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Tauziehen um das Amt des Kulturstaatsministers

Noltze: Monika Griefhahn, die Vorsitzende des Bundestagskulturausschusses hat sich heute für die Einrichtung eines Bundeskulturministeriums ausgesprochen. Ich habe sie gefragt, warum.

Monika Griefahn, Vorsitzende des Bundestag-Kulturausschusses, im Gespräch |
    Griefhahn: Na ja, ich denke, wenn man sich die Kompetenzen anguckt, die der Beauftragte für Kultur und Medien hat, dann würde es sich anbieten, dass einige Fragen arrangiert werden, zum Beispiel dass der Bereich der auswärtigen Kulturpolitik, der in unserem Ausschuss schon bearbeitet wird, auch zum Beauftragten für Kultur und Medien kommt. Dadurch würde er dann ein Bundesminister, weil er auch mit den Kulturabteilungen der Botschaften zusammenarbeiten kann, aber auch mit den Goethe-Instituten und den anderen Mittlerorganisationen. Dann würde sich auch anbieten, dass der Bereich Medien stärker gebündelt wird. Der ist im Moment in der Bundesregierung in sehr verschiedene Ressorts verstreut. Er ist zum Beispiel auch im Wirtschaftsressorts vorhanden. In der Frage Medien wird es immer deutlicher, dass die Zusammenarbeit mit den Ländern, aber auch mit dem Ausland, gerade bezüglich der neuen Medien, Internet und so weiter, verstärkt werden muss. Da bietet es sich auch an, beim Bundeskulturminister zu bündeln.

    Noltze: Hat so ein kleiner Apparat eines Beauftragten nicht auch Vorteile, Frau Griefhahn? Flexibilität zum Beispiel?

    Griefhahn: Er ist dann immer noch klein, auch wenn er Bundeskulturminister würde. Aber er hätte, was er jetzt nicht hat, einen nachgeordneten Apparat, mit dem er direkt zusammenarbeiten kann, zum Beispiel wenn er den Zugriff auf die Kulturabteilungen der Botschaft hätte. Besonders am Herzen liegt es uns, den Dialog der Kulturen und auch die Public Diplomacy zu stärken. Das ist ja etwas, was es im Auswärtigen Amt als neues Medium noch nicht so stark ausgeprägt gibt. Dazu eignet sich die auswärtige Kulturpolitik jedoch hervorragend.

    Noltze: Handelt man sich mit noch einem Ministerium, soweit so etwas überhaupt zu vermitteln ist, nicht eine neue Entflechtungsdebatte zwischen den kulturhauptzuständigen Ländern und dem Bund ein?

    Griefhahn: Die Zusammenarbeit mit den Ländern muss auch konkretisiert werden. Wir sind ja in einer Entflechtungsdebatte. Das heißt, welche Aufgaben soll der Bund, welche die Länder und welche die Kommunen übernehmen? Auch die Zusammenarbeit in der Kulturstiftung des Bundes und der Länder sollte vertieft werden. Da sind wir ja auch dran. Das ist etwas, was sich nicht widerspricht, denn eindeutig ist, und das haben die Länder auch nie bestritten, dass die auswärtige Kulturpolitik eine Aufgabe des Bundes ist. Und für uns ist wichtig, dass die Kulturpolitik nach außen und nach innen wirken kann. Integration, Dialog der Kulturen müssen wir nicht nur mit den Ländern im Ausland führen, sondern auch mit den Kulturen, die bei uns sind.

    Noltze: Nun bestreitet der bayerische Kunstminister, Zehetmair, bis auf diese eben auswärtige Kulturzuständigkeit so ziemlich alles, was denn einen Bundeskulturbeauftragten angeht. Dann hätten Sie einige Überzeugungsarbeit zu leisten. Nicht nur bei ihm, sondern auch bei anderen Länderkulturministern.

    Griefhahn: Das stimmt ja nicht. Wir haben ja in den letzten vier Jahren bereits ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, die dann für alle Länder gelten. Wenn ich nur an die Novellierung des Stiftungsrechtes im steuerlichen Sinne, an die Frage der Besteuerung ausländischer Künstler und die Frage der Künstlersozialkasse denke, dann fällt auf, dass dies alles Dinge sind, die man nicht auf reiner Länderebene machen kann, sondern dass es hier Bundesrahmenbedingungen braucht. Und dafür ist auch ein Ansprechpartner auf Bundesebene, auch gegenüber den anderen europäischen Ländern, aber auch gegenüber den internationalen Partnern, zum Beispiel bei der Unicef oder der Unesco eine sehr gute Sache.

    Noltze: Nun sind Sie ja selbst, Monika Griefhahn, auch als Nachfolgerin von Julian Nida-Rümelin im Gespräch. Man könnte auf die Idee kommen, dass Sie ein Ministerium fordern, weil sie selber gern eines hätten.

    Griefhahn: Ich kann nur sehr deutlich sagen, dass ich sehr gerne als Ausschussvorsitzende für Kultur und Medien gearbeitet habe. Ich habe auch sehr gut sowohl mit Michael Naumann als Staatsminister als auch mit Julian Nida-Rümelin zusammen gearbeitet. Ich würde auch sehr gerne weiter mit ihnen zusammenarbeiten. Das ist meiner Ansicht nach ein sehr gutes Team.

    Noltze: War das ein Bewerbungssatz?

    Griefhahn: Es war ein Bewerbungssatz für den Ausschussvorsitzenden für Kultur und Medien, damit ich das weiterhin machen kann, das heißt mit dem Staatsminister oder mit dem Bundesminister Nida-Rümelin zusammen zu arbeiten.

    Noltze: Sehen Sie die Gefahr, dass das weiche Amt eines Kulturbeauftragten oder -ministers ein bisschen zur Spielmasse in den Koalitionsverhandlungen verkommen könnte?

    Griefhahn: Die Gefahr besteht natürlich immer. Andererseits hat sich gezeigt, dass wir große Erfolge in den letzten vier Jahren im Kulturbereich hatten. Das spielt auch da eine große Rolle, wo die Werte der Kultur wieder stärker aufkommen. Dies ist zum Beispiel nach Ereignissen wie dem Zusammenbruch des Neuen Marktes und nach dem 11. September der Fall, wo es letztlich darum geht, seine Wurzeln, seine Identität auf der einen Seite zu finden und den Dialog mit anderen Kulturen andererseits so zu führen, dass man tatsächlich dialogfähig ist und sich nicht nur mit Waffen beherrscht. Dafür ist die Kultur ein ganz wichtiger Bereich, das haben wir eigentlich in den letzten Jahren gezeigt. Deswegen glaub ich, dass es kurzsichtig wäre, wenn das zur Spielmasse verkommen würde.

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