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Teflonproduktion mit gefährlicher Nebenwirkung

Der Firma DuPont droht in den USA ein gigantisches Bußgeld - um die 250 Millionen US-Dollar kann die US-Umweltbehörde EPA gegen den Chemiemulti verhängen, wenn DuPont tatsächlich - so der Vorwurf - verheimlicht hat, dass ein bei der Teflonproduktion eingesetzter Stoff Gefahren für Umwelt und Mensch möglicherweise bis hin zu Missbildungen von Babys verursachen könnte. Heute läuft die von der US-Umweltbehörde gesetzte Frist ab, bis zu der sich DuPont äußern sollte. Dabei geht es um einen Stoff namens PFOA, der auch in Deutschland in der Umwelt verbreitet ist.

Von Ralph Ahrens |
    Menschliches Leben gilt als höchstes Gut auf Erden. Und wer Gefahren kennt, die ihm drohen, dieses Wissen aber geheim hält, kann dafür bestraft werden. Das erfährt zurzeit der amerikanische Chemiekonzern DuPont. Timothy Kropp vom Umweltverband Environmental Working Group in Washington D.C. erklärt, warum:

    Das Hauptproblem ist, dass DuPont wichtige Daten über die Perfluoroktansäure PFOA nicht weitergegeben hat. Zum Beispiel, dass sie diesen Stoff bereits 1981 im Blut schwangerer Frauen und auch in einem Fötus nachgewiesen haben. Oder dass dieser Stoff Mitte der 80er Jahre das Trinkwasser in der Nähe einer Fabrik belastet hat.

    Nach amerikanischem Recht hätte DuPont das aber tun müssen, betonte die Umweltbehörde "Environmental Protection Agency" EPA in Washington D.C. am achten Juli diesen Jahres. Und sie droht der Firma mit einem Bußgeld von bis zu 250 Millionen US-Dollar.

    Das freut Umweltschützer Timothy Kropp:

    Die Firma sollte ein hohes Strafgeld zahlen. Zum einen kann sie das, denn sie hat mit PFOA hohe Gewinne erzielt - etwa als Ausgangsstoff für Teflon zum Beschichten von Bratpfannen. Und zum zweiten sollte die Strafe auch andere Firmen abschrecken.

    Aber DuPont wehrt sich. In einer ersten Reaktion auf die Anschuldigung durch die EPA betonte die Firma, sie habe keinen Anlas gesehen, die Informationen weiterzugeben, da mehr als 50 Jahre Erfahrung und wissenschaftlichen Studien gezeigt hätten, dass PFOA weder Gesundheit noch Umwelt schädige.

    Aber PFOA wie auch eine zweite, sehr ähnliche Substanz - das Perfluoroktansulfonat - geben durchaus Grund zur Besorgnis, meint Klaus-Günther Steinhäuser vom Umweltbundesamt in Berlin:

    Von beiden Stoffen ist bekannt, dass sie toxische Eigenschaften haben. Sowohl das PFOS - die Sulfonsäure - als auch die Carbonsäure PFOA haben nach bisheriger Erkenntnis auch bei niedrigen Konzentrationen reproduktionstoxische, eventuell auch Krebs erzeugende Eigenschaften.

    So können sie bei jungen Ratten Missbildungen hervorrufen. Außerdem sind diese Stoffe, die unter anderem in der Halbleiter- und der Textilindustrie eingesetzt werden, sehr langlebig und werden überall auf der Welt nachgewiesen etwa in Walfleisch.

    Die in menschlichem Blut festgestellten Konzentrationen dieser Stoffe sind zwar nicht sehr hoch, der Umweltfachmann Klaus-Günther Steinhäuser sieht dennoch Handlungsbedarf.

    Es geht um mehr Vorsorge. Und die Langzeitwirkungen auch niedriger Gehalte solcher Stoffe im Menschen, in Säugetieren und in der Umwelt stellen ein Langzeitrisiko dar, das wir vermeiden müssen.

    Und ein erster Schritt wird getan: Schweden und Großbritannien wollen - von Deutschland unterstützt - zumindest PFOS offiziell als ein "langlebiges, sich in der Umwelt anreicherndes Gift" kennzeichnen. Diese Einstufung als "persistent organic pollutant" oder kurz "POP" würde neue Handlungswege öffnen. Die Vereinten Nationen könnten mit dem Stockholmer Übereinkommen über POPs einen weltweiten Bann aussprechen. Und auch die EU könnte mit ihrem zurzeit diskutierten neuen europäischen Chemikaliengesetz eingreifen:

    Es ist vorgesehen in diesem neuen Gesetz, dass Verwendungen von Stoffen, die solche Eigenschaften haben, also langlebig, anreichernd und toxisch sind, dass solche Stoffe zugelassen werden müssen. Das ist ein Zustand, der neu ist und für solche Stoffe erforderlich geboten ist.

    Denn dann entscheiden nicht nur Firmen wie DuPont, ob eine Anwendung sicher ist oder nicht - sondern auch Experten der Behörden. Und das erscheint durchaus sinnvoll, da es scheinbar nicht ausreicht, nur an die Selbstverantwortung der Industrie zu appellieren. DuPont jedenfalls hat ein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit, meint Timothy Kropp von der Environmental Working Group:

    Ob eine Firma verantwortlich handelt, zeigt die Geschichte und nicht die Rhetorik. Und was wir bisher von DuPont sehen, zeigt, wie unverantwortlich sie handelt. Wir hoffen aber, dass sich das ändert, und werden schauen, ob sich die Firma künftig besser verhält.

    Nachtrag

    Nach Auskunft des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) werden in Deutschland weder PFOS noch PFOA hergestellt. Der VCI hat im Juli diesen Jahres bei seinen Mitgliedsfirmen nachgefragt, ob sie PFOS einsetzen würden und rechnet für Ende August mit einem Rücklauf.