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Täter oder Opfer eines maroden Bankensystems?

Im Januar 2008 fliegen die Spekulationsgeschäfte des Börsenhändlers Jerôme Kerviel auf. Fast fünf Milliarden Euro verliert Frankreichs zweitgrößte Bank dabei. In seinem Buch beschreibt Kerviel sich selbst als Produkt eines auf purer Gier basierenden Systems.

Von Burkhard Birke und Michael Braun | 04.10.2010
    Trailer Wall Street - Geld schläft nicht: "Habgier sei gut, soll ich mal gesagt haben – jetzt ist Habgier legal! Gleich wie viel Geld Sie verdienen Herr Gekko – Sie werden nie reich!"
    Der legendäre Gordon Gekko im Hollywoodstreifen Wall Street "Geld schläft nicht"- eine Neuauflage von Oliver Stones Film "Wall Street" aus dem Jahre 1987. Wie bestellt zur Urteilsverkündung im Prozess gegen Frankreichs Fünf-Milliarden-Zocker – wie die Boulevardpresse den früheren Börsenhändler der "Société Générale", Jerôme Kerviel, getauft hat – lief der Film jedenfalls in den französischen Kinos an.

    Rückblende: Am 24. Januar 2008 platzte die Bombe: Da flogen die ungedeckten Spekulationsgeschäfte Kerviels auf. 4,9 Milliarden Euro Geldverlust und einen enormen Imageverlust musste Frankreichs zweitgrößte Bank, die Société Générale, hinnehmen. Für nahezu 50 Milliarden Euro, mehr als das anderthalbfache Eigenkapital der Bank, hatte Kerviel spekuliert – die Situation war existenzbedrohend für das Institut. Noch nie hatte ein "Trader", ein Händler, eine derart hohe Summe verloren. Dabei war man doch eigentlich seit Nick Leeson und dem Niedergang der Baringsbank vorgewarnt! Der britische Derivatehändler hatte in Singapur 1995 mit waghalsigen Geschäften "nur" 825 Millionen Pfund in den Sand gesetzt und letztlich die Lebensader der britischen Traditionsbank durchtrennt! War Jerôme Kerviel also der französische Nick Leeson - nur eine Nummer größer? Wer sind Sie, Herr Kerviel? Diese Frage hatte der Richter Dominique Pauque immer wieder an den wegen Veruntreuung von Bankvermögen, Urkundenfälschung und Eingabe falscher Daten in Computersysteme angeklagten Kerviel gerichtet. Seit Juni läuft der Prozess. Wer ist Kerviel? Eine Art Che Guevara oder eine Schachfigur auf dem Brett der weltweiten Spekulation? Ein Robin Hood oder eher ein Terrorist? Wie ihn der damalige Vorstandschef der Société Générale, Daniel Bouton, bezeichnete. Alleintäter oder unkontrolliertes Rad im großen Räderwerk einer sich ewig drehenden Spekulationsmaschine?

    Ein Idiot – ich war ein Idiot – Entschuldigung, aber es gibt kein anderes Wort dafür. Ich habe einfach nicht gemerkt, was da vor sich ging. Die Welt der Trader ist ein Kokon, eine geschlossene Gesellschaft, man lebt nur unter Börsenhändlern, selbst abends, man redet nur noch über die Märkte. Ich lebte nicht mehr in der realen Welt – war total von meinem Beruf absorbiert – Das war völlig ungesund, und es ist Zeit, dass solch eine Praxis ein Ende hat.

    So drückte es Jerôme Kerviel anlässlich der Vorstellung seines Buches aus. Im Gerichtsaal war er längst nicht so deutlich. In seinem 270-Seiten starken Buch mit Titel "Räderwerk" beschreibt Jerôme Kerviel sich selbst als Produkt eines auf purer Gier basierenden Systems. Seine Botschaft ist unmissverständlich: Das System, nicht er - gehöre auf die Anklagebank. "Im Schoß der großen Bankorgie haben die Händler lediglich den Anspruch irgendeiner Nutte: Sie bekommen schnelle Anerkennung, wenn die Tageseinnahmen gut waren", schreibt er wortwörtlich.

    Jerôme Kerviel war "une bonne gagneuse" – eine gute Nutte, um in diesem Bild zu bleiben. Zumindest zeitweise verdiente er viel Geld für die Société Générale. Langsam hatte sich der Absolvent der Massen-Uni "Lyon 2" vom Middle Office, wo er anderer Leute Geschäfte abwickelte, ins Front Office hochgearbeitet. Mit Terminkontrakten auf eine fallende Allianzaktie erwirtschaftete er im Jahr 2005 eine halbe Million: Unter Missachtung seiner Limits. Dafür gab es eine sanfte Ermahnung – sonst nichts. 2007 steckt Kerviel zweistellige Milliardensummen in Futures auf Aktienindizes, auch auf den deutschen, den Dax. Mit diesen Derivaten erwirtschaftete er Ende 2007 angeblich die unvorstellbare Summe von 1,5 Milliarden Euro. Aus bilanztechnischen Gründen versteckte er sie bis auf 75 Millionen Euro. Allein die aber waren schon ein enormer Gewinn – gemessen am offiziellen Limit des Traderbüros Delta One, das bei 125 Millionen Euro lag! Das Werk eines Genies?

    "Ich bin kein Genie, bin auch nicht besonders begabt für Informatik, zumindest nicht mehr als die anderen Händler im Saal. Ich bin auch nicht in alle Datenbanken eingedrungen. Ich bin kein genialer Betrüger!"

    Genau das freilich behaupten die Staatsanwaltschaft und die Société Générale. Jean Veil vertritt die Bank beim Prozess:

    "Herr Kerviel hat gelogen, und, als das nicht reichte, hat er Unterlagen für seine Vorgesetzten oder die Kontrolle gefälscht, um sie zu überzeugen."

    In letzterem Punkt zeigte sich Jerôme Kerviel teilweise geständig: Die offensichtliche Eingabe falscher Computerdaten lässt sich auch nicht bestreiten. Im Übrigen hat der mittlerweile 33-jährige Bretone aus einfachen Verhältnissen nie eine Mitschuld abgeleugnet, aber:

    "Was ich abgewickelt habe, wurde täglich zurückverfolgt. Können Sie sich vorstellen, dass 600-Milliarden-Operationen, die Hälfte davon fiktiv, von den Kontrolleinheiten nicht bemerkt wurden? Das ist unmöglich. Das sieht man doch! Meine Vorgesetzten erhielten immer wieder Warnhinweise aufgrund von fiktiven Operationen, die ich durchgeführt hatte. Sie haben aber nie reagiert. Meine Ergebnisse waren absolut wahnsinnig, sie haben sie jeden Tag akzeptiert und behaupten, nichts gesehen zu haben. Ich kann nicht glauben, dass sie nicht lesen und rechnen können!? Diese Leute verdienen dickes Geld, tragen Verantwortung – aber ich bin der Einzige, der bisher die Verantwortung übernehmen soll."

    In der Tat schrillten mehrfach die Alarmglocken bei der Société Générale. Die Handelsüberwachungsstelle Eurex in Frankfurt schickte beispielsweise zwei Briefe gleich an mehrere Personen und Abteilungen der Bank. Die Antworten kamen langsam und waren vage formuliert. Ist die Bank also, zwar nicht Mittäter, doch aber Mitwisser und deshalb mitschuldig oder zumindest mitverantwortlich für den Milliardenverlust?

    "Jerome Kerviel hat mich belogen ..."

    Mehr wollte sein oberster Vorgesetzter, der für das Investmentbanking zuständige und mittlerweile geschasste Jean Pierre Mustier nicht sagen. Auch dessen Chef, Société Générale-Vorstand Daniel Bouton, musste vier Monate nach der Affäre seinen Hut nehmen. Der Grund: Zu den von Kerviel verspielten knapp fünf Milliarden Euro kamen weitere Milliardenverluste hinzu, weil das Institut sich im Subprime-Sektor verspekuliert hatte. Zudem hatte Bouton mitten in der Krise und bei staatlichen Finanzhilfen ein Aktienoptionspaket als Entlohnung seiner Topmanager akzeptiert und damit die Wut des Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy heraufbeschworen.

    "Wenn man - sicher zu Recht - hoch bezahlt ist und ein großes Problem auftaucht, dann darf man sich nicht aus der Verantwortung ziehen."

    Ohne Sonderleistungen, nur mit seinen 730.000 Euro jährliche Rente ging Bouton in Pension. Damit verfügt Kerviels früherer Chef pro Tag über die Summe, die sein Mitarbeiter nach fünfeinhalb Wochen Untersuchungshaft mittlerweile als Informatiker in einem Kleinbetrieb monatlich verdient: 2.300 Euro! Aber auch als Händler war Kerviel mit 50.000 Euro Jahresgehalt kein Großverdiener: Seine Boni fielen zudem mit 50.000 Euro viel bescheidener aus als die seiner Chefs. Sein letzter Bonus hätte 300.000 Euro betragen können – da jedoch flog sein Roulettespiel auf. Persönliche Bereicherung wirft ihm niemand vor: Kerviel drehte am Rad im Räderwerk – auf seine Weise und - wie er und sein Anwalt Olivier Metzner behaupten - mit Duldung der Bosse.

    "Wir haben sogar die Tonbandaufzeichnungen von dem, was sich auf dem Handelsparkett abspielte. Die belegen das 'laisser faire', die Ermunterung zu Operationen, die jetzt als illegal bezeichnet werden."

    Staatsanwalt Philippe Bourion hatte im Prozess dagegen gehalten und an Kerviels Adresse gesagt, er sei wie ein Dieb, der sage: Natürlich habe ich gestohlen – doch warum haben Sie keinen Wachhund und keine Alarmanlage? Fünf Jahre Haft fordert die Staatsanwaltschaft, davon vier fest hinter Gittern sowie eine Geldstrafe von 375.000 Euro. Die Société Générale, nur Nebenkläger bei diesem Prozess, hat mittlerweile eine Schadensersatzforderung von 4,9 Milliarden Euro gegen Jerôme Kerviel eingereicht – das entspricht der Summe, die die Bank durch die Auflösung der von Kerviel Anfang 2008 eingegangenen Positionen verloren hat. Kerviel hatte auf steigende Aktienindizes gewettet, die Kurse aber fielen noch einige Wochen. Danach wäre er vielleicht wieder in der Gewinnzone gelandet, hätte der Bank womöglich Milliardengewinne beschert!? Dann wäre er wohl ein Held gewesen, die Champagnerkorken hätten geknallt. Zu dumm, aber auch wirklich zu dumm, dass die Bank wegen der US-Immobilienkrise plötzlich zur Offenlegung verpflichtet wurde. Aus diesem Grunde hatten an jenem Januarwochenende 2008 der Vorstand und Verwaltungsrat eigentlich getagt. Sie mussten der Banque de France eine detaillierte Auflistung ihrer Positionen liefern – darunter auch Milliardenverluste durch sogenannte "Subprime"-Spekulationen. Nur so flog auch Kerviel auf. Der Rest ist Geschichte, und die Société Générale schreibt nach 15 schrecklichen Monaten wieder kräftige Gewinne: 2,1 Milliarden Euro waren es in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Die vier Millionen Strafe wegen Verletzung der Kontrollpflicht, die die Bankenaufsicht im Zuge der Kerviel-Affäre der Bank auferlegt hat, sind dagegen "Peanuts". Ob Jerôme Kerviel verurteilt wird, wissen wir morgen - und mit dem Strafmaß wird sich auch zeigen, ob er Täter oder Opfer eines maroden Systems war. Eines Systems, wie es nicht nur in Frankreich existierte, und – wenn nicht alles täuscht – weiterhin existiert. Auch in Deutschland krankten die Banken an falschen Anreizen für ihre Mitarbeiter, an mangelhafter Kontrolle, an Geschäftsmodellen, die mit den Bedürfnissen der Kundschaft nicht mehr viel zu tun hatten. Die Folgen der Finanzkrise sind bekannt: Regierungen und Notenbanken rückten in die Rolle der Bankenretter, um den Geld- und Wirtschaftskreislauf vor dem Stillstand zu bewahren. Was aber ist aus den Versuchen geworden, die Ursachen der Krise zu beseitigen? Die Banken haben bei den Reparaturarbeiten mitgemacht, mal bereitwillig, mal gezwungenermaßen. Etwa bei den Vergütungssystemen. Die waren schnell als eine Ursache der Krise ausgemacht. Denn sie funktionierten nach einem primitiven System, das Männer wie Jerôme Kerviel antrieb: Gewinne wurden mit Geld belohnt. Ob die Gewinne nachhaltig waren, ob sie unter Inkaufnahme hoher Risiken erzielt wurden, war dabei nicht entscheidend. Gewinn aber ist nicht gleich Gewinn, sagt der ehemalige Investmentbanker Kay Michael Schanz. Er lehrt Unternehmensfinanzierung an der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Wenn ein Banker zehn Millionen Euro für sein Institut verdient, dann hat das einen anderen Charakter, wenn er dies durch reine Beratungsfees verdient - als wenn er das im Handel verdient, sprich: das Kapital der Bank riskiert. Und genau dies ist zu berücksichtigen bei der Festsetzung des Bonus. Zweitens müssen die Risiken aus den Büchern sein, wenn der Erfolg einer bestimmten Tätigkeit bemessen wird. Will sagen: Wenn jemand eine Risikoposition noch auf den Büchern hat, dann ist der Erfolg noch nicht nachhaltig erwirtschaftet worden."

    Die elf maßgeblichen deutschen Banken und Versicherungen haben sich verpflichtet, ihre Vergütungssysteme entsprechend auszugestalten. Umgesetzt wurde das weitgehend schon im Jahr 2009. Geblieben aber ist in den Vorstandsetagen das Bewusstsein, zur Klasse der Topverdiener zu gehören, in der man sich Privilegien gönnt. Bei der Hypo Real Estate etwa haben sich drei junge Vorstandsmitglieder wie selbstverständlich fünfstellige monatliche Pensionsansprüche ab dem 60. Lebensjahr gesichert – für zwei Jahre Arbeit. Sie kamen im Jahr 2008 als Sanierer in die Bank, sie haben das Desaster also nicht erzeugt, sondern aufgeräumt. Am Bewusstsein vieler Manager hat sich also wenig geändert und auch nationale Alleingänge, wie sie etwa die deutsche Regierung beschlossen hat, könnten sich als unwirksam erweisen. So ist das Verbot von ungedeckten Leerverkäufen an den Märkten umstritten. Bei diesen Geschäften bietet der Verkäufer Wertpapiere zum aktuellen Preis an, obwohl er sie zu diesem Zeitpunkt gar nicht besitzt. Der Händler spekuliert darauf, dass die Kurse fallen und er die Papiere billiger kaufen kann, als er sie verkauft hat. Das Kalkül: Je tiefer der Kurs fällt, umso größer der Gewinn. Wenn aber mit Aktien von Banken auf diese Weise spekuliert wird, kann das gefährlich werden. Deshalb hat das Bundesfinanzministerium solche Leerverkäufe verboten. Die Banken haben sich bislang auch von dieser Maßnahme wenig beeindruckt gezeigt. Deutsche Bank-Vorstand Josef Ackermann:

    "Ich habe mit den Leerverkäufen kein Problem gehabt, weil das in Deutschland relativ wenig gemacht wird und eigentlich London uns ermuntert hat, es dort weiterzuführen."

    Andere Länder, andere Sitten – die Banken finden also Auswege, sobald Verbote erlassen werden. Und wer soll die Zeche zahlen, wenn es noch einmal zu Übertreibungen kommt, zu denen Männer wie Jerôme Kerviel in der europäischen Bankenwelt beigetragen haben? Für Deutschland wurde eine Bankenabgabe beschlossen, die freilich ihre Wirkung erst auf lange Sicht wird entfalten können. Jährlich sollen 1,2 Milliarden Euro in einen Stabilisierungsfonds für schlingernde systemrelevante Banken fließen. Aber angesichts der fast 30 Milliarden Euro, die der Bund über den Bankenrettungsfonds in Commerzbank, Hypo Real Estate, WestLB und Aareal Bank gepumpt hat - von den Milliarden der Bundesländer für die Landesbanken ganz zu schweigen -, dürfte es lange dauern, bis dieser Fonds eine rettungsfähige Größe hat. Neben der nationalen Bankenabgabe denkt man auf europäischer Ebene momentan noch über eine Finanztransaktionssteuer nach. Auch wenn sich abzeichnet, dass diese derzeit wohl nicht mehrheitsfähig ist, soll sie hochriskante Spekulationen um der Spekulation willen teurer und damit unattraktiver machen. Außerdem sollen Banken mehr als bisher in die Einlagensicherung einzahlen, um ihre Kunden im Falle eines Falles entschädigen zu können. Die Banken müssen auch noch die wohl wichtigste Maßnahme stemmen, die als Lehre aus der Krise international umgesetzt werden soll: Die Erhöhung ihres Eigenkapitals. Mit diesem Kapital sollen Verluste abgefangen werden, wenn Kredite ausfallen und Wertpapierkurse abstürzen. Eine Art Selbstschutz für die Banken aber auch ein Schutzschirm für die Steuerzahler. Gleich, wie hoch die Summe sein wird, die sich die Banken als Sicherheit in den Keller legen müssen: der Gesetzgeber will eines verhindern. Dass nämlich die Eigenkapitalquote die Kreditvergabe bremst und es damit zur befürchteten Kreditklemme käme. So sind die Banken gehalten, frisches Geld an den Finanzmärkten einzusammeln, die Deutsche Bank etwa hat damit bereits begonnen. Der Gesetzgeber ist entschlossen, künftig erstens besser hinzuschauen und zweitens das Risiko für die Allgemeinheit zu verringern. So arbeitet die Bundesregierung an einem speziellen Insolvenzrecht für Banken, damit diese geordnet pleite gehen können und nicht mit dem Verweis auf ihre "Systemrelevanz" gerettet werden müssen. Und: Die Europäer insgesamt haben sich auf ein dreigliedriges Aufsichtssystem geeinigt, das über Banken, Börsen und Versicherungen wachen soll. Viele Versuche also, Zustände zu beseitigen, in denen einzelne Händler à la Kerviel eine ganze Bank an den Rand des Ruins bringen können. Dennoch – den einzelnen Staaten sind Grenzen gesetzt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble:

    "Die globale Welt ist nicht so, im Jahre 2010 nicht, ich fürchte: auch noch nicht im Jahre 2020, dass wir alles, was wir für Deutschland richtig und wünschenswert halten, global vereinbaren können."

    Neue Bonus-Systeme, Verbot von ungedeckten Leerverkäufen, Abgaben für zukünftige Rettungsfonds, höhere Eigenkapitalquote, Umbau der Bankenstruktur, effektivere Aufsichtssysteme – an vielen Stellschrauben des internationalen Bankensystems wird gedreht. Wenn morgen das Urteil gegen Jerôme Kerviel verkündet wird, dann saß im Verlauf des Prozesses dieses Bankensystem mit auf der Anklagebank. Der Hauptbeschuldigte selbst vertritt die Auffassung – und hat dies in seinem Buch "Räderwerk" beschrieben - dass sich an den Zuständen in diesem System, bei allem Bemühen des Gesetzgebers, wenig geändert habe. Für ihn selbst wird die Sache in jedem Fall Konsequenzen haben. Denn die Einrichtung fiktiver Konten und das Fälschen von E-Mails hat er gestanden – für die Milliardenverluste, die er der Société Générale beigebracht hat, sieht er andere in der Verantwortung. In seinem Heimatdorf Pont l'Abbé jedenfalls genießt Kerviel den Ruf eines Helden.