Archiv

Technik
Forscher entwickeln eine automatisierte Rotorblattprüfung

Etwa 26.000 Windenergieanlagen drehen sich in Deutschland und den Gewässern vor unserer Küste. Sie alle trotzen Wind und Wetter und müssen dementsprechend oft gewartet werden. Gerade bei den Rotorblättern ist das zeit- und arbeitsaufwändig. Das will eine Bremer Firma jetzt vereinfachen. Sie entwickelt eine automatisierte Rotorblattprüfung.

Von Monika Seynsche |
    Ein Windrad des Offshore-Parks Baltic 2 vor der Insel Rügen in der Ostsee.
    Ein Windrad des Offshore-Parks Baltic 2 vor der Insel Rügen in der Ostsee. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    "Bei vielen Komponenten der Windkraftanlage kann man einfach die Leiter im Turm hochlaufen und kann dort sämtliche Service-Dienstleistungen durchführen. Bei den Rotorblättern brauche ich eine Zugangstechnologie. Sprich es werden vielfach mit Abseiltechnik Dienstleistungen erbracht. Oder es werden selbstkletternde Arbeitsbühnen montiert oder gegebenenfalls Hubsteiger eingesetzt."
    Das alles kostet Zeit und Geld. Deshalb entwickelt Thorsten Zander einen Kasten, der das Abseilen und Hochklettern überflüssig machen soll.
    "Man stellt diesen Blattscanner, so wie wir ihn nennen, unter die Anlage. Der Rotor wird grob positioniert und dann wird der Startknopf gedrückt und das System erkennt automatisch: Wo befindet sich der Rotor und erstellt ein Profil, das an die Antriebe übergeben wird. Und dann wird der Rotor in kleinen Fotos abgescannt und später wird daraus ein großes Bild zusammengesetzt."
    In der Ausgangsposition stehe eines der Rotorblätter dabei senkrecht nach oben, sagt der Geschäftsführer der Futureblades GmbH. Die anderen beiden zeigen wie ein A nach unten. Steht der Kasten mit dem Kamerasystem nun genau darunter, kann er von diesen beiden Rotorblättern hochauflösende Aufnahmen machen. Sobald ein Scan von einer Blattspitze zur nächsten abgeschlossen ist, wird der Rotor um ein Drittel weitergedreht, so dass die nächsten beiden Rotorblätter begutachtet werden können. Die gesammelten Fotos werden dann in einen Computer eingespeist.
    "Wir lassen dort einen Algorithmus drüber schauen, der die Schäden identifiziert. Und das ist ein neuronales Netzwerk, dementsprechend ein selbstlernender Algorithmus, der je mehr Schäden er zu sehen bekommt auch immer besser die Schäden bewerten kann. Und das ist dann ein Vorschlag für den Menschen, der dann nicht mehr das gesamte Foto sich anschauen muss, sondern gezielt auf die Schäden, die der Algorithmus identifiziert hat, hingewiesen wird. Aber es ist ein Assisstenzsystem, sprich der Mensch, der Techniker trifft die abschließende Entscheidung."
    Etwa alle zwei Jahre müssen die Rotorblätter von Windenergieanlagen auf Risse und andere Schäden hin überprüft werden. Für den Gebrauch an Land ist Thorsten Zanders Diagnosesystem bereits einsatzfähig. Für die Windräder im Meer arbeiten er und seine Kollegen noch am Korrosionsschutz des Blattscanners. Aber auch hier sieht Thorsten Zander ein großes Potential für seine Entwicklung - denn Offshore-Anlagen sind größer und produzieren viel mehr Strom. Jeder Stillstand für Wartungszwecke ist daher wesentlich teurer.
    "Ganz grob kann man vielleicht sagen, dass so eine Anlage in einer Stunde 500 Euro erdreht oder an Ergebnis produziert und eine Prüfung momentan dauert etwa acht Stunden. Unser System ist in der Lage, das in einer Stunde zu machen, insofern ist es dann nicht sonderlich schwer sich auszurechnen, was dort an Einsparpotential schlummert."
    Etwa 3500 Euro könnten so bei der Rotorblatt-Wartung einer jeden Offshore-Anlage gespart werden- Zusätzlich zu den Personalkosten. Denn bislang obliegt die Wartung der Rotorblätter per Abseiltechnik Spezialteams von Technikern, die von Anlage zu Anlage reisen und wochenlange Sicherheitstrainings zum Verhalten auf hoher See absolvieren müssen, bevor sie auch Offshore-Anlagen inspizieren dürfen. Zieht dann schlechtes Wetter auf, sitzen diese Spezialtechniker mitunter tagelang im Hotel im Hafen fest, können nichts machen, müssen aber bezahlt werden. Thorsten Zanders Kasten hingegen erfordert bei der Anbringung keinerlei Spezialkenntnisse und kann einfach von den regulären Wartungstechnikern aufgestellt werden, die die Offshore-Anlagen sowieso regelmäßig besuchen.