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Tanzen, tanzen, tanzen

Am Dienstag begann an der Universität von Villetaneuse im Norden von Paris das europäische Tanzfestival Estudanses. Es richtet sich an Studenten, die in ihrer Uni Kurse für modernen Tanz belegt haben - häufig als Amateur-Veranstaltung für die Freizeit. 150 Teilnehmern von elf Hochschulen aus fünf Ländern, darunter auch Deutschland, werden bis kommenden Samstag nur eines im Kopf haben: tanzen, tanzen, tanzen.

    Beim Eröffnungscocktail begrüßt Festivalleiter Alain Marillat die Teilnehmer: sie kommen aus Tübingen, Barcelona, über Rom, London, bis zu Paris und Madrid. Viele sind schon alte Bekannte. Auch Petra Müller, die an der Erhard-Karls-Uni Sportwissenschaften studiert, ist das zweite Mal bei Estudanses dabei:

    Es macht einfach Spaß mit den Leuten. Vor allem freut man sich jedes Jahr aufs Neue, die anderen arbeiten zu sehen.

    Morgens laufen vier Workshops, geleitet von professionellen und renommierten Choreographen wie beispielsweise Frederic Werlé. Mühsam radebrecht er einige Brocken Englisch, um sich den ausländischen Studenten verständlich zu machen. Zum Einstieg setzt Frederic auf Stimmübungen, um die Amateur-Tänzer aus sich herauszulocken. Mag da auch der Tanz noch ein bisschen zu kurz kommen: macht nichts.

    Jede Tanztruppe hat für das Festival zuhause ein Stück vorbereitet. Und in den Workshops wird zusätzlich jeweils ein gemeinsames Bühnenstück eingeprobt. Alain Marillat, der das Studenten-Tanzfestival vor genau 10 Jahren aus der Taufe hob, hat sehr schnell aus der rein französischen Veranstaltung ein europäisches Ereignis gemacht:

    Wir sagten uns: in jedem Land wird anders getanzt, bewegen sich die Leute anders. Dank dieser europäischen Begegnung wollten wir all diese Stile miteinander mischen. Die Deutschen tanzen im Prinzip ähnlich wie die Franzosen, aber bei ihnen lässt sich noch ein Rest von einer Art Gymnastiktanz, rhythmischem Tanz finden. Die Spanier sind da viel verrückter, die Engländer haben weniger Konzept, die Franzosen tanzen teils sehr introvertiert. Mittlerweile verwischen diese kulturellen Unterschiede mehr und mehr, dank des Einflusses von Pina Bausch und anderen Choreographen. Sie finden, dass es schade sei, dass sich die kulturellen Identitäten ein wenig verlieren ? Sie werden nie ganz verloren gehen, die Farbigkeit des spanischen Tanzes beispielweise wird immer noch durchschimmern. In den letzten Jahren haben wir beim Tanzfestival festgestellt, dass die Studenten ein bisschen die strenge Technik vernachlässigt haben, dass sie mehr und mehr zum theatralischen Ausdruck neigen. Vielleicht fällt dies den Anfängern einfach leichter.

    Fünf Tage und Nächte leben und arbeiten die Studenten-Tänzer miteinander. Und haben auch Gelegenheit, mit ganz anderen Bevölkerungsgruppen in Kontakt zu kommen: bei den 3 abendlichen Bühnenshows sind Kinder aus einer Vorschule und einer Grundschule mit ihren Tanzstücken eingeladen. Für Vincent Doletton und Clara Prigeon ist das Festivalprogramm eine ausgesprochene Bereicherung:

    Wir teilen nicht dieselbe Sprache, aber wir teilen dieselbe Leidenschaft - den Tanz. - Das erlaubt uns, Gefühle auszutauschen. Mit dem Körper, mit dem Tanz können wir Emotionen auszudrücken, die sich zum Teil mit der Sprache nicht vermitteln lassen. Das finde ich spannend.

    Das Festival feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag: 1993 fand es zum ersten Mal statt, damals noch als reine Pariser Veranstaltung. 1997 wurde es zu einem europäischen Treffen umkonzipiert und findet nun alle zwei Jahre statt.