Netzwerks Syrnet. In den Sendungen geht es um Kultur, um Politik - und um das, was Najat Abdulhaq "Servicethemen" nennt:
    "Spritkosten, Wechselkurse, welche Grenzübergänge offen sind, wo herrscht es an Mangel an Nahrungsmitteln - so Informationen über den Alltag in den syrischen Gebieten, weil auch die Situation sehr unterschiedlich ist zwischen jedem Ort und einem anderen."
    Najat Abdulhaq ist in Berlin für Syrnet verantwortlich, ein Projekt von Media in Cooperation and Transition, kurz MiCT. 18 Stunden täglich ist Syrnet mit dem Programm von neun syrischen Radiostationen auf Sendung. Sie alle gehören der gemäßigten Opposition an – viel Spielraum gibt es für sie nicht mehr. Zwei Radiosender produzieren noch in Syrien selbst, die anderen sind in die Türkei ausgewichen.
    Alle Beiträge müssen journalistischen Standarts genügen
    Das Programm ist weltweit im Internet zu empfangen, in Syrien und der Region per Satellit. Fünf Sendemasten hat das MiCT dafür ins Land gebracht. Philipp Hochleichter hat außerdem kleine Sendestationen - Pocket FMs - mitentwickelt:
    "Die sind ungefähr so groß wie ein Kinderschuhkarton, die laufen mit 12 Volt, das heißt, ich kann die mit 'nem kleinen Netzteil oder mit einer Autobatterie betreiben. Man kann es halt sehr schnell abbauen, man kann es sehr schnell verschwinden lassen, es lässt sich leicht transportieren, genau."
    Hier in Berlin wird aus dem laufenden Progamm der Partnerradios ein eigenes für Syrnet zusammengestellt. Beiträge müssen journalistischen Standarts genügen; oft schlagen al-Bunni und seine Kollegen Verbesserungen vor, ehe etwas auf Sendung geht. Es gibt auch Workshops zu Handwerk und Medienethik. Denn die meisten Radiomacher sind ursprünglich Aktivisten.
    Medienlandschaft war "DDR-mäßig"
    "Dieses Land hatte 40 Jahre keine Medienlandschaft. Es war eher DDR-mäßig, es gab ein Staatsradio und irgendwann in den letzten paar Jahren gab's ein paar FM Radios, aber mehr nicht. Und deswegen war diese Medienlandschaft nur systemtreu. Ich glaube, fast alle Nachrichten fangen an, was der Herr Präsident gemacht hat oder wo seine Truppen vorangekommen sind. Es gab keine Debatten in dem Sinne."
    Bei Syrnet wird gern diskutiert - zum Beispiel, wenn es darum geht, auch mit der eigenen Seite kritisch zu sein.
    "Weil, aus ihrem Verständnis: wenn ich die schlechten Seiten zeige, dann erlaube ich meinem Gegner, mich anzugreifen. Sie befinden sich in einem Kampf. Es geht um Existenz, es geht um jede Seele. Und es fällt ihnen schwer, diese Differenziertheit nicht als Schwäche zu sehen."
    Die Radiopartner verpflichten sich, keine Gerüchte zu verbreiten. Hetze gegen ethnische oder religiöse Gruppen ist tabu.
    "Um einen Demokratisierungsprozess wirklich nachhaltig und langfristig aufzubauen, ist es wichtig, dass in der Gesellschaft auch Grundlage für Debatte ist und auch Flächen für Verschiedenheit auch in der Meinung, und dass es nicht gleich bedeutet, wenn jemand eine andere Meinung hat, dass er mein Gegner ist, dass ich ihn bekämpfen muss."
    Dass neun sehr verschiedene Radiosender ein Netzwerk bilden: es macht Hoffnung für die Zukunft Syriens.