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Teldafax-Prozess
Bankrotter Stromdiscounter

2007 lockte das Unternehmen Teldafax mit Niedrigtarifen über 700.000 Stromkunden an. Finanziert wurde über Vorkasse, die Kunden zahlten auch dann noch, als Teldafax längst überschuldet war. Der Prozess vor dem Bonner Landgericht wurde kurz nach dem Auftakt vertagt.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 18.02.2014
    Für Hals- und Beinbruch-Rufe ist es zu spät, sowohl für die Firma Teldafax, als auch für ihren ehemaligen Vorstand, Klaus Bath. Als einer von drei Angeklagten wurde der 49-Jährige heute Morgen mit einer Beinverletzung im Rollstuhl in den Saal 11 des Bonner Landgerichts geschoben. Dort mussten Bath und seine beiden Mitangeklagten, Ex-Vorstand Gernot Koch und Ex-Aufsichtsrat Michael Josten, quälend lange ausharren, während die Staatsanwälte mit stoischer Unerschütterlichkeit Daten herunterratterten: Bernhard G. hat 910 Euro 26 verloren, Carmen M. 479 Euro 06 und immer so weiter. Hunderttausende ehemalige Kunden sind von der Teldafax-Pleite betroffen. Verantwortlich dafür sind nach Ansicht der Bonner Staatsanwälte die Angeklagten. Gerichtssprecher Philipp Prietze:
    "Vorgeworfen werden den ehemaligen Vorstandsmitgliedern Insolvenzverschleppung, das heißt die zu späte Antragsstellung des Insolvenzantrages, aber auch so genannter Bankrott."
    Schneeballsystem mit viel Chuzpe
    Besonders im Fokus der Ermittler ist jenes Schneeballsystem bei den Firmenfinanzen, das die Verantwortlichen bei Teldafax mit viel Chuzpe entwickelten. Beflügelt durch die Marktöffnung bei Strom und Gas, witterte das ehemalige Telekommunikations-Unternehmen 2007 das große Geschäft und lockte mit Niedrigtarifen über 700 tausend Kunden an. Finanziert wurde all das über Vorkasse, die Kunden zahlten auch dann noch, als Teldafax längst überschuldet war. Und statt der erhofften Boni-Auszahlungen erhielten sie vielmehr falsche Abrechnungen. Spätestens ab 2009 spitzte sich die Lage zu, doch erst zwei Jahre später meldete der Strom-Discounter tatsächlich Insolvenz an. Noch im November 2010 hatte der damalige Vorstand Klaus Bath behauptet:
    "Teldafax ist nicht pleite"
    "Teldafax ist nicht pleite. Wir machen dieses Jahr in der Planung 500 Millionen Euro Umsatz. Damit erwirtschaften wir zwar noch rote Zahlen dieses Jahr, aber nächstes Jahr definitiv schwarze Zahlen. Wie hoch die konkret ausfallen… es ist auf jeden Fall geplant ein zweistelliger Millionenbetrag. Wie hoch er genau wird, kann ich heut noch nicht sagen."
    So Bath damals im WDR. Bis zu fünf Jahre Haft drohen den drei Angeklagten nun, bis Anfang Mai sind zunächst 16 Verhandlungstage in Bonn vorgesehen. Das Handelsblatt berichtet heute von einem Deal der Staatsanwaltschaft mit der ehemaligen Geschäftsführerin von teldafax. Demnach hat Claudia N. einen Strafbefehl und damit eine sechsmonatige Bewährungsstrafe akzeptiert und tritt nun als wichtigste Zeugin der Anklage auf. Auch einer der drei Angeklagten Gernot Koch hat über seine Anwälte bereits im Januar ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft geführt – ein Indiz für eine mögliche Verständigung. Koch käme in diesem Fall unter Umständen mit einer Bewährungsstrafe davon, im Gegenzug für ein vollständiges Geständnis. Wie auch immer die Urteile am Bonner Landgericht am Ende ausfallen, die geprellten Kunden werden ihr gesamtes Geld kaum mehr zurückerhalten.
    Prozess vertagt
    Wegen einer Besetzungsrüge, die die Verteidiger gegen die Kammer des Gerichts aussprachen, wurde der Prozess heute erst einmal vertagt, am Freitag soll die Verhandlung weitergehen.