Martina Gedeck als Gast, die sehr lange nicht mehr auf einer Bühne gestanden hat, sondern vor allem im Fernsehen spielte, müht sich redlich, ihrer Minna eine vernünftige, selbstverständliche Weltläufigkeit und Sicherheit zu geben, doch sie erreicht wenig Präsenz, weil sie vor der Folie von Tellheims misanthropischer Tugend nur eine Haltung bebildern muss. Während Nina Hoss als Franziska das ausgedacht Überdeutliche dieser Inszenierung mit grandioser Sicherheit umspielt und belebt. Ihre Franziska wird zum Zentrum des Stückes, die Figur wird zum lebendigen Menschen. Wenn Nina Hoss sich zu Beginn die blonden Haare zu einem auf ihrem Kopf thronenden kleinen Dutt feststeckt, gibt sie das Zeichen für die kesse, kokette Kammerjungfern-Rolle. Wie die Schauspielerin jede Gemütsregung in Ausdruck und Bewegung übersetzt, wie sie Leidenschaften und Wünsche, Erschrecken und Mutwilligkeit ganz natürlich lebt, das macht sie neben den kalten, starren Hauptfiguren so spannend. Gut, Frank Seppeler als Wachtmeister und Sven Lehmann als Tellheims Bedienter Just geben sorgfältige psychologische Figurenstudien, und Horst Lebinsky ist ein wunderschön aufdringlich neugieriger Wirt, doch sie alle exekutieren nur redlich das enge Regiekonzept. Nina Hoss öffnet die Inszenierung aus ihrer Thesenhaftigkeit in die Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit einer menschlichen Geschichte.
Deren Schluss – natürlich - traurig-skeptisch daher kommt. Die zwei Paare gehen eher verblüfft und zaghaft ab und finden sich dann isoliert unter einem hohen Sternenhimmel wieder. Mit dem Blick in den Sternenhimmel bleiben die Zweifel an der guten Weltordnung, und das gute Ende scheint nur ein trauriger Traum.
Von dieser Aufführung und ihrer Titeldarstellerin hatte man sich viel versprochen. Ein Ereignis ist sie nicht geworden, aber auch kein Flop. Sondern irgendetwas dazwischen: eben ganz normales Theater.