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Tatort Straße

Zum Mästen nach Spanien, zum Schlachten nach Italien - viele Tiere werden vor ihrem Tod häufig hin und her transportiert, bevor ihr Fleisch weltweit vermarktet wird. Dabei sind die Lastwagen oft überfüllt, und es gibt zu wenige Versorgungsstopps. Die Organisation "Animals' Angels" versucht, mit eigenen Inspekteuren dagegen vorzugehen.

Von Anke Petermann |
    Halb verdurstete Schweine, Schafe mit abgequetschten Gliedmaßen vom zu engen Stehen - als "Gammelfleisch auf Rädern" könnte man zynisch vieles bezeichnen, was da weltweit auf den Straßen unterwegs ist. Pfusch bei Tiertransporten ist eher die Regel als die Ausnahme, so der Tenor der Rechercheergebnisse von Animals’ Angels, einer Tierschutzorganisation, die spendenfinanzierte eigene Inspekteure Tiertransporte weltweit kontrollieren lässt. Geschäftsführer York Ditfurth:

    "Die wesentlichen Verstöße heute sind zu dichtes Stellen der Tiere, also viel zu viele Tiere auf einem Transporter, damit kein Zugang zu Wasser zum Beispiel, weil sie sich im Fahrzeug einfach nicht bewegen können, zu wenig Kopffreiheit für die Tiere.

    Also man versucht, auf vier Etagen Schafe zu laden, und dementsprechend senkt man die Ladeebenen ab, und damit haben die Schafe nicht mehr genügend Kopffreiheit. Es gibt zu wenige Versorgungsstopps bis gar keine. Die Papiere, die wir kontrollieren, sehen teilweise nicht mal Versorgungsstopps vor, obwohl die Reisen teilweise ganz klar länger sind, als die vorgeschriebenen Zeiten es erlauben, am Stück zu fahren."

    Die Kontrollen durch die personell unterbesetzten und bürokratisch überfrachteten Veterinärämter sind lückenhaft, kritisiert Christa Blanke, Mitbegründerin von Animals’ Angels.

    "Also wir haben zum Beispiel einen sehr engagierten Amt-Veterinär im Weser-Emsland. Und wenn der Langzeittransporte abfertigt egal wohin und wenn’s bis Sibirien ist, dann verlangt der von den Transporteuren den Rücklauf der Papiere, und wenn der nicht kommt, gibt’s Ärger.

    Aber das ist für diesen Mann ein immenser Aufwand. Das kann er nur machen, weil er von seinem Landrat unterstützt wird. Und andere Veterinärämter, die das nicht so zu ihrer Sache machen, wenn die dreimal angefragt haben und die Papiere kommen nicht, dann lassen sie’s halt."

    Vor zehn Jahren tropfte auch in Deutschland noch Blut aus den Lastwagen, gemessen daran hat sich etwas verbessert, konstatiert York Ditfurth. Einen globalen Trend zum Positiven kann er jedoch nicht erkennen. Dass die EU-Prämien für Tier-Exporte in Drittländer gestrichen wurde, habe zum Beispiel nur zu Verschiebungen geführt.

    "Was die EU, also Deutschland und Frankreich, nicht liefern können an Rindern in den Libanon, das macht dann eben Südamerika, insbesondere Brasilien mit steigenden Zahlen."

    Die neue EU-Verordnung, die am 5.Januar 2007 in Kraft tritt - ein Lichtblick? Unter anderem schreibt sie vor,

    "dass künftig Pferde in Einzelboxen stehen, dass die Fahrer und die Leute, die mit den Tieren zu tun haben, geschult werden müssen, dass hatten wir bisher nicht. Bisher konnten ungeschulte Menschen mit Tieren umgehen. Das ist eine Verbesserung, ja.

    Aber im nächsten halben Jahr wird Animals’ Angels überall in Europa, in Deutschland auf den Transportstrecken vermehrt Einsätze fahren, um zu gucken, ob die Transportverordnung ein Papiertiger ist. Auf jeden Fall glauben wir nicht daran, dass es quasi ab 5. Januar verbesserte Bedingungen gibt","

    weil Langstreckentransporte, anders als Tierschützer fordern, weiterhin erlaubt bleiben, Höchstfahrtzeiten werden nicht verkürzt, Ladedichten nicht herunter gesetzt. Immerhin aber müssen ab 2007 Neu-Fahrzeuge mit GPS-Peilsendern ausgerüstet sein, ab 2009 muss auch der Altbestand nachgerüstet sein:

    ""Wenn dem so ist, dann ist dieser Beschiss mit den gefälschten Fahrzeugpapieren vielleicht eingrenzbar. Vielleicht kann man dann einfach den Fahrern, die teilweise das Blaue vom Himmel runter lügen und den Spediteuren, die teilweise das Blaue vom Himmel runter lügen, einfach mal sagen: das stimmt nicht, die GPS-Daten zeigen was anderes, du bis woanders gefahren."

    Jungtiere dürfen nach der neuen Verordnung nicht mehr transportiert werden. Das klingt gut. Doch Kälber ab drei Wochen fallen schon nicht mehr unter die Schutzklausel.