Carsten Schneider war 14 als die beiden deutschen Staaten wieder zusammenkamen. Dem Thüringer, der für die SPD im Bundestag sitzt, ist es heute wichtig, "nicht nur so ein Klagelied zu zeichnen." Denn: Dafür gebe es keinen Grund. "Wir haben extrem viel persönliche Freiheit gewonnen. Wir haben ein starkes wirtschaftliches Fundament im Osten, tolle Städte und Dörfer."
Anders als in den 90er Jahre
2018 erreicht die Wirtschaftskraft im Osten 75 Prozent des Westniveaus. Zum Vergleich: 1990 waren es 43 Prozent. Arbeitslos waren im vergangenen Jahr knapp 7 Prozent der Ostdeutschen und knapp 5 Prozent der Westdeutschen. Die Wirtschaft brummt, es werden Fachkräfte gesucht.
Das sah in den 1990er Jahren ganz anders aus. Die Abwicklung vieler Betriebe im Osten hatte die Arbeitslosigkeit stetig steigen lassen, bis auf über 17 Prozent im Osten. Im Westen lag die Quote zwischen 8 und 9 Prozent.
Es gibt reichlich Baustellen
Der Ostbeauftragte der CDU, Christian Hirte sieht bis heute das Problem: "Zur Situation in Ostdeutschland gehört, dass wir strukturell ländlicher aufgestellt sind, dass uns aber auch die ganz großen Unternehmen fehlen, mit ihren Konzernzentralen."
Fehlenden Jobs und die schlechtere Bezahlung führten dazu, dass viele Auszubildende, Berufsanfängerinnen und Erwerbstätige ihrer ostdeutschen Heimat den Rücken kehrten. Das waren zwischen 1991 und 2006 knapp 1 Mill. Menschen. Erst 2015 konnte der Trend gestoppt werden.
Begeisterung sieht anders aus
Von der Euphorie der Wiedervereinigung ist nicht viel geblieben. Über die Hälfte der Ostdeutschen fühlt sich als Bürger zweiter Klasse. Und nur ein reichliches Drittel hält die Wiedervereinigung für gelungen.
Reiner Haseloff, Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, sieht wirtschaftliche Gründe für die Unzufriedenheit: Löhne und Renten müssten endlich Westniveau erreichen. Und: Die Menschen müssten wieder enger zusammenrücken:
"Besuche organisieren, Menschen reden lassen. Es geht darum, den Osten transparenter zu machen und rüberzubringen, dass wir hier ebenfalls ein Stück Deutschland waren. Wir wollten die deutsche Einheit. Wir sind mit wehenden Fahnen da reinmarschiert."
Und was erreicht wurde seit dem, sollte erzählt werden. Nicht nur aus Westsicht.