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Tag Eins des Irak-Krieges

Mit einer gezielten Aktion gegen wichtige Ziele im Irak hat heute das militärische Bemühen um einen Regimewechsel im Irak begonnen. Die Streitkräfte der USA haben mit rund 40 Marschflugkörpern Einrichtungen angegriffen, in denen sich nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes CIA Saddam Hussein und weitere führende Vertreter des Irak aufgehalten haben sollen. Wir wissen nicht genau, welchen Erfolg diese Mission hatte. Der TV-Auftritt Saddam Husseins einige Stunden später wirkte für viele nicht überzeugend. War das vorher aufgezeichnet? War es ein Doppelgänger? Oder zeigte die Mine Saddam Husseins doch tiefe Betroffenheit, was darauf hindeuten könnte, dass einige aus der Führungsmannschaft getroffen wurden? Oder war es ein Fehlschlag? Jedenfalls war die Information, die die CIA hatte, für US-Präsident Bush doch so überzeugend, dass er seine bisherige Strategie, mit einem vehementen Angriff die irakische Führung zu schockieren, zu Gunsten der Chance, gleich ins Mark der irakischen Staatsspitze zu treffen, aufgegeben hat. Und das ist sicherlich das, was an diesem Abend als ein Ergebnis übrig bleiben kann: Wenn die Erkenntnisse des US-Geheimdienstes richtig waren, dann ist es für Saddam Hussein ein Signal, dass die Geheimdienstler sehr nah an die Spitze des Irak herangekommen sind. Dies könnte Misstrauen in der Führungsmannschaft säen, und dieses Misstrauen könnte zu weiteren Fehlern in der Spitze führen und den USA einen zumindest psychologischen Vorteil verschaffen. Also hatte in diesem Sinn der Angriff der vergangenen Nacht durchaus einen auch militärischen Sinn. Nun steht aber der eigentliche Krieg noch bevor, dies war nur ein Vorspiel. Wie kann der Krieg gegen den Irak aussehen?

Thomas Meuter |
    Die amerikanisch-britische Operation gegen den Irak, an dem rund 280.000 Soldaten teilnehmen, wird in die Militärgeschichte eingehen. Nach einer Planungsphase, die über ein Jahr dauerte, haben die US-amerikanischen Streitkräfte auf ein neues militärisches Moment gesetzt. Das Zauberwort in diesem neuen Blitzkrieg heißt "Gleichzeitigkeit der militärischen Operationen." Nach den Plänen des US-Militärs sollen innerhalb nur weniger Tage rund 80 Prozent des irakischen Gebiets erobert sowie die gegnerischen Streitkräfte vernichtend geschlagen und zu keiner Handlung mehr fähig sein.

    Dies ist ein völlig neues Konzept, an dessen Realisierung schon längere Zeit seitens der amerikanischen Streitkräfte gearbeitet wird. Die bisher angewandte Strategie einer schrittweisen Zerschlagung der gegnerischen Streitkräfte und ihrer Kommandostruktur hat sich in der Mediengesellschaft dieser Tage zeitlich zu langwierig erwiesen. Während des Golfkriegs 1991 wurden wochenlange Luftangriffe gegen erkannte militärische Stellungen, Truppenverbände und Schlüsselpositionen des Gegners geflogen. Erst nach diesen Luftschlägen wurden Bodentruppen eingesetzt.

    Doch diese Zeit haben die amerikanischen und ihre verbündeten Streitkräfte nicht. Die Weltöffentlichkeit will keinen Krieg und schon gar keinen, der länger andauern könnte. Außerdem hätte das irakische Militär bei einem länger andauernden Konflikt die Möglichkeit, die Ölfelder im Süden und Norden des Landes anzuzünden und damit einen Zugriff der westlichen Streitkräfte auf sie unmöglich zu machen. Dieses Risiko wollen das Pentagon und das britische Verteidigungsministerium auf keinen Fall eingehen. Somit wurde der Faktor Zeit bei der Planung dieses Krieges gegen den Irak zu einem der wichtigsten Faktoren und letztlich zum zentralen Element einer neuen, modernen Blitzkriegführung.

    Der Blitzkrieg gegen den Irak soll nach den Vorstellungen der US-amerikanischen und britischen Militärstrategen in verschiedenen, aber nahezu zeitgleich aufeinander folgenden Phasen geführt werden. Ziel ist es, die irakischen Streitkräfte in den ersten Stunden des Krieges ihrer militärischen Führungsfähigkeit zu berauben, einen Großteil ihrer militärischen Ausrüstung zu zerstören und Truppenbewegungen unmöglich zu machen. Ferner beabsichtigen die amerikanischen und britischen Truppenführer alle entdeckten Lagerstätten oder Depots, in denen B- oder C-Waffen vermutet werden, mit gezielten Luftschlägen in den ersten Phasen des Krieges auszuschalten, um einen Einsatz dieser Waffen gegen amerikanische Truppen unmöglich zu machen. So sollen schon unter den harten militärischen Schlägen der ersten Angriffswellen das irakische Regime und seine Streitkräfte erkennen, dass jeglicher Widerstand zwecklos ist.

    In der ersten Phase des Krieges werden alle noch vorhandenen Luftverteidigungsstellungen und Radaranlagen des irakischen Militärs mit Marschflugkörpern, sog. Cruise Missiles, des Typs BGM-109 Tomahawk angegriffen werden. So soll die irakische Luftverteidigung und die militärische Luftraumüberwachung außer Gefecht gesetzt werden. Diese Marschflugkörper werden von amerikanischen Lenkwaffenzerstörern, Fregatten, U-Booten und Flugzeugen gegen Ziele im Irak abgefeuert werden.

    Das von dem US-Konzern Raytheon entwickelte Waffensystem ist mit einem hochpräzisen Satelliten- und Trägheitsnavigationssystem ausgerüstet und trifft die Ziele in einer Entfernung von 1.100 Kilometern noch sehr genau. Selbst ein einzelnes Haus in einer dichtbebauten Stadt kann dieser Marschflugkörper exakt finden und treffen. Auch verbunkerte Ziele sind mit der 880 km/h schnellen Cruise Missile zu bekämpfen.

    Die USA investierten in den letzten zwei Jahren erhebliche Summen in die Entwicklung eines genaueren Navigationssystems dieser Waffen und beschafften weit über 1.000 Exemplare dieser Lenkwaffe in der neusten Generation. Der Preis liegt bei rund einer Mio. Dollar pro Stück. In den ersten Stunden der nächsten Kriegsphase werden vermutlich weit über 200 Lenkwaffen dieses Typs zum Einsatz kommen und die Speerspitze des Angriffes bilden.

    Um die Effizienz dieser Waffe beobachten zu können, kreisen über den Zielgebieten zahlreiche Drohnen. Es werden hierzu die Aufklärungsdrohne Predator und die Langstreckendrohne Global Hawk eingesetzt. Beide Drohnen verfügen über eine hochauflösende Tages- und Nachtsichtoptik, die es ermöglicht, Bilder aus großer Höhe über einem Zielgebiet aufzunehmen und diese Aufnahmen an ein Kommandozentrum zu übertragen. Dort können die Aufklärungsergebnisse direkt in die weitere militärische Planung einbezogen werden.

    Selbst bei schlechtem Wetter oder bei Sandstürmen kann die Aufklärungsdrohne Global Hawk mit ihrem an Bord befindlichen Radargerät den Boden abtasten und die auf diese Weise entstehende Bildsequenzen an US-Gefechtsstände oder Kommandozentralen weiterleiten. Diese Aufklärungssysteme können Gegenstände von der Größe eines Esstellers aus einer Höhe von über 20 Kilometern sicher ausmachen und fotografieren.

    Diese fliegenden Augen der US-Streitkräfte sind sehr schwer mit Radar zu orten und können bis zu 48 Stunden in der Luft bleiben. Mit großem Erfolg sind diese beiden Drohnentypen von den US-Streitkräften schon während der Operation Anaconda in Afghanistan gegen Al Kaida-Stellungen eingesetzt worden.

    Die amerikanischen Streitkräfte überwachen schon seit Jahren die Flugverbotszone über dem Irak mit derartigen Aufklärungsdrohnen und setzten sie auch bei der Suche nach möglichen Abc-Waffenverstecken über dem irakischen Luftraum ein. Unmittelbar nach dem ersten Luftschlag durch die eingesetzten Cruise Missiles setzt der zweite Teil der ersten Phase ein. Hierbei kommen die Bomber-Typen B-2 Spirit, B-52 und der F-117 Stealthfighter zum Einsatz. Diese Bomber werden neben den Lenkwaffen BGM 109 auch GPS-gesteuerte Bomben des Typs JADAM (Joint Direct Attack Munition) mitführen und auf hochwertige Ziele werfen.

    Als Hochwertziele werden unter anderem militärische Kommunikationseinrichtungen, Nachschubbasen, Flugplätze und Munitionsdepots bezeichnet. Bei der JADAM handelt es sich um nachgerüstete konventionelle Sprengbomben, die eine Steuerungseinheit erhalten haben. Diese Steuerelemente ermöglichen es, die Bombe sehr genau auf ein vorher festgelegtes Ziel zu steuern. Die Bomben können auch Panzerfahrzeuge oder militärische Stellungen zwischen zivilen Gebäuden mit einer sehr hohen Sicherheit treffen.

    Zu den besonders wichtigen Zielen gehören die Paläste und möglichen Verstecke des irakischen Diktators. Gegen diese meist stark verbunkerten Ziele setzt die US Air Force spezielle bunkerbrechende Bomben des Typs Guided Bomb Unit-28 (GBU-28) ein. Diese Bombe ist in der Lage, selbst tiefliegende Bunkeranlagen bis zu 33 Meter unter der Erde zu erreichen und zu vernichten.

    In dieser Angriffswelle wird auch eine ganze Reihe neu entwickelter und nicht tödlicher Waffen zum Einsatz kommen. Dazu gehören Elektrobomben, E-Bomben, die einen elektromagnetischen Impuls auslösen und so Stormverbindungen unterbrechen. Ebenso werden Grafitbomben eingesetzt, die beim Abwurf über Umspannungswerken oder Transformatorstationen Kurzschlüsse hervorrufen und Stromverbindungen unterbrechen.

    Nach der ersten Phase des Feldzuges werden Luftlandetruppen der amerikanischen 101. Luftlandedivision aus Kuwait die irakischen Ölfelder in einem Handstreich besetzen und gegen eine Zerstörung von irakischen Truppen sichern.

    Die Luftlandeeinheiten werden mit Hubschraubern zu ihren Zielen gebracht. Sie sollen nicht mit dem Fallschirm abspringen. Schon jetzt im Irak operierende Spezialeinheiten haben bereits wichtige Landungsplätze gesichert oder ausgekundschaftet. Ferner sollen wichtige Flugplätze und andere strategisch wichtige Schlüsselpositionen des Irak besetzt werden. Dabei werden die Luftlandetruppen durch Kampfhubschrauber und Jagdbomber unterstützt, die jeglichen gegnerischen Widerstand sofort aus der Luft bekämpfen. Über ein ausgeklügeltes Kommunikationssystem sind die Luftlandetruppen mit den Jagdbomberführungsstellen verbunden und können bei Bedarf Luftunterstützung anfordern.

    Sind die wichtigsten militärischen Schlüsselpositionen aus der Luft genommen, organisieren diese Truppen unmittelbar danach die Aufnahme des dann eintreffenden Nachschubs und neuer Truppen. Insbesondere im Norden des Iraks werden Luftlandetruppen zum Einsatz kommen, nachdem die Türkei die Stationierung von Bodentruppen, die dann in den Irak einrücken könnten, auf ihrem Territorium nicht genehmigt hat.

    Unterstützt werden die amerikanischen und britischen Truppen durch speziell umgebaute Herkules C-130 Maschinen, die in der Lage sind, ein Fernsehprogramm auszustrahlen. Mit dieser Art des Information Warfare ist es möglich, die Meinungsbildung der irakischen Bevölkerung und Truppen zu beeinflussen und gezielte Desinformation zu betreiben. Vermutlich werden diese fliegenden amerikanischen Radio- und Fernsehstationen die einzige Informationsquelle für die irakischen Streitkräfte und das Volk nach der Zerstörung der staatlichen Fernseh- und Radiosender sein.

    Unmittelbar nach dem erfolgreichen Einsatz der amerikanischen Luftlandetruppen wird von den Stützpunkten in Kuwait und Saudi Arabien die 3. amerikanische Infanteriedivision mit ihren schnellen Panzerverbänden von Süden her den Angriff auf die Hauptstadt Bagdad beginnen. Diese Truppen sind mit Kampfpanzern des Typs M1, A2 und mit dem Schützenpanzer Bardley 2 ausgerüstet. Unterstützt werden diese schnellen Einheiten bei ihrem Vorstoß durch Hunderte von Kampfflugzeugen und Kampfhubschraubern, die ihnen den Weg nach Bagdad freikämpfen werden.

    Zu diesem Zeitpunkt rechnet die amerikanische und britische Führung nicht mehr mit starker irakischer Gegenwehr. Diese dürfte durch die klare Luftüberlegenheit der Amerikaner und Briten schon von Beginn an wenig erfolgreich sein. Ziel dieser über 100.000 Mann starken und von Generalmajor Buford Blount geführten Truppen ist es, so schnell wie möglich das nur 500 km entfernte Bagdad zu erreichen und die dort befindlichen sieben Verteidigungsringe der Iraker zu durchbrechen. Ziel der Einheiten ist das Stadtzentrum der irakischen Hauptstadt.

    Nahezu zeitgleich sollen rund 60.000 Soldaten von der Türkei aus in den Nordirak einmarschieren, sofern doch noch die politische Zustimmung aus Ankara erteilt wird. Wenn die Zustimmung nicht oder nicht rechzeitig kommt, werden die Truppen auf dem Luftwege zu ihren Zielen im Nordirak verbracht werden müssen.

    Die Operationsplanung der US-Streitkräfte hat natürlich auch Risiken. Eine der größten Gefahren für die amerikanischen und englischen Streitkräfte dürften immer noch die im irakischen Besitz befindlichen Mengen an Giftgas sein. Tabun, Sarin, VX und Soman gehören zur C-Waffenausstattung des Iraks. Rund 8.000 Tonnen dieser Kampfgase hat der Irak in den letzten Jahren erfolgreich vor den UN-Inspekteuren versteckt. Militärexperten sind sich sicher, dass ein Großteil dieser C-Waffenmunition noch immer einsatzbereit ist und eine sehr große Gefahr für einen Angreifer bedeutet.

    Werden diese C-Waffen eingesetzt, so wird die begonnene Boden-Operation wahrscheinlich zunächst ins Stocken geraten. Die Aufwendungen zum Schutze der Soldaten sind sehr hoch. In den ABC-Schutzanzügen können die Bodentruppen nur sehr kurze Zeit bei hohen Temperaturen kämpfen. Ferner ist die Bewegungsfreiheit der Soldaten stark eingeschränkt. Wird der Schutzanzug bei Kampfhandlungen beschädigt, so bedeutet dies meist den sicheren Tod des betroffenen Soldaten.

    Ein weiteres Problem für die angreifenden Truppen ist die sehr schnelle und genaue Lokalisierung von eventuell eingesetzten B- oder C-Kampfstoffen. Die USA verfügen zum Aufspüren dieser Waffen über den aus Deutschland stammenden ABC-Spürfuchs.

    Weiter könnten von den Luftschlägen getroffne B- und C-Waffenlager zu einem möglichen Problem für die Bodentruppen werden, wenn eine Freisetzung dieser Kampfstoffe erfolgt und diese durch Wind unkontrolliert über große Flächen verteilt werden. Ähnliche Probleme hat es bereits während des ersten Golfkrieges gegeben.

    Ein weiteres Problem stellen mit Sicherheit die um Bagdad angelegten Minensperren für die Bodentruppen da. Nach Bagdad führt von Süden aus eine Hauptstraße. Die möglichen Zugangswege sind vermutlich von den irakischen Streitkräften vermint worden, um einen Angreifer aufzuhalten. Diese Sperren sind einfach zu verlegen und in der Wirkung hoch effektiv. Die amerikanischen und britischen Streitkräfte verfügen nur über sehr wenig meist unzureichendes Minenräumgerät, um Minenfelder unter Kampfbedingungen schnell und ohne große Verluste zu überwinden. Geraten Soldaten in ein Minenfeld und kurz darauf unter Beschuss, sind die Verluste meist sehr hoch, da jede Bewegung zu einem lebensgefährlichen Schritt wird.

    Ebenfalls sehr verlustreich kann der Kampf im bebauten Gelände, sprich in Dörfern oder Städten, werden. Hier sind die technischen Vorteile der Angreifer zwar immer noch sehr groß, besonders bei Nachtangriffen, aber ein Verteidiger hat es immer leichter, da er das Gelände, das er verteidigt, immer besser kennt als sein Kontrahent. Der Kampf um jedes Gebäude und Haus ist sehr zeitaufwendig und kann große Verluste hervorrufen. Eine Feuerunterstützung durch schwere Waffen ist in diesen Kampfszenarien nicht möglich, da Kollateralschäden unkalkulierbar sind - also die Anzahl der Opfer und die Schäden der Infrastruktur.

    Auch können Häuser bei derartigen Kämpfen vermint sein und zu tödlichen Fallen für einen Angreifer werden. Erfahrungen mit dieser Art der Kriegführung haben die GIs bereits bei der UN-Mission in Somalia Anfang der neunziger Jahre machen müssen, als sie in einem Stadtkampf über 1.800 somalische Angreifer töteten - bei 18 eigenen Opfern.

    Eine hohe Gefahr besteht bei solchen Operationen immer darin, dass eigene Einheiten und Truppen beschossen werden. Trotz modernster Führungs- und Aufklärungstechnologien kommt es bei Kämpfen immer wieder vor, dass eigene Einheiten sich gegenseitig beschießen. So forderte das sog. "Friendly Fire" im letzten Golfkrieg 35 Menschenleben von US-Soldaten, die von ihren eigenen Kameraden beschossen wurden.

    Auch sich ergebende irakische Truppen könnten zu einem möglichen Problem werden. Diese müssen versorgt und bewacht werden. Hierzu wollen die US-Truppen zentrale Auffanglager errichten, damit eine Versorgung der irakischen Soldaten nach humanitären Grundsätzen stattfinden kann. Der Vormarsch auf die irakische Hauptstadt soll nicht dadurch verzögert werden, dass man sich tagelang um eine hohe Zahl der Kriegsgefangenen kümmern muss.

    Die irakische Armee umfasst zur Zeit rund 350.000 Soldaten. Hinzu kommen noch paramilitärische Einheiten, die noch einmal rund 100.000 Mann umfassen. Im Pentagon rechnen viele Experten damit, dass ganze irakische Divisionen schon nach den ersten schweren Bombenangriffen überlaufen. Ferner werden irakische Kommandeure mit hohen Geldsummen belohnt, wenn sie ihre Truppen bei der Annäherung von US-Verbänden zur Niederlegung ihrer Waffen bewegen können. Um diesen Vorgang der Truppenzersetzung zu beschleunigen, wurden schon gestern und werden mit den Bombenangriffen der ersten Phase auch Flugblätter abgeworfen, auf denen erklärt ist, was den irakischen Soldaten erwartet, wenn er die Waffen streckt und sich ergibt. Auch ist erläutert, was passiert, wenn er es nicht macht.

    Durch diese Art der Aufforderung, die Waffen zu strecken, erhoffen sich die US-Streitkräfte ähnliche Erfolge wie 1991. Damals ergaben sich kampflos weit mehr als ein Drittel der irakischen Streitkräfte der internationalen Allianz.

    Was kann Saddam Hussein dagegen machen? Wir hören, dass er ständig seinen Aufenthaltsort wechselt, manchmal auch während der Nacht. So ist es den USA nicht möglich, in der doch recht langen Zeit von der Kenntniserlangung des Aufenthaltsorts über die Entscheidung zum Angriff, die Programmierung der Marschflugkörper und deren Flugzeit bis zum tatsächlich erfolgten Schlag sicher zu sein, dass er noch am Zielort ist. Oder: Es gibt Gerüchte, dass sich Saddam Hussein nicht mehr in den Präsidentenpalästen aufhält sondern in einfachen Privatwohnungen in Wohnblocks in Bagdad. Dort ist er schwer auszumachen und noch schwerer anzugreifen, weil ein ganzes Wohnhaus oder gar Wohnviertel nicht attackiert werden kann, ohne die noch verbliebene internationale Unterstützung gänzlich zu verlieren. Und wann ist Saddam Hussein nicht mehr an der Macht? Wann ist der Regimewechsel vollzogen? Reicht es dafür aus, dass Saddam Hussein einfach nicht mehr da ist? Oder muss man ihn körperlich festnehmen? Das sind die Fragen, die uns in den nächsten Tagen beschäftigen werden. Der Krieg hat heute begonnen, aber die große Schlacht steht noch bevor.