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Öffentlicher Dienst
Tarifverhandlungen gehen nach Schlichterspruch weiter

In Potsdam wird nach zweiwöchiger Pause wieder über einen neuen Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen verhandelt. Grundlage ist die Empfehlung einer Schlichtungskommission, die von Arbeitgebern und Gewerkschaften eingerichtet worden war.

    Mitglieder der Gewerkschaft Ver.di streiken am Düsseldorfer Flughafen
    Im Öffentlichen Dienst hat eine neue Verhandlungsrunde begonnen. (picture alliance / Kirchner-Media / Christopher Neundorf / Kirchner-Media)
    Die Kommission schlägt einen Inflationsausgleich von insgesamt 3.000 Euro vor, der ab Juni stufenweise ausgezahlt werden soll. Ab März kommenden Jahres soll es zudem eine monatliche Gehaltserhöhung in Höhe von 5,5 Prozent geben. Die Vereinbarung würde rückwirkend zum Januar für 24 Monate gelten.
    Bundesinnenministerin Faeser äußerte sich zuversichtlich, dass sich die Tarifparteien in Kürze einigen werden. Andernfalls drohen unbefristete Streiks. Die Vertreterin der Kommunen, Welge, sagte hingegen, die Schlichtungsempfehlung übersteige alles, was in den letzten Jahrzehnten aufgerufen worden sei. Verdi und der Deutsche Beamtenbund erklärten, sie hätten noch Gesprächsbedarf in Bezug auf den Inflationsausgleich, Teilzeitbeschäftigte und Ausbildungsvergütungen. Der Vorsitzende des Beamtenbundes dbb, Silberbach, sagte vor Beginn der Verhandlungen in Potsdam, die Gewerkschaften hätten insbesondere noch Gesprächsbedarf beim Inflationsausgleich.
    Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, rief vorab zu einer Lösung mit Vernunft und Pragmatismus auf. Er sagte im Deutschlandfunk, der branchenübergreifende Wohlstandsabfluss durch die weltwirtschaftliche Lage könne nicht vollends abgefedert werden. Der Schlichterspruch liege bereits oberhalb der Inflation und liefere eine ordentliche Grundlage. Weitere Streikaktionen im Öffentlichen Dienst hält Hüther nicht für sinnvoll, diese würden nur der gesamten Volkswirtschaft schaden.

    Mehr Macht für Arbeitnehmer

    Zudem sieht Hüther eine veränderte Machtlage durch den Fachkräftemangel. Der Wirtschaftsforscher betonte, die Lohngestaltung verlagere sich zunehmend in die Unternehmen, die um Fachkräfte konkurrieren. Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte seien stärker gefragt, dadurch könnten sie bei Tarif- und Gehaltsverhandlungen einen größeren Druck ausüben. Tarifverträge müssten aber weiter ausschließlich Mindeststandards setzen.
    Diese Nachricht wurde am 22.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.