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Technik im Aufwind

Jahrelang klagten die Hochschulen, dass keiner sich für ihre Ingenieurstudiengänge interessiert. Verbände und Fakultäten schrieben Wettbewerbe aus und setzten auf Nachwuchsarbeit. Sie gingen in die Schulen und luden umgekehrt Schulklassen in ihre Versuchswerkstätten ein. Allmählich scheint sich ein Erfolg einzustellen. Es gibt wieder mehr Ingenieure. Zumindest deutet sich dieser Trend bei den Einschreibungen an den Hochschulen an.

Von Andrea Groß |
    Detlef von Hofe ist Präsident des Fachverbandes für Schweißtechnik, aber auch Honorarprofessor für Füge- und Strahltechnik an der Universität Magdeburg. Seit zwei Jahren, sagt er, gibt es dort wieder mehr neue Maschinenbauer. Das freut ihn. Für ihr langes Ausbleiben macht er unter anderem den Internet-Hype verantwortlich.

    "Sie haben sicherlich auch beobachtet, dass es in den zurückliegenden 15 Jahren einen erheblichen Trend zu sogenannten Hochtechnologien gab. Und das hat man sehr stark fokussiert auf die IT-Technologien und auf andere Bereiche, die als zukunftsträchtig angesehen wurden. Was dann nicht eingetreten ist, bis hin zu dem Börsencrash für die IT-Firmen. Was offensichtlich dann die jungen Leute bewogen hat, wieder in Richtung konventionelle Technologien zu überlegen im Hinblick auf ihre berufliche Entwicklung."

    Das ist aber nicht alles. Detlef von Hofe geht außerdem davon aus, dass sich auch im Bewusstsein der Schulabgänger etwas verändert hat: der Umgang mit Handy, Computer, DVD- und MP3-Player ist heute so sehr Bestandteil des Lifestyle geworden, und der zuweilen recht komplizierte Umgang mit ihnen so selbstverständlich, dass fast zwangsläufig ein Interesse an technologischen Zusammenhängen geweckt worden ist. Kritikern, die beklagen, dass ein Ingenieurstudium in Deutschland so schwer sei, stimmt Detlef von Hofe durchaus zu. Ändern möchte er aber daran nichts.

    "Es gibt natürlich Studiengänge, die deutlich einfacher sind. Nur gehört es nicht zur deutschen Mentalität, grundsätzlich immer den einfachsten Weg zu gehen. Und das stellen wir ja jetzt auch fest. Die Studiengänge sind nicht einfacher geworden und trotzdem finden wir vermehrt junge Leute – und zwar deutlich vermehrt junge Leute – die bereit sind, dieses Studium aufzunehmen und auch erfolgreich abzuschließen. Und insofern kann ich das also nicht bestätigen, dass das unbedingt der Hemmschuh sein muss und ich kann nur dringend davor warnen, die Studiengänge leichter zu machen und damit an Qualität zu verlieren, nur damit sich mehr Bewerber finden."

    Die Trendwende bei den Einschreibungen ist allerdings weder für die ingenieurwissenschaftlichen Institute der Universitäten noch für die Berufsverbände ein Grund, in ihren Bemühungen um den wissenschaftlichen Nachwuchs nachzulassen.

    "Das hat gegipfelt, im letzten Jahr, im Jahr der Technik, wo wir als Verbände dann auch den Bundesminister für Wissenschaft mit haben einbinden können, für Technik zu werben, ganz wichtige Maßnahme und wir haben festgestellt, dass dieses Jahr der Technik von den Menschen in Deutschland sehr gut angenommen worden ist, so dass die Verbände, die technisch-wissenschaftlichen Vereine in Deutschland beschlossen haben, in Zukunft jedes Jahr einen Tag der Technik zu veranstalten, in dem sie den Bürgern Technik der heutigen Umwelt vorstellen."

    Genau wie die Hochschulen pflegen auch die Forschungsinstitute der Max-Planck- oder Fraunhofer-Gesellschaft intensiven Kontakt zu Schülern bis hin zum Grundschulalter. Sie bieten Forschungspatenschaften, haben Schülerlabore eingerichtet, in denen ganze Klassen unter Anleitung forschen können und bieten sogar wissenschaftliche Hilfskraftjobs für Schüler der Oberstufe. Randolf Hanke arbeitet beim Entwicklungszentrum Röntgentechnik des Fraunhofer Instituts in Erlangen. Das gestiegene Interesse an ingenieurwissenschaftlichen Fächern spürt er daran, dass wieder mehr Studierende nach Jobs fragen oder nach der Möglichkeit einer Betreuung für eine Diplom- oder Studienarbeit suchen. Bisher, so sagt er, habe man das Desinteresse der Studierenden aus Deutschland mit Kräften aus dem Ausland auffangen müssen:

    "Das ist aber eine Sache, die man langfristig angehen muss. Die schlägt nicht von heute auf morgen durch, das heißt, hier muss man Kontakte, Partnerschaften aufbauen. Bei uns am Institut in Erlangen sind seit einigen Jahren – auch in Kooperation mit der Universität – intensive Kontakte zu russischen Wissenschaftlern nach Wladimir aufgebaut worden. Hier wurden Kooperationsverträge unterzeichnet, wir haben russische Studenten aufgenommen. Meine Kollegen in Saarbrücken haben schon seit vielen, vielen Jahren neben den Kontakten nach Russland auch nach Indien intensive Kontakte und ich selber habe auch schon indische Praktikanten gehabt."