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Technik gegen Kunstklau

Technik. - Die mit illegal angeeigneter Kunst umgesetzten Summen übersteigen nach Einschätzung der Experten mittlerweile fünf Milliarden Dollar im Jahr. Vorbeugung und Aufklärung sind unerlässlich. Was die Technik dabei leisten kann, stand im Mittelpunkt des Symposiums "Hot Art, Cold Cash", zur internationalen Fachmesse für Museen, Konservierung und Kulturerbe "Exponatec" in Köln.

Von Mathias Schulenburg |
    Schaukästen, die englische Kronjuwelen im Londoner Tower beherbergen, müssen gewaltigen Kräften widerstehen:

    " Die Konstruktionen wurden vom Militär getestet, das heißt, es wurden richtige Bomben gezündet, um die Drucklasten zu erkennen, denen diese Konstruktionen standhalten. Und es war sozusagen als Vorgabe gegeben, dass ein Sprengsatz, der nicht viel größer als eine Zigarettenschachtel ist, dass die Konstruktionen diesem Bombenanschlag standhalten müssen, "

    sagt Peter Hohenstatt, Marketing Manager der italienischen Firma Goppion, die sich auf den Schutz von Pretiosen spezialisiert hat, nicht nur vor gemeinen Anschlägen, sondern auch verderblichen Widrigkeiten wie Wasser, und die auch die Schaukästen für die englischen Kronjuwelen aufgestellt hat. Ansonsten: Psst, psst - was nützen die ausgefeiltesten Sicherheitsvorkehrungen, wenn man sie ausplaudert.

    Michael Bachem, Geschäftsführender Gesellschafter der Sicherheitsfirma WIS Holding GmbH, Köln, ist da schon auskunftsfreudiger. Was muss man tun, um in einem Museum ein Bild zu klauen? Sich als Wissenschaftler ausgeben!
    " Die Wissenschaftler nehmen Bilder ab für die Restauration, für Untersuchungen, wissenschaftliche Arbeiten, aber niemandem wird gesagt, ob er berechtigt ist oder nicht, und wenn Sie ein Bild stehlen wollen brauchen Sie eigentlich nur einen blauen Anzug oder einen weißen Kittel und sagen - Restauration. Dann werden Ihnen zwei Drittel der Leute die Tür aufschließen."

    Wie geschehen. Mit moderner Technik, sagt Michael Bachem, ließen sich viele Diebstähle zu moderaten Preisen vereiteln:

    " Das Kunstwerk wird dann aktiv überwacht. Ähnlich wie in diesem Global Positioning System bauen Sie sozusagen in die Decken des Museums die Satelliten und diese Satelliten verfolgen über das ganze Museum, wo sich ein Kunstwerk befindet. Und wenn sich das Kunstwerk bewegt, erschüttert wird und weggenommen wird, wird das sofort gemeldet. An der Leitzentrale kann dann jemand sofort den Mitarbeiter, der in der Nähe ist, die Sicherheitskraft, informieren. Sie können auch automatisch diesen Mitarbeiter auf einem PDA informieren, der hat sofort einen Grundriss auf dem PDA und weiß sofort, wo er hingehen muss."

    Das Kunstwerk verrät seine Präsenz mittels eines RFID-Tags, eines aufgeklebten Schaltkreises, der informative Radiowellen abgibt. Ähnliches wird länger schon auf CDs im Kaufhaus geklebt: Diebe versuchen die Tags auf den geklauten CDs außer Gefecht zu setzen, indem sie die CD in Alufolie wickeln, also elektromagnetisch "abdecken". Die von Bachem propagierte Museumstechnik würde damit fertig. Denn bei der CD habe man nur ein passives System,

    "Das heißt, das sendet nicht ständig und wird überwacht. In einem aktiven System, und das ist es, was Sie für Museen verwenden müssen, wird alle 20 Sekunden gemeldet - Sie können sich das aber auch einstellen, jede Sekunde - ich bin noch da, ich lebe noch, ich bin nicht abgedeckt. Wenn Sie abgedeckt werden, gibt es sofort einen Alarm - Sabotage - und müssen dann sofort etwas tun. Entweder ist es ein technischer Defekt oder jemand hat was an dem Bild manipuliert. "

    Und wenn dann doch die Kunst perdu ist, hilft moderne Technik in Gestalt einer Datenbank, wie Ulli Seegers, Managing Director der Art-Loss-Register-GmbH in Köln versichert:

    " Die Datenbank des Art-Loss-Registers ist die weltweit größte private Datenbank zur Aufklärung von Kunstdiebstahl, will sagen, wir haben aktuell über 170.000 eindeutig identifizierbare Kunstobjekte als Verluste zentral registriert."

    Der Informationspool zu den geklauten Kunstwerken wird aus vielen Quellen gespeist:

    " Wir sind sehr eng mit dem Kunsthandel vernetzt, auch mit der Versicherungswirtschaft und selbstverständlich Polizeibehörden, so dass wir sowohl von den Sammlern wie von deren Versicherern, Museen, von der Polizei diese Verluste zugesandt bekommen."

    Bei Gemäldediebstählen, sagt Ulli Seegers, beträgt die Aufklärungsquote immerhin 24 Prozent.