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Tag der Epilepsie

Medizin. - Der 5. Oktober ist Tag der Epilepsie. An diesem Tag bekommt eine Erkrankung Aufmerksamkeit, die gerade hierzulande sehr verschwiegen wird. Dabei ist die Epilepsie eine Volkskrankheit, mit 600.000 bis 700.000 Betroffenen so häufig wie Diabetes und Gelenkrheuma. Den meisten helfen Medikamente, ihre Krankheit in den Griff zu bekommen. Doch bei rund 30 Prozent wirken die gängigen Mittel nicht, aus bisher unbekannten Gründen. Nun gelang es Forschern von der Epilepsieklinik in Bonn, Licht in dieses Dunkel zu bringen. Dabei hatten sie einen ungewöhnlichen Helfer: Nylonstrümpfe.

    Bei Epilepsie-Patienten, denen Medikamente nicht helfen können, ist oft eine Operation die einzige Hoffnung, bei der Chirurgen das Gewebe entfernen, das die epileptischen Anfälle verursacht. Aber eine Operation kann zu riskant sein, wenn das Anfallszentrum zu nah an wichtigen Hirngebieten liegt. Das bei Operationen entfernte Gewebe dient den Forschern auch dazu, mehr über die Krankheit zu erfahren. Heinz Beck, Wissenschaftler an der Bonner Epilepsieklinik, untersucht das kranke Hirngewebe, das er in einer speziellen Kammer lagert. Dort umspült eine künstliche Hirnflüssigkeit die entfernten Gewebe und hält sie am Leben, erklärt Beck: "Man kann die Schnitte, wenn sie entfernt wurden, auf ein Netz legen, dann wird dieser Schnitt nur von einem dünnen Film Nährlösung umspült." Zwölf bis 24 Stunden ließe sich das Hirngewebe so am Leben erhalten. Als Material für die Netze hätten sich Nylonstrümpfe bewährt, sagt Beck: "Getragene sind am besten. Die Verwaltung wundert sich immer, dass wir Damenstrumpfhosen über unsere Verbrauchsmitteletats bestellen."

    In den überlebenden Hirnschnitten kann Beck Messungen an den Membranen der einzelnen Nervenzellen durchführen. Die so genannten Ionenkanäle in den Zellmembranen sind möglicherweise verantwortlich für die unkontrollierte Aktivität in einem Anfallszentrum, deshalb setzen auch die meisten Epilepsie-Medikamente hier an. Ein solches Anti-Epileptikum ist Carbamazepin. Heinz Beck fand heraus, warum das Carbamazepin bei einigen Patienten versagt. Offenbar ist dann der Ionenkanal im Anfallszentrum so verändert, dass das Medikament nicht angreifen kann, erläutert Beck: "Das ist ein interessanter Befund, weil es bedeutet, dass möglicherweise Veränderungen direkt am Wirkungsort der Anti-Epileptika dafür verantwortlich sind, dass Substanzen bei einzelnen Patienten nicht mehr wirken." Wenn man herausfände, wie die Ionenkanäle verändert sind, ließe sich vielleicht eine Substanz entwickeln, die diesen veränderten Ionenkanal blockiert, hofft Beck.

    [Quelle: Kristin Raabe]