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Tasten, Sehen, Hören

Die Überlebenschancen von Brustkrebspatientinnen sind gut - vorausgesetzt, der Krebs wird so früh wie möglich erkannt. Neben der Mammografie ist auch die Ultraschalluntersuchung ein Mittel der Wahl, um Brusttumoren aufzuspüren - und die Ultraschalltechniken werden immer ausgefeilter.

Von Marieke Degen | 30.11.2010
    Wenn ein Arzt die Brust seiner Patientin untersucht, muss er sich auf seine Sinne verlassen: Tasten, Sehen und Hören. Zum Tasten reichen die eigenen Hände. Beim Sehen hilft ihm die Mammografie, dabei wird ein Röntgenbild von der Brust aufgenommen. Die Ärzte können einen Tumor aber auch quasi hören - mit einem Ultraschallgerät, sagt Alexander Mundinger, Radiologe am Marienhospital in Osnabrück:

    "Bei der normalen Untersuchung geht der Arzt mit dem Schallkopf über die Brust hinweg, es wird Schall in die Tiefe gesendet, es kommen Echos von Bruststrukturen zurück, diese Echos werden empfangen und man hat dabei schnittweise Informationen aus der Brust, kriegt deshalb sehr dünne Schichten, die man beurteilen kann."
    Mammografie und Ultraschall: Jede Untersuchungsmethode hat ihre Vorteile. Mit der Mammografie lassen sich Krebsvorstufen oder sehr kleine Tumore gut aufspüren. Mit dem Ultraschall können Ärzte abschätzen, ob ein Tumor gut- oder bösartig ist – auch ohne Gewebeprobe. Wenn der Arzt dann doch eine Biopsie machen muss, ist der Ultraschall ebenfalls hilfreich:

    "Da kann man heute die Gewebeentnahmeverfahren mit Nadel, das Punktionsverfahren, auf den Millimeter genau mit dem Ultraschall steuern, und da das Ganze unter lokaler Betäubung passiert, tut das noch nicht einmal weh."
    Studien zeigen: Wenn Ärzte die drei Verfahren kombinieren, also Tasten, Mammografie und Ultraschall, dann können sie 95 Prozent aller Tumore aufspüren. Trotzdem wird bislang nur die Mammografie als flächendeckende Brustkrebsvorsorge eingesetzt. Ein Brustkrebsscreening mit Ultraschall wird noch nicht gemacht:

    "Weil erstens wir noch keine eindeutigen Daten haben für eine flächendeckende Untersuchung mit Ultraschall, dass dies auf Dauer zu einer Senkung der Sterblichkeit zusätzlich beiträgt, und weil es sehr viel mehr Geld kosten würde."
    Dabei werden die Ultraschalltechniken immer ausgefeilter. Seit Neuestem gibt es zum Beispiel den Automated Breast Volume Scanner. Das ist ein spezielles Ultraschallgerät, mit dem man die ganze Brust in 3D scannen kann. Jens-Uwe Blohmer leitet das Brustzentrum City in Berlin, er und sein Team haben sich gerade so ein Gerät angeschafft:

    "Es läuft so ab, sie liegen auf dem Rücken wie beim normalen Brustultraschall auch, verschränken die Arme hinter dem Kopf wie beim normalen Brustultraschall, bekommen Ultraschallgel auf die Brust wie sonst auch, und es wird dann ein großer Schallkopf auf die Brust gelegt und fährt dann in einem bestimmten Rahmen über die Brust hinweg. Das tut nicht weh, ist ein leichter Druck, ist keine Strahlenbelastung. Und dann wird das unmittelbar danach das Ergebnis angeschaut und gleich mit der Patientin besprochen."
    Außerdem können sie die 3D-Aufnahmen speichern und mit späteren Aufnahmen vergleichen:

    "Ich kann also vergleichen, ob sich etwas verändert hat. Beispielsweise in der Nachsorge von Brustkrebsoperationen oder bei der Suche nach Vorstufen. Manchmal gibt es nur sehr kleine Veränderungen, die fallen einem nur auf durch den Vergleich mit der Voraufnahme."
    Der erste Automated Breast Volume Scanner ist vor einem Jahr in Bielefeld in Betrieb gegangen. Inzwischen gibt es 25 Geräte in ganz Deutschland:

    "Diese Methode eignet sich auf jeden Fall für eine Patientin, die einen Tastbefund hat oder einen nachgewiesenen Tumor, weil man sehen kann, ob das der einzige Tumor ist und wie der genau liegt, da ist es sicher ohne Frage und unstrittig, ob es sich eignet für die Frau mit unauffälliger Brust, also zum Screening zur Erkennung bisher nicht bekannter Vorstufen, das wird sich zeigen. Es sieht so aus als ob, aber bewiesen ist das nicht."
    Jens-Uwe Blohmer und seine Kollegen wollen jetzt untersuchen, ob der Breast Scanner wirklich besser ist als ein normales Ultraschallgerät. Ob sie mit ihm tatsächlich auch ganz winzige, noch unbekannte Tumore finden können. Und ob es sich dann auch wirklich um Tumore handelt. Denn wenn das Gerät zu oft blinden Alarm schlagen würde, wäre es für eine Vorsorgeuntersuchung nicht geeignet.