Geradezu idyllisch mutet an diesem sonnendurchfluteten Herbstnachmittag die kleine, enge Gasse an, die mitten im Stadtteil Tscherjomuschki liegt, einem Usbeken-Viertel in der südkirgisischen Großstadt Osch; gähnten da nicht links und rechts leere Fensterhöhlen aus rußgeschwärzten Mauern, zöge nicht immer noch beißender Brandgeruch aus dem Schutt der Ruinen. Und: Wäre da nicht die Erinnerung an jene Fernsehaufnahmen vor gut einem Vierteljahr, die einen rasend tobenden Mob gezeigt haben, der hier in dieser alten Vielvölkerstadt Jagd gemacht hatte auf usbekische Mitbürger, wohl weit über 200 von ihnen tötete, noch sehr viel mehr verletzte, ihre Häuser plünderte und sie dann ansteckte.
Bilder, die auch Shahinara zeitlebens verfolgen werden. Scheu aber doch entschlossen hat sie sich auf die menschenleere Gasse hinausgewagt. Herzzerreißender Schmerz bricht aus ihr heraus:
"Mein Mann wollte damals im Juni längst mit uns fliehen, ging aber noch auf die Straße, um nachzusehen. Da kam schon ein Schützenpanzer an, mit lauter Zivilisten drauf. Das waren alles Kirgisen. Die fingen sofort an zu schießen"."
Auch ihn hätten sie getroffen. Er habe laut um Hilfe gerufen, so später einige Nachbarn. Die Kirgisen mit ihren schwarzen Kopfbinden seien zunächst in die Häuser gelaufen, hätten Wertsachen gestohlen und die Wohnungen danach angezündet. Als sie mitbekamen, dass ihr Mann und sein genauso schwerverletzter Freund noch lebten, hätten sie die beiden mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt. Mit ihren drei Kindern sei sie jetzt völlig allein, schluchzt die junge Witwe. Was weiter werden soll? Sie weiß es nicht: ""Warum bloß hat man das alles mit uns gemacht?", weint sie untröstlich und ratlos.
Taalaj Sabirov, dem stellvertretenden kirgisisch-stämmigen Bürgermeister der Halbmillionen-Stadt Osch im Fergana-Tal, ist die Frage sichtlich unangenehm, wie es zu diesen Ausschreitungen im Frühsommer hatte kommen können. Aber: Auch Kirgisen seien doch umgekommen im Juni. Immer noch vermisse man 27 Menschen. Immerhin, der Wahlkampf um das neue Parlament in der fernen Hauptstadt Bishkek läuft derzeit auf vollen Touren. Da gilt es die Worte sorgsam zu wägen:
"Schuld daran ist ein kleines Häuflein von Leuten. Wenn nämlich die Usbeken oder die Kirgisen als Volksgruppe insgesamt schuld daran gewesen wären, dann würde das doch heute noch weitergehen. Aber nach einer Woche war doch mit allem Schluss, hat man sich versöhnt. Eine dritte Kraft hat da wohl gewirkt, die von der Möglichkeit profitieren wollte, dass es in unserer Republik im April diese Revolution gegeben hat, dass die politische Macht mit anderen Dingen beschäftigt war."
Hassan, ein etwa 50-jähiger Usbeke und ehemaliger städtischer Angestellter in Osch, kann dazu nur vorsichtig, bitter lächeln:
"Die Miliz nimmt uns auch heute noch mit. Erpresst Geld von uns. 5000 Dollar, 10.000 Dollar, 30.000 Dollar sind schon verlangt worden. Viele unserer Usbeken sind geflohen. Wir hier, wir schweigen. Wir haben uns schon daran gewöhnt. Jetzt also die Wahlen. Nun kommen die Parteien auch zu uns. Sie bieten Geld an. Vielen Usbeken geht es schlecht. Sie sind arm. Da kann es schon sein, dass sie ihre Stimme verkaufen."
Der kirgisisch-usbekische Konflikt mit den jüngsten bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen ist nicht wie eine Naturkatastrophe über das vergleichsweise kleine zentralasiatische Land hereingebrochen. Von den gut fünfeinhalb Millionen Einwohnern gehören knapp zwei Drittel der kirgisischen Titularnation an. Die größte Minderheit stellen danach mit etwa 15 Prozent Bevölkerungsanteil die Usbeken. Sie gelten als wohlhabend und geschickt. Sie haben noch bis vor wenigen Jahren mehrheitlich in den im Süden gelegenen Städten wie Osch, Dschalalabad oder Özgen den Handels- und Dienstleistungsbereich dominiert. Auf dem flachen Land dagegen, aber auch im Gebirge und in den Dörfern haben traditionell die Kirgisen gelebt. Eine Symbiose, die nach dem Zerfall der Sowjetunion, Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre, rasch mürbe geworden ist. Die Kirgisen hätten damals angefangen sich ihres Status als Titularnation bewusst zu werden. Das sei an sich ein positiver Vorgang, wie der russischstämmige Politik-Experte Valentin Bogatyrjov findet - aber:
"Die Usbeken im Land sind zum Feindbild geworden. Mit ihnen, so denken viele, muss man irgendwie fertig werden. Eine Rückkehr zu unserer früheren poly-ethnischen Gesellschaft - das ist nicht mehr möglich! Kirgistan - unser gemeinsames Haus - diese alte Losung ist tot. Zwei Varianten sind jetzt denkbar: Die Usbeken sehen ein, dass sie eine Minderheit sind und ein Diaspora-Bewusstsein bildet sich bei ihnen heraus - wie das hier schon lange die Russen haben, die Dunganen, die Ujguren, die Koreaner, die wenigen Deutschen. Oder es kommt zu folgender Entwicklung: Die Usbeken finden sich zusammen, konzentrieren sich in einer Art Reservat oder Enklave. Das wäre so eine Art post-jugoslawische Variante. Die aber wäre schlecht!"
Bogatyrjovs Kollegin, die kirgisische Politologin El'mira Nogojbaeva, die wie er im Norden des Landes, in der Hauptstadt Bishkek, lebt, ist optimistischer, was das künftige Miteinander der beiden Volksgruppen nach der Wahl am Sonntag angeht:
"Ich denke, dafür gibt es eine Chance. Ich war gerade im Süden. Die Kirgisen und die Usbeken dort sind instrumentalisiert worden. Sie sind Opfer eines politischen Spiels geworden. Heute begreifen sie schon sehr gut, dass sie dort weiterleben müssen. Sie waren doch vorher schon über Jahre, Jahrzehnte Nachbarn. Und noch eins: Die Auftraggeber, die Anführer bei den Auseinandersetzungen vom Sommer und vorher, die sind jetzt wieder weg. Schwer vorstellbar, dass dieser Konflikt nun wieder aufflammt."
Bogatyrjov gibt zu bedenken, dass die ersten Gewalttätigkeiten im vergangenen Juni im Süden höchstwahrscheinlich von einer kleinen Gruppe Usbeken ausgegangen sei - dies hätten nicht zuletzt internationale Beobachter der Organisation Human Rights Watch registriert. Wahr sei allerdings auch, dass bestimmte kirgisische Kreise ihre usbekischen Mitbürger seit dem Sturz des autokratisch herrschenden kirgisischen Staatspräsidenten Kurmanbek Bakijev im April dieses Jahres ständig provoziert hätten. Der Hintergrund sei klar: Der Kirgise Bakiev sowie sein weit verzweigter und nach fast einem halben Jahrzehnt Herrschaft über das Land schwerreicher Clan stammen aus der im Süden gelegenen Stadt Dschalalabad, eine knappe Autostunde von Osch entfernt. Dort waren sie fest verwurzelt - bis zur überstürzten Flucht Bakievs ins Exil nach Minsk zu seinem Freund, dem ebenso autokratisch-diktatorisch regierenden weißrussischen Präsidenten Aleksandr Lukaschenko:
""Die Kirgisen haben sich darauf vorbereitet. Sie haben die Situation im Land ausgenutzt - die Unordnung, das Chaos nach der April-Revolution. Sie wollten das alles provozieren! Eine Schlüsselrolle spielt der gestürzte Präsident. Der war sehr an einem solchen Konflikt interessiert! Die Usbeken sagen: Das sei eine Art Protest gegen die Zentralmacht in Bischkek gewesen. Unruhe, Chaos sollten im ganzen Land organisiert werden. Pro-Bakijev-Kräfte seien die Drahtzieher gewesen, die Clans im Süden.""Es geht darum, wie eine Identität aufgebaut werden kann, ein kirgisisches Staatsverständnis. Und ich glaube, das ist wirklich etwas, was die Herausforderung ist. Also, dass man sich in einem Staat, obwohl man von verschiedener Herkunft ist, verschiedene Sprachen spricht, zusammengehörig fühlt. Und ich glaube das ist etwas, das nicht existiert, (oder) nur zu einem sehr bedingten Grad existiert"",
hat Andrea Studer beobachtet, stellvertretende Direktorin des Schweizer Büros für Zusammenarbeit in Kirgistan mit Sitz in der Hauptstadt Bishkek. Ihr staatlicher Arbeitgeber in Bern koordiniert entwicklungspolitische Projekte, vergleichbar etwa mit den Tätigkeitsfeldern der bundesdeutschen "Gesellschaft für technische Zusammenarbeit"(GTZ). Dennoch verknüpft sie mit den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag vorsichtige Hoffnungen:
"Ich denke, dass das einer der ersten freien Wahlkämpfe ist hier, den wir überhaupt erleben. Also, das war ja in den letzten fünf Jahren überhaupt nicht möglich. Aber, und das ist eine persönliche Hoffnung, ich hoffe wirklich, dass sich die Leute ihrer Verantwortung bewusst sind."
"Und Feliks Kulov, für wen ist er? Für Ar Namys?", fragt die Stimme aus dem off des Fernseh-Wahlspots, der eine Schwarz-Weiß-Filmszene aus dem sowjetischen Bürgerkriegs-Epos "Tschapajev" aus den 30er-Jahren verfremdet. "Er ist der Führer dieser Partei", kommt die markige Antwort. "Na, dann bin ich auch für Ar Namys!", schallt es ebenso kernig zurück. "Ar Namys!" Streiche: "Lenin und dessen Partei der Bolschewiki", setze dafür: "Kulov und seine Partei Ar Namys, die Partei der Würde". So lautet die Botschaft. "Recht und Ordnung" sei das Ziel.
Insgesamt 29 Parteien sind zur Wahl an diesem Sonntag zugelassen. Um ins Parlament einziehen zu können, muss eine Partei landesweit über fünf Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinen können. Eine kirgisische Besonderheit sieht indes vor, dass Parteien darüber hinaus nur dann für die Volksvertretung in Bishkek gewählt sind, wenn sie auch in jedem der acht Verwaltungsbezirke des Landes jeweils mindestens 0,5 Prozent der Wähler hinter sich versammeln konnten. Diese neue Regel gilt vielen Beobachtern als kluges Instrument, Parteien fernzuhalten, die sonst lediglich an lokal eng begrenzten Clan-Interessen orientiert wären.
Zahlreiche Wahlplakate im Straßenbild, regelmäßige Wahl-Werbespots, eine insgesamt ausführliche sowie vergleichsweise ausgewogene Berichterstattung über den Wahlkampf im kirgisischen Fernsehen - all dies wird von den Langzeit-Wahlbeobachtern der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, durchaus positiv registriert, bislang aber nur inoffiziell. Inhaltlich allerdings bleiben die politischen Programme der Parteien weitgehend verschwommen.
"Wählt uns", wirbt hier als ein Beispiel für viele ähnlich klingende Slogans die Partei "Sodruzhestvo" ("Zusammenarbeit"). Man stehe nämlich für: "Einheit, Stabilität, Sicherheit, Entwicklung."
Nogojbaeva definiert drei Grundtypen von Parteien, die jetzt um die Wählergunst werben:
"Da sind erstens diejenigen Parteien, denen fremdes Kapital von außen hilft und die jetzt an Stärke zunehmen. Dazu gehört zum Beispiel Feliks Kulov und seine Partei Ar Namys. Auch die rußlandorientierte Partei Sodruzhestvo gehört dazu. Oder die sich wirtschaftsliberal gebende Partei Respublika. Deren auch finanzielle Unterstützung aus Russland ist sehr mächtig - nicht zuletzt über die Medien. Es gibt nicht wenige in Kirgistan, die sich zurücksehnen nach dem russischen Protektionismus. Aber auch jener Teil der Bevölkerung, der genau dies nicht wünscht, ist inzwischen gewachsen. Dazu gehört der ganze kirgisische Süden. Einen anderen Sektor im Spektrum besetzen unterschiedlich akzentuierte nationale bis nationalistische Parteien. Zur dritten Abteilung gehören die sogenannten Veteranen: Sie existieren schon mehrere Jahre und haben politisches Gewicht wie etwa Teke-ba-jevs links-nationale Vaterlands-Partei/Ata Meken, Atam-ba-jevs Sozialdemokraten, Sarievs liberal-konservative Partei des Weißen Falken/Ak Schum-kar. Diese Parteien sind bekannt. Das Rating für ihre Führer mag gesunken sein, als sie nach der Revolution im vergangenen April in der provisorischen Regierung Ämter übernommen hatten - aber populär sind diese Parteien immer noch."
Lange einschlägige Beobachtungen lassen die in Bishkek stationierte Schweizer Entwicklungsexpertin Andrea Studer allerdings einen übergeordneten gefährlichen gemeinsamen Nenner ausmachen - quer durch die Parteien Kirgistans:
"Die Vernetzung von kriminellen Netzwerken mit der Politik und auch im Business und wie die Politik damit umgehen wird in der Zukunft. Da sind sehr viele Versprechen da, dass man nicht mehr mit diesen mafiösen, kriminellen Netzwerken arbeitet. Und diese einzuhalten, wird eine unglaubliche Herausforderung für die neue Regierung"
Noch skeptischer zeigt sich Studers Schweizer Landsmann Markus Müller. Die in Kirgistan traditionell sehr aktiven Eidgenossen stellen mit ihrem Diplomaten den Leiter einer 50 Mann zählenden OSZE-Polizei-Delegation, die ihre kirgisischen Kollegen schon längst gerne nach professionellen Gesichtspunkten ausbilden würden, aber einstweilen zur Untätigkeit verdammt sind. Die Behörden im Süden Kirgistans weigern sich bislang die OSZE-Polizisten aufzunehmen, da sie, so die Begründung, angeblich nur für neue Unruhe sorgen würden. Wohl nicht zuletzt deshalb wird Müller zunächst grundsätzlich:
"Wenn ich in die Zukunft schaue, dann bin ich sehr besorgt. Das ist ein sehr ambitiöses Projekt, dieses parlamentarische System für ein Land wie Kirgistan. Aber trotzdem - wer weiß? Kirgistan war nie ein Land, das von einem Chan oder von einem König regiert wurde. Es war immer ein Land, das eine flache Hierarchie hatte. Die einzelnen Stämme haben sich auf die basics geeinigt und waren nachher relativ unabhängig in ihren eigenen Regionen."´"
Allerdings: In Zeiten weltweiter terroristischer Bedrohungen werden die zentralasiatischen Nachbarn Kirgistans sehr genau beobachten, wohin die innenpolitische Reise dieses kleinen Landes geht, das mit autoritär bis diktatorisch regierten, dennoch keineswegs stabilen Staaten wie Tadschikistan oder Usbekistan gemeinsame Grenzen hat. Und die gelten nicht gerade als unüberwindbar für islamistische Extremisten bis tief aus dem afghanisch-pakistanischen Raum, für lokale aber auch internationale Syndikate von Drogen-, Waffen- und Menschenhändlern. Doch auch in verfassungspolitischer Hinsicht beäugen Kirgistans Anrainer das parlamentarische Experiment, das am kommenden Sonntag dort beginnt, mit Misstrauen: Dazu zählen Kasachstan, China sowie in mittelbarer Nachbarschaft Turkmenistan, vor allem aber Russland. In all diesen Staaten ist die Macht in den Händen weniger konzentriert. Die Parlamente sind meist Staffage, Akklamationsorgane. Die Regierungen spiegeln nicht die Kräfteverhältnisse einer frei gewählten Volksvertretung wieder - eine Herausforderung also für all die starren Präsidialsysteme rund um Kirgistan.
""Herr Medvedev spricht schon so oft davon, wie ungeeignet das parlamentarische System für Kirgistan doch sei, dass er damit jetzt eigentlich schon Reklame für uns macht!",
meint die kirgisische Politologin El'mira Nogojbaeva ironisch. Bei einem nicht auszuschließenden Wahlsieg der russlandnahen Parteien in Kirgistan sieht Politik-Experte Valentin Bogatyrjov deshalb fast automatisch auch eine negative Option:
"Wenn diese Parteien die Mehrheit bekommen sollten, könnten sie die Frage nach einer Verfassungs-Revanche stellen, also versuchen, die Verfassung erneut zu ändern, um wieder zum Präsidialsystem zurückzukehren. Und dann wird ein neuer Präsident gewählt, der für Russland bequem sein wird. Solche Gespräche werden von verschiedenen Parteien mit Moskau längst geführt. Kulov ist dorthin gefahren, Sariev. Alle waren sie da."
Die USA hingegen verhielten sich derzeit ausgesprochen pragmatisch, findet Bogatyrjov. Deren großer Luftwaffen-Stützpunkt Manas am Rand der Hauptstadt Bischkek bleibe als Nachschub-Umschlagplatz für den Krieg in Afghanistan weiterhin sehr wichtig für sie. Dennoch:
"Die Wahl kann ausgehen wie sie will. Auf die Basis hat das überhaupt keine Auswirkung. 60 Millionen Dollar Jahresmiete zahlen sie dafür, ich bitte Sie! Warum sollten sich die USA einmischen? Das haben sie früher gemacht. Da ging's ihnen um Demokratie, sollten demokratische Werte befördert werden. Aus Kirgisien wollten sie eine demokratische Enklave in Zentralasien machen - als Beispiel für die Nachbarn. Heute ist das uninteressant für sie. Und außerdem: Zum Glück haben wir auch kein Erdöl!"
Für die meisten Menschen in Kirgistan sind dies abstrakte Überlegungen, die mit ihrem mühsamen Alltag nichts zu tun haben. Besonders die obdachlosen und eingeschüchterten Usbeken im Süden haben nun konkrete Angst vor dem nahenden Winter. Viele, wie hier in Osch, sind verzweifelt. Die Wahl interessiert sie nicht - eine Zukunft in Kirgistan sehen sie ohnehin nicht mehr für sich wie dieser 60-jährige ehemalige Café-Besitzer. Russland heißt nicht nur für ihn das vermeintliche Zauberwort.
Usbeken und Kirgisen - so kursiert ein zynisch-bitterer Scherz - haben doch heute schon mehr miteinander gemeinsam als sie ahnen - bei all dem frischen Leid, das sie jetzt abgrundtief trennt: Viele von ihnen treffen sich bald wieder auf den Bahnhöfen und Ausfallstraßen russischer Städte, wo sie dann nebeneinander stehen und zusammen darauf hoffen müssen, Arbeit für billigen Lohn zu finden, um dann wenigstens so ihre Angehörigen in Kirgistan durchbringen zu können.
Bilder, die auch Shahinara zeitlebens verfolgen werden. Scheu aber doch entschlossen hat sie sich auf die menschenleere Gasse hinausgewagt. Herzzerreißender Schmerz bricht aus ihr heraus:
"Mein Mann wollte damals im Juni längst mit uns fliehen, ging aber noch auf die Straße, um nachzusehen. Da kam schon ein Schützenpanzer an, mit lauter Zivilisten drauf. Das waren alles Kirgisen. Die fingen sofort an zu schießen"."
Auch ihn hätten sie getroffen. Er habe laut um Hilfe gerufen, so später einige Nachbarn. Die Kirgisen mit ihren schwarzen Kopfbinden seien zunächst in die Häuser gelaufen, hätten Wertsachen gestohlen und die Wohnungen danach angezündet. Als sie mitbekamen, dass ihr Mann und sein genauso schwerverletzter Freund noch lebten, hätten sie die beiden mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt. Mit ihren drei Kindern sei sie jetzt völlig allein, schluchzt die junge Witwe. Was weiter werden soll? Sie weiß es nicht: ""Warum bloß hat man das alles mit uns gemacht?", weint sie untröstlich und ratlos.
Taalaj Sabirov, dem stellvertretenden kirgisisch-stämmigen Bürgermeister der Halbmillionen-Stadt Osch im Fergana-Tal, ist die Frage sichtlich unangenehm, wie es zu diesen Ausschreitungen im Frühsommer hatte kommen können. Aber: Auch Kirgisen seien doch umgekommen im Juni. Immer noch vermisse man 27 Menschen. Immerhin, der Wahlkampf um das neue Parlament in der fernen Hauptstadt Bishkek läuft derzeit auf vollen Touren. Da gilt es die Worte sorgsam zu wägen:
"Schuld daran ist ein kleines Häuflein von Leuten. Wenn nämlich die Usbeken oder die Kirgisen als Volksgruppe insgesamt schuld daran gewesen wären, dann würde das doch heute noch weitergehen. Aber nach einer Woche war doch mit allem Schluss, hat man sich versöhnt. Eine dritte Kraft hat da wohl gewirkt, die von der Möglichkeit profitieren wollte, dass es in unserer Republik im April diese Revolution gegeben hat, dass die politische Macht mit anderen Dingen beschäftigt war."
Hassan, ein etwa 50-jähiger Usbeke und ehemaliger städtischer Angestellter in Osch, kann dazu nur vorsichtig, bitter lächeln:
"Die Miliz nimmt uns auch heute noch mit. Erpresst Geld von uns. 5000 Dollar, 10.000 Dollar, 30.000 Dollar sind schon verlangt worden. Viele unserer Usbeken sind geflohen. Wir hier, wir schweigen. Wir haben uns schon daran gewöhnt. Jetzt also die Wahlen. Nun kommen die Parteien auch zu uns. Sie bieten Geld an. Vielen Usbeken geht es schlecht. Sie sind arm. Da kann es schon sein, dass sie ihre Stimme verkaufen."
Der kirgisisch-usbekische Konflikt mit den jüngsten bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen ist nicht wie eine Naturkatastrophe über das vergleichsweise kleine zentralasiatische Land hereingebrochen. Von den gut fünfeinhalb Millionen Einwohnern gehören knapp zwei Drittel der kirgisischen Titularnation an. Die größte Minderheit stellen danach mit etwa 15 Prozent Bevölkerungsanteil die Usbeken. Sie gelten als wohlhabend und geschickt. Sie haben noch bis vor wenigen Jahren mehrheitlich in den im Süden gelegenen Städten wie Osch, Dschalalabad oder Özgen den Handels- und Dienstleistungsbereich dominiert. Auf dem flachen Land dagegen, aber auch im Gebirge und in den Dörfern haben traditionell die Kirgisen gelebt. Eine Symbiose, die nach dem Zerfall der Sowjetunion, Ende der 80er-Jahre, Anfang der 90er-Jahre, rasch mürbe geworden ist. Die Kirgisen hätten damals angefangen sich ihres Status als Titularnation bewusst zu werden. Das sei an sich ein positiver Vorgang, wie der russischstämmige Politik-Experte Valentin Bogatyrjov findet - aber:
"Die Usbeken im Land sind zum Feindbild geworden. Mit ihnen, so denken viele, muss man irgendwie fertig werden. Eine Rückkehr zu unserer früheren poly-ethnischen Gesellschaft - das ist nicht mehr möglich! Kirgistan - unser gemeinsames Haus - diese alte Losung ist tot. Zwei Varianten sind jetzt denkbar: Die Usbeken sehen ein, dass sie eine Minderheit sind und ein Diaspora-Bewusstsein bildet sich bei ihnen heraus - wie das hier schon lange die Russen haben, die Dunganen, die Ujguren, die Koreaner, die wenigen Deutschen. Oder es kommt zu folgender Entwicklung: Die Usbeken finden sich zusammen, konzentrieren sich in einer Art Reservat oder Enklave. Das wäre so eine Art post-jugoslawische Variante. Die aber wäre schlecht!"
Bogatyrjovs Kollegin, die kirgisische Politologin El'mira Nogojbaeva, die wie er im Norden des Landes, in der Hauptstadt Bishkek, lebt, ist optimistischer, was das künftige Miteinander der beiden Volksgruppen nach der Wahl am Sonntag angeht:
"Ich denke, dafür gibt es eine Chance. Ich war gerade im Süden. Die Kirgisen und die Usbeken dort sind instrumentalisiert worden. Sie sind Opfer eines politischen Spiels geworden. Heute begreifen sie schon sehr gut, dass sie dort weiterleben müssen. Sie waren doch vorher schon über Jahre, Jahrzehnte Nachbarn. Und noch eins: Die Auftraggeber, die Anführer bei den Auseinandersetzungen vom Sommer und vorher, die sind jetzt wieder weg. Schwer vorstellbar, dass dieser Konflikt nun wieder aufflammt."
Bogatyrjov gibt zu bedenken, dass die ersten Gewalttätigkeiten im vergangenen Juni im Süden höchstwahrscheinlich von einer kleinen Gruppe Usbeken ausgegangen sei - dies hätten nicht zuletzt internationale Beobachter der Organisation Human Rights Watch registriert. Wahr sei allerdings auch, dass bestimmte kirgisische Kreise ihre usbekischen Mitbürger seit dem Sturz des autokratisch herrschenden kirgisischen Staatspräsidenten Kurmanbek Bakijev im April dieses Jahres ständig provoziert hätten. Der Hintergrund sei klar: Der Kirgise Bakiev sowie sein weit verzweigter und nach fast einem halben Jahrzehnt Herrschaft über das Land schwerreicher Clan stammen aus der im Süden gelegenen Stadt Dschalalabad, eine knappe Autostunde von Osch entfernt. Dort waren sie fest verwurzelt - bis zur überstürzten Flucht Bakievs ins Exil nach Minsk zu seinem Freund, dem ebenso autokratisch-diktatorisch regierenden weißrussischen Präsidenten Aleksandr Lukaschenko:
""Die Kirgisen haben sich darauf vorbereitet. Sie haben die Situation im Land ausgenutzt - die Unordnung, das Chaos nach der April-Revolution. Sie wollten das alles provozieren! Eine Schlüsselrolle spielt der gestürzte Präsident. Der war sehr an einem solchen Konflikt interessiert! Die Usbeken sagen: Das sei eine Art Protest gegen die Zentralmacht in Bischkek gewesen. Unruhe, Chaos sollten im ganzen Land organisiert werden. Pro-Bakijev-Kräfte seien die Drahtzieher gewesen, die Clans im Süden.""Es geht darum, wie eine Identität aufgebaut werden kann, ein kirgisisches Staatsverständnis. Und ich glaube, das ist wirklich etwas, was die Herausforderung ist. Also, dass man sich in einem Staat, obwohl man von verschiedener Herkunft ist, verschiedene Sprachen spricht, zusammengehörig fühlt. Und ich glaube das ist etwas, das nicht existiert, (oder) nur zu einem sehr bedingten Grad existiert"",
hat Andrea Studer beobachtet, stellvertretende Direktorin des Schweizer Büros für Zusammenarbeit in Kirgistan mit Sitz in der Hauptstadt Bishkek. Ihr staatlicher Arbeitgeber in Bern koordiniert entwicklungspolitische Projekte, vergleichbar etwa mit den Tätigkeitsfeldern der bundesdeutschen "Gesellschaft für technische Zusammenarbeit"(GTZ). Dennoch verknüpft sie mit den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag vorsichtige Hoffnungen:
"Ich denke, dass das einer der ersten freien Wahlkämpfe ist hier, den wir überhaupt erleben. Also, das war ja in den letzten fünf Jahren überhaupt nicht möglich. Aber, und das ist eine persönliche Hoffnung, ich hoffe wirklich, dass sich die Leute ihrer Verantwortung bewusst sind."
"Und Feliks Kulov, für wen ist er? Für Ar Namys?", fragt die Stimme aus dem off des Fernseh-Wahlspots, der eine Schwarz-Weiß-Filmszene aus dem sowjetischen Bürgerkriegs-Epos "Tschapajev" aus den 30er-Jahren verfremdet. "Er ist der Führer dieser Partei", kommt die markige Antwort. "Na, dann bin ich auch für Ar Namys!", schallt es ebenso kernig zurück. "Ar Namys!" Streiche: "Lenin und dessen Partei der Bolschewiki", setze dafür: "Kulov und seine Partei Ar Namys, die Partei der Würde". So lautet die Botschaft. "Recht und Ordnung" sei das Ziel.
Insgesamt 29 Parteien sind zur Wahl an diesem Sonntag zugelassen. Um ins Parlament einziehen zu können, muss eine Partei landesweit über fünf Prozent aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinen können. Eine kirgisische Besonderheit sieht indes vor, dass Parteien darüber hinaus nur dann für die Volksvertretung in Bishkek gewählt sind, wenn sie auch in jedem der acht Verwaltungsbezirke des Landes jeweils mindestens 0,5 Prozent der Wähler hinter sich versammeln konnten. Diese neue Regel gilt vielen Beobachtern als kluges Instrument, Parteien fernzuhalten, die sonst lediglich an lokal eng begrenzten Clan-Interessen orientiert wären.
Zahlreiche Wahlplakate im Straßenbild, regelmäßige Wahl-Werbespots, eine insgesamt ausführliche sowie vergleichsweise ausgewogene Berichterstattung über den Wahlkampf im kirgisischen Fernsehen - all dies wird von den Langzeit-Wahlbeobachtern der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, durchaus positiv registriert, bislang aber nur inoffiziell. Inhaltlich allerdings bleiben die politischen Programme der Parteien weitgehend verschwommen.
"Wählt uns", wirbt hier als ein Beispiel für viele ähnlich klingende Slogans die Partei "Sodruzhestvo" ("Zusammenarbeit"). Man stehe nämlich für: "Einheit, Stabilität, Sicherheit, Entwicklung."
Nogojbaeva definiert drei Grundtypen von Parteien, die jetzt um die Wählergunst werben:
"Da sind erstens diejenigen Parteien, denen fremdes Kapital von außen hilft und die jetzt an Stärke zunehmen. Dazu gehört zum Beispiel Feliks Kulov und seine Partei Ar Namys. Auch die rußlandorientierte Partei Sodruzhestvo gehört dazu. Oder die sich wirtschaftsliberal gebende Partei Respublika. Deren auch finanzielle Unterstützung aus Russland ist sehr mächtig - nicht zuletzt über die Medien. Es gibt nicht wenige in Kirgistan, die sich zurücksehnen nach dem russischen Protektionismus. Aber auch jener Teil der Bevölkerung, der genau dies nicht wünscht, ist inzwischen gewachsen. Dazu gehört der ganze kirgisische Süden. Einen anderen Sektor im Spektrum besetzen unterschiedlich akzentuierte nationale bis nationalistische Parteien. Zur dritten Abteilung gehören die sogenannten Veteranen: Sie existieren schon mehrere Jahre und haben politisches Gewicht wie etwa Teke-ba-jevs links-nationale Vaterlands-Partei/Ata Meken, Atam-ba-jevs Sozialdemokraten, Sarievs liberal-konservative Partei des Weißen Falken/Ak Schum-kar. Diese Parteien sind bekannt. Das Rating für ihre Führer mag gesunken sein, als sie nach der Revolution im vergangenen April in der provisorischen Regierung Ämter übernommen hatten - aber populär sind diese Parteien immer noch."
Lange einschlägige Beobachtungen lassen die in Bishkek stationierte Schweizer Entwicklungsexpertin Andrea Studer allerdings einen übergeordneten gefährlichen gemeinsamen Nenner ausmachen - quer durch die Parteien Kirgistans:
"Die Vernetzung von kriminellen Netzwerken mit der Politik und auch im Business und wie die Politik damit umgehen wird in der Zukunft. Da sind sehr viele Versprechen da, dass man nicht mehr mit diesen mafiösen, kriminellen Netzwerken arbeitet. Und diese einzuhalten, wird eine unglaubliche Herausforderung für die neue Regierung"
Noch skeptischer zeigt sich Studers Schweizer Landsmann Markus Müller. Die in Kirgistan traditionell sehr aktiven Eidgenossen stellen mit ihrem Diplomaten den Leiter einer 50 Mann zählenden OSZE-Polizei-Delegation, die ihre kirgisischen Kollegen schon längst gerne nach professionellen Gesichtspunkten ausbilden würden, aber einstweilen zur Untätigkeit verdammt sind. Die Behörden im Süden Kirgistans weigern sich bislang die OSZE-Polizisten aufzunehmen, da sie, so die Begründung, angeblich nur für neue Unruhe sorgen würden. Wohl nicht zuletzt deshalb wird Müller zunächst grundsätzlich:
"Wenn ich in die Zukunft schaue, dann bin ich sehr besorgt. Das ist ein sehr ambitiöses Projekt, dieses parlamentarische System für ein Land wie Kirgistan. Aber trotzdem - wer weiß? Kirgistan war nie ein Land, das von einem Chan oder von einem König regiert wurde. Es war immer ein Land, das eine flache Hierarchie hatte. Die einzelnen Stämme haben sich auf die basics geeinigt und waren nachher relativ unabhängig in ihren eigenen Regionen."´"
Allerdings: In Zeiten weltweiter terroristischer Bedrohungen werden die zentralasiatischen Nachbarn Kirgistans sehr genau beobachten, wohin die innenpolitische Reise dieses kleinen Landes geht, das mit autoritär bis diktatorisch regierten, dennoch keineswegs stabilen Staaten wie Tadschikistan oder Usbekistan gemeinsame Grenzen hat. Und die gelten nicht gerade als unüberwindbar für islamistische Extremisten bis tief aus dem afghanisch-pakistanischen Raum, für lokale aber auch internationale Syndikate von Drogen-, Waffen- und Menschenhändlern. Doch auch in verfassungspolitischer Hinsicht beäugen Kirgistans Anrainer das parlamentarische Experiment, das am kommenden Sonntag dort beginnt, mit Misstrauen: Dazu zählen Kasachstan, China sowie in mittelbarer Nachbarschaft Turkmenistan, vor allem aber Russland. In all diesen Staaten ist die Macht in den Händen weniger konzentriert. Die Parlamente sind meist Staffage, Akklamationsorgane. Die Regierungen spiegeln nicht die Kräfteverhältnisse einer frei gewählten Volksvertretung wieder - eine Herausforderung also für all die starren Präsidialsysteme rund um Kirgistan.
""Herr Medvedev spricht schon so oft davon, wie ungeeignet das parlamentarische System für Kirgistan doch sei, dass er damit jetzt eigentlich schon Reklame für uns macht!",
meint die kirgisische Politologin El'mira Nogojbaeva ironisch. Bei einem nicht auszuschließenden Wahlsieg der russlandnahen Parteien in Kirgistan sieht Politik-Experte Valentin Bogatyrjov deshalb fast automatisch auch eine negative Option:
"Wenn diese Parteien die Mehrheit bekommen sollten, könnten sie die Frage nach einer Verfassungs-Revanche stellen, also versuchen, die Verfassung erneut zu ändern, um wieder zum Präsidialsystem zurückzukehren. Und dann wird ein neuer Präsident gewählt, der für Russland bequem sein wird. Solche Gespräche werden von verschiedenen Parteien mit Moskau längst geführt. Kulov ist dorthin gefahren, Sariev. Alle waren sie da."
Die USA hingegen verhielten sich derzeit ausgesprochen pragmatisch, findet Bogatyrjov. Deren großer Luftwaffen-Stützpunkt Manas am Rand der Hauptstadt Bischkek bleibe als Nachschub-Umschlagplatz für den Krieg in Afghanistan weiterhin sehr wichtig für sie. Dennoch:
"Die Wahl kann ausgehen wie sie will. Auf die Basis hat das überhaupt keine Auswirkung. 60 Millionen Dollar Jahresmiete zahlen sie dafür, ich bitte Sie! Warum sollten sich die USA einmischen? Das haben sie früher gemacht. Da ging's ihnen um Demokratie, sollten demokratische Werte befördert werden. Aus Kirgisien wollten sie eine demokratische Enklave in Zentralasien machen - als Beispiel für die Nachbarn. Heute ist das uninteressant für sie. Und außerdem: Zum Glück haben wir auch kein Erdöl!"
Für die meisten Menschen in Kirgistan sind dies abstrakte Überlegungen, die mit ihrem mühsamen Alltag nichts zu tun haben. Besonders die obdachlosen und eingeschüchterten Usbeken im Süden haben nun konkrete Angst vor dem nahenden Winter. Viele, wie hier in Osch, sind verzweifelt. Die Wahl interessiert sie nicht - eine Zukunft in Kirgistan sehen sie ohnehin nicht mehr für sich wie dieser 60-jährige ehemalige Café-Besitzer. Russland heißt nicht nur für ihn das vermeintliche Zauberwort.
Usbeken und Kirgisen - so kursiert ein zynisch-bitterer Scherz - haben doch heute schon mehr miteinander gemeinsam als sie ahnen - bei all dem frischen Leid, das sie jetzt abgrundtief trennt: Viele von ihnen treffen sich bald wieder auf den Bahnhöfen und Ausfallstraßen russischer Städte, wo sie dann nebeneinander stehen und zusammen darauf hoffen müssen, Arbeit für billigen Lohn zu finden, um dann wenigstens so ihre Angehörigen in Kirgistan durchbringen zu können.