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Talsohle überwunden

Heute am Freitag (16.6.) findet in der Halle Münsterland die Jahreshauptversammlung der Westfleisch mit Sitz in Münster statt. Die Fleischwirtschaft hat harte Zeiten hinter sich. Skandale, aber auch veränderte Verzehrgewohnheiten der Verbraucher drückten auf die Preise. Die Vermarkter mußten sich viel einfallen lassen, um die Verbraucher zurückzugewinnen. Gleichzeitig stehen sie in dauerndem Wettbewerb mit anderen Anbietern in der EU und starken Drittländern, wie den USA. Die Westfleisch ist wieder im Aufwind. In diesem Jahr konnte Geschäftsführer Dr. Helfried Giesen auf ein deutliches Plus in der Bilanz des Unternehmens verweisen.

von Annette Eversberg |
    Dr. Helfried Giesen: "Westfleisch hat nach Jahren der Auseinandersetzungen mit den Folgen der Schweinepest in Europa, aber auch den Einbrüchen rund um BSE in 1999 ein ordentliches Ergebnis produzieren können. Wir werden in unserer Bilanz ein Ergebnis ausweisen von 2,3 Millionen Überschuß. Westfleisch ist wieder dividendenfähig."

    Noch stärker gestiegen ist der Absatz. Es wird wieder mehr Fleisch gegessen. Auch 1999 hielt der Aufwärtstrend weiter an. Für die Westfleisch spielte dabei das Schweinefleisch eine wichtige Rolle. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden 12,3 Prozent mehr Schweine geschlachtet, als im Jahr zuvor. Damit konnte der Marktanteil der Westfleisch erhöht werden, denn die Schlachtzahlen von 43,2 Millionen Schweinen blieben gegenüber dem Vorjahr gleich. Dies zahlte sich - so Helfried Giesen - auch für die Produzenten aus.

    Dr. Helfried Giesen: "Zunächst einmal, das ist ja eine Debatte, die sehr häufig in den letzten Jahren geführt worden ist, haben wir den vertraglich gebundenen Schweinemästern im letzten Jahr 2 Pfennige mehr zahlen können, als das andere Vermarktungswege tun konnten. Das ist ein Vorteil für die Vertragspartnerschaft, die sich in Westfalen gut entwickelt hat. Im laufenden Jahr sind es alle Schweinemäster, die von Januar bis heute mehr bekamen. Pfingsten zeigte ja einen Schweinepreis von fast 3 DM gegenüber einem doch fast bei 2 DM einer Mark geringeren Preis zu Jahresbeginn."

    Besonderes positiv hat sich das Exportgeschäft ausgewirkt. Obwohl die deutsche Fleischwirtschaft auch dadurch belastet wurde, daß Ausfuhrerstattungen für Geschäfte in Drittländer aufgrund von Entscheidungen der EU zurückgefordert wurden. Seit Januar 99 ist das Rußlandgeschäft wieder angelaufen. Und der Markt in Fernost boomt, auch aus der Sicht der Westfleisch. Der Grund ist hier der starke Dollar. Von diesem Boom profitiert auch der Absatz von Rindfleisch. Obwohl die Schlachtungen zurückgegangen sind, hat sich die Nachfrage nach Rindfleisch stabilisiert. Es wird ebenfalls wieder mehr Rindfleisch gegessen. Nicht nur als Frischfleisch, sondern auch in Form sogenannter Convenienceprodukte, wie Steaks oder Kalbsschnitzel. Dieser Conveniencebereich gilt - so Helfried Giesen - als großer Wachstumsmarkt. Nicht nur in Deutschland:

    Dr. Helfried Giesen: "Wir haben vor wenigen Wochen eine Entscheidung gefällt, eine 100prozentige Tochtergesellschaft in Polen zu gründen, die FVZ-DD-Polska in der Nähe von Kattowitz. Wir sehen in Polen einen außerordentlich schnell nach vorne sich entwickelnden Markt mit solchen Convenienceprodukten. Ähnlich wie hier für die Hotellerie, Restaurants, für die Versorgung in Kantinen und ähnlichen Gelegenheiten, wo man außer Haus verzehrt."

    Die Muttergesellschaft ist die FVZ-Westfood, ein erstes Gemeinschaftsunternehmen von Nordfleisch und Westfleisch. Die Gründung liegt nun eineinhalb Jahre zurück, und bereits jetzt ist das Unternehmen Marktführer in der Versorgung von Kantinen mit Convenienceprodukten bei einem Umsatz von 65 Millionen DM. Damit hat sich die Kooperation bewährt. Doch dabei soll es nicht bleiben. Die Bemühungen von Nordfleisch und Westfleisch um eine Fusion schreiten weiter voran. Nachdem bisher kartellrechtliche Probleme im Vordergrund standen, hält Westfleischgeschäftsführer Helfried Giesen diese für weitgehend ausgeräumt. Weil auch das Kartellamt die Fusion von Warengenossenschaften auf anderen Gebieten bereits genehmigt hat.

    Dr. Helfried Giesen: "Wir sind im Moment in der Bewertung von Standorten, schauen uns in einem Bilanzvergleich noch einmal die Zahlen an, wir treffen in den nächsten Wochen mit dem in Hamburg neu zusammengesetzten Vorstand zusammen. Und wollen bis in den September hinein zu einer einvernehmlichen und grundlegenden Entscheidung kommen."