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Telekom-Verkaufspraktiken unter Beschuss

Das Telefon klingelt, und am anderen Ende der Leitung will ein Telekom-Mitarbeiter einen neuen Tarif verkaufen. Diese Praxis hat dafür gesorgt, dass zwischen Verbraucherschützern und der Telekom ein heftiger Streit entbrannt ist, der sogar demnächst vor Gericht verhandelt werden soll.

Von Alexander Dorst |
    Die Telekom soll ihren Kunden teure Produkte untergeschoben haben - gegen den ausdrücklichen Willen der Verbraucher. Die Fälle, die die Verbraucherzentrale Hamburg dokumentiert hat, sind zwar alle etwas unterschiedlich gelagert - aber sie haben eine Gemeinsamkeit, sagt Verbraucherschützerin Edda Castello:

    "Wir haben eine Reihe von Beschwerden von Verbrauchern bekommen, die alle etwas Ähnliches schilderten. Sie waren irgendwie in einem Telekom-Shop oder sind angerufen worden. Es ging um Vertragsänderungen, Vertragserweiterungen oder Tarifumstellungen. Letztlich hat aber keiner dieser Kunden wirklich einer Vertragsänderung zugestimmt, kriegte aber dennoch ein paar Tage später eine Auftragsbestätigung ins Haus, und es war natürlich bestätigt worden, dass eine weitere kostenpflichtige Leistung vereinbart worden sei, was nicht stimmte."

    Die Verbraucherschützerin ärgert daran besonders, dass die Telekom selbst nicht davor zurückschreckt, Kunden ungefragt anzurufen, um Verkaufsgespräche zu führen.

    "Hierzu muss man sagen, dass allein der Telefonanruf um etwas Zusätzliches zu verkaufen - auch in einem bestehenden Vertragsverhältnis - auch das ist schon wettbewerbswidrig."

    Die Telekom hält sich bedeckt. Auf zwei Interviewanfragen zu dem Thema hat die Telekom mit einer E-Mail geantwortet. Darin steht folgendes zitierfähiges Statement.

    "Wir können nicht nachvollziehen, dass die Verbraucherzentrale Hamburg Klage eingereicht hat. Uns liegen lediglich zwei Abmahnungen über sieben Fälle vor. In allen sieben Fällen haben die Kunden die jeweiligen Produkte gewünscht, das haben uns die Verkäufer versichert - teilweise auch eidesstattlich. Keinem der Kunden sind durch die Verträge beziehungsweise Vertragsänderungen Kosten entstanden, da wir aus Kulanzgründen auf die Einhaltung verzichtet haben."

    In einem Punkt bestätigt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg das Telekom-Statement. Tatsächlich habe es Abmahnungen gegeben.

    "Immer in diesen Verfahren gibt es erst eine außergerichtliche Abmahnung. Das heißt, wir werfen der Telekom vor, dass sie so und so gehandelt hat, und fordern sie auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben. In diesem Fall war die Telekom nicht einsichtig. Das heißt, wir haben jetzt wegen der Verweigerung dieser Abgabe der Unterlassungserklärung eine Klage eingereicht."

    Die Telekom sei in der Branche sicherlich eines der auffälligsten Unternehmen, wenn es um umstrittene Verkaufspraktiken am Telefon ginge - aber nicht das Einzige. Bei einer Untersuchung von Servicehotlines hat die Stiftung Warentest bereits im März herausgefunden, dass Firmen immer wieder versuchen, selbst ein Servicegespräch in eine ganz bestimmte Richtung zu lenken. Svenja Markert, Redakteurin bei Test.

    "Also, die Mitarbeiter sind freundlich und nett und versuchen kein Fachchinesisch zu verwenden, das ist schön. Allerdings wird das Gespräch dann oft zum Verkaufsgespräch. Wir rufen also an mit einer Frage, wollen Beratung, und danach soll uns ein neuer Telefontarif aufgeschwätzt werden, das hilft dem Anrufer in dem Fall nicht weiter. Aber es ist natürlich so: Die Mitarbeiter bekommen Provision!"

    Sollten Kunden einmal einen unerwünschten Vertrag untergeschoben bekommen, ist es häufig mühsam, diesen wieder rückgängig zu machen. Einfach ist es, wenn etwas Schriftliches vorliegt, sonst steht Wort gegen Wort. Aber: Eine Vertragsänderung muss von einem Unternehmen auch immer bewiesen werden können. Verbraucherschützer raten Kunden daher, den Verlauf telefonischer Verkaufsgespräche schriftlich zu dokumentieren und sich Notizen zu machen. Dann können Verbraucherzentralen den geprellten Kunden später dabei helfen, ihr Recht zu bekommen.