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Technikfortbildung für Schulen
Kombination aus mechanischen und digitalen Aufgaben

Mit der schnellen Entwicklung bei den digitalen Technologien kommen viele Schulen kaum mit. Das Projekt "GestaltBar" der Deutschen Telekom Stiftung will Schüler, und zwar speziell aus Hauptschulen, dabei helfen. Aber es gibt auch Kritik an dieser Art von Kooperation von Unternehmen und Schulen.

Von Mario Müller | 27.10.2016
    Ein flexibler OLED-Bildschirm auf einer Messe im japanischen Yokohama. (Oktober 2013)
    Ein flexibler OLED-Bildschirm auf einer Messe im japanischen Yokohama. Das Projekt "GestaltBar" will das Interesse von Jugendlichen an Robotern und Technik wecken. (AFP Photo / Yoshikazu TSUNO)
    Eine Werkstatt im "Haus der Jugend" in Bonn. Die Schüler einer Hauptschule stehen um zwei Werkbänke. Ihre erste Aufgabe: Ein Draht soll mit einem Lötkolben an einem Elektromotor befestigt werden. Die Schüler besuchen die 7. und 8. Klasse der Karl-Simrock-Schule. Einmal in der Woche kommen sie nun in das Jugendzentrum "Haus der Jugend". Möglich macht das die "GestaltBar", ein Projekt, das auf Initiative der Deutsche Telekom Stiftung entstanden ist.
    "Mit der 'GestaltBar' möchten wir erreichen, dass wir Jugendliche, die aus einem etwas schwierigen sozialen Umfeld kommen, die vielleicht von der Schule auch gelangweilt sind, mit Theorie nicht so viel anfangen können, bei ihren Stärken abholen. Das heißt, bei ihrem handwerklichen Geschick, bei ihrer Kreativität, und auch ein bisschen aus der Schule rausholen, ohne die Schule dabei gänzlich zu verlassen."
    Impulse aus der sogenannten Makerszene
    Dr. Ekkehard Winter ist Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung, die neben der Finanzierung auch die Koordinierung der beteiligten Stellen übernimmt. Das Projekt soll das Angebot der Schule erweitern durch neue Impulse aus der sogenannten Makerszene, den digitalen Bastlern. Die Inhalte liefert die Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW. Leiter Torben Kohring:
    "Wir führen Medienwerkstätten durch und haben deswegen schon bestimmte Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen gemacht. Wir haben jetzt halt hier auch die Zielgruppe sag ich mal der Hauptschüler, wo wir gucken, wie wir das ganze unterhaltsam, aber trotzdem auch mit Inhalten an die Schüler und Schülerinnen bekommen."
    Die Inhalte bestehen aus einer Kombination von mechanischen und digitalen Aufgaben. Ein Roboter muss zunächst zusammengebaut, und später dann programmiert werden.
    "Ich glaube, dass gerade Orte, die nicht einem Bewertungssystem unterliegen für viele Schüler auch eine Hilfe sein können, da eine Begeisterung für zu finden. Und dann vielleicht auch in der Schule einfach noch mal mehr Lust darauf bekommen, so was zu machen."
    Auch der Lehrer lernt mit
    Ein Lehrer der Schule ist zwar auch anwesend, doch das Konzept sieht auch ihn heute eher in einer lernenden Position. Mit den schnellen Entwicklungen der digitalen Technologien mitzuhalten, ist ein Problem, vor dem viele Lehrer stehen. Hauptschullehrer Erik Lindener-Schmitz sieht sich zwar selbst technisch gut gerüstet, aber auch er bemerkt natürlich, dass die Schüler etwa im Umgang mit dem Smartphone weiter sind.
    "Das ist ja fast wie ein Körperteil, das Handy, zumindest außerhalb der Schule. Und bei Lehrern ist das sehr unterschiedlich, ich habe zwar ein Handy aber benutze das sehr selten. Wir haben aber auch jüngere Lehrer, die da ganz viel auch, ähnlich wie unsere Schüler, mit dem Handy dabei sind. Und so zu gucken, was kann man sinnvoll mit Technik machen, ist glaube ich sowohl für Lehrer als auch für Schüler interessant."
    "Immer mehr Lehrer sind bereit, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und sehen auch, dass die Werkzeuge immer einfacher werden. Mit solchen Sachen wie scratch ist das jetzt halt sehr einfach und sehr schnell machbar. Und es geht tatsächlich darum, das Prinzip von Coding zu verstehen und nicht eine Programmiersprache an sich erst mal zu vermitteln."
    Kritik an Kooperation von Schulen mit Unternehmen
    Neue Inhalte wie die kindgerechte Programmiersprache scratch bringen die Medienpädagogen mit, die Roboter bezahlt die Deutsche Telekom Stiftung. Doch an der Kooperation von Schulen mit externen Unternehmen wie der Telekom gibt es auch Kritik. Felix Kamella von der Organisation Lobbycontrol warnt vor dem Einfluss, den Unternehmen auf die Bildungsinhalte an Schulen bekommen.
    "Und gerade im Bereich der Digitalisierung ist es natürlich so, dass es ganz wichtig ist, diese Diskussion jetzt zu führen, aber dass die Telekom Stiftung ein ganz eigenes Interesse hat, diese Diskussion zu führen, weil natürlich die Telekom als Unternehmen, die im Hintergrund steht, in hohem Maße von einer Digitalisierung der Schulen profitieren würde. Und letztendlich wird darüber auch ein 'employer branding' betrieben, also die Telekom wird darüber als ein möglicher attraktiver Arbeitgeber dargestellt."
    Den Schulen will Kamella dabei jedoch keine Schuld geben. Stattdessen fordert er die Politik auf, die chronische Unterfinanzierung der Schulen anzugehen. Die Deutsche Telekom Stiftung will die "GestaltBar" in Zukunft bundesweit anbieten. Ein weiteres Ziel ist die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit. Die soll das Angebot als "berufsorientierende Maßnahme" fördern.