Das sieht aus wie in einer Mondlandschaft. Man hat große Probleme mit der Hitze. Also einmal die Sonneneinstrahlung von oben, von unten geothermale Energie. Dazu kommt der starke Wasserdampfausstoß aus den Fumarolen, was sich mit Säuren mischt, also Schwefelwasserstoff. Man hat zum Beispiel den Effekt, wenn man sich irgendwo hinsetzt, dass einem die Hosen verätzen, weil Schwefelsäure sehr stark auf diese Gewebe wirkt. Man sollte sich also dort nicht zu lange irgendwo niederlassen.
Was hier klingt wie der Vorhof der Hölle, ist der aktive italienische Vulkan Solfatara, im Südwesten von Neapel. Schwaden von Dampf, die nach faulen Eiern stinken, umhüllen den Krater. Durch Poren im Gestein bahnen sich heiße Gase aus dem Erdinneren den Weg ins Freie. Fumarole nennen die Fachleute diese Öffnungen. Am Solfatara strömt aus ihnen mit ziemlichem Druck ein 150 Grad Celsius heißes Gemisch aus Wasserdampf, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff. Christian Bohling hat einen geochemischen Sensor entwickelt, der die Ausdünstungen des Vulkans analysiert.
Das Besondere an diesem Sensor ist, dass man ihn richtig in die Fumarole einführt, also richtige In-situ-Messungen durchführt, und dass diese laserspektroskopischen Messungen zeitgleich erfolgen, also dass man wirklich misst, was jetzt in diesem Moment für eine Gaskonzentration in dieser Fumerole ist.
Ein weiterer vielleicht entscheidender Vorteil des neuartigen Vulkanfühlers: Dank seines simplen Aufbaus ist er wesentlich preiswerter als herkömmliche Massenspektrometer, wie sie zum Beispiel in Japan für die Analyse von Fumerolengasen eingesetzt werden.
Vom Prinzip nimmt man eine Glasfaser, entfernt sämtliche Schutzhüllen, die dafür sorgen, dass das Licht normalerweise gut geleitet wird, in dieser Glasfaser. Und bringt die Glasfaser direkt in Kontakt mit dem Gas, das man untersuchen möchte. Jetzt bringt man Licht durch die Glasfaser und schaut sich am Ende an, wie viel Licht kommt zurück. Und je nachdem wie verkleinert mein Lichtsignal am Ende ist, kann ich sagen, so und soviel Gas war vorhanden.
Der armdicke zylindrische Sensor besteht im wesentlichen aus mehreren Metern Glasfaserkabel, das wie auf einer einlagigen Garnrolle aufgewickelt ist. Das durch die geschälte Glasfaser laufende Laserlicht spürt sozusagen, was in seiner Umgebung vor sich geht - Evaneszentfeldsensorik heißt das im Fachjargon. Durch Änderung der Farbe des Laserlichtes in der Faser können die Forscher dadurch ein ganzes Absorptionsspektrum aufnehmen, dessen charakteristische Signaturen die Konzentration der einzelnen Fumerolengase verraten.
Die großen Probleme zum Beispiel mit Massenspektrometern und Gaschromatographen, die heute schon eingesetzt werden für solche Quellen, sind eben, dass diese korrosiven Gase, die da austreten, diese Geräte zerstören. Und diese Geräte kosten sehr viel Geld.
Bei ersten Testmessungen mit ihrer vergleichsweise preiswerten Alternative am Solfatara konnten Christian Bohling und seine Kollegen zeigen, dass ihr Fasersensor über Tage hinweg verlässlich die Kohlendioxid-Konzentration in einer Fumarole bestimmen kann. Bevor das Gerät Teil eines Eruptions-Frühwarnsystems werden kann, muss aber erst noch die Empfindlichkeit gesteigert werden. Die Forscher glauben, dass das durch eine simple Verlängerung der verwendeten Glasfaserkabel gelingen könnte.
Momentan können wir messen: Ist CO2 da, ist viel da, ist wenig da. Aber wir können keine kleinen Konzentrationsschwankungen messen. Aber wir arbeiten dran.
Wenn die Deutsche Forschungsgemeinschaft das beantragte Folgeprojekt bewilligt, wollen die Wissenschaftler aus Clausthal in einem nächsten Schritt die Daten ihres Sensors mit denen anderer geochemischer und seismischer Sensoren am Vulkan koppeln. Dazu soll bis Ende des Jahres eine feste Messstation am Solfatara eingerichtet werden. Den kombinierten Datenpool wollen die Forscher dann nach verlässlichen Alarmsignalen für einen bevorstehenden Ausbruch durchforsten. Wie genau diese aussehen könnten, ist allerdings noch ziemlich unklar. Denn aufgrund der schwierigen Messbedingungen ist die Veränderung der Fumarolengase vor einer Eruption bislang weitgehend unerforscht. Es gibt mehr Vermutungen als gesichertes Wissen.
Das sind etwa 150 Grad heiße Wasserdampf-Gase mit CO2-Beimengung und Schwefelwasserstoff. Man ist der Meinung, wenn Lava aufsteigt, dann ist es ähnlich wie eine Wasserflasche, die ich öffne. Dann perlt mein Gas aus, dann hätte ich eine gewaltige Steigerung zum Beispiel an CO2-Konzentration. Und die möchte man halt nachweisen.
Und deshalb wird sich Christian Bohling wohl spätestens im Sommer wieder im schwefligen Dampf des Solfatara heiße Füße holen.