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Telenovela aus dem 18. Jahrhundert

Arsace, der Fürst von Korinth, schwört gern ewige Treue. Doch er verlässt die Frau, die ihn liebt und schneidet sein Auftreten zu auf die Bedürfnisse jener Anderen, die er begehrt und deren Rang und Amt ihn faszinieren. Armindo hingegen, der Prinz von Rhodos, wirbt leidend und still; sein späterer Trumpf ist der Adel des Herzens. Emilio dagegen, der Herrscher von Cumae, zeigt sich soldatisch. Sein Versuch, das Herz Parthenope’s, der Königin von Neapel, mit Gewalt zu erobern, mündet in Krieg.

Von Frank Kämpfer |
    Drei Kandidaten verkörpern drei Männer-Entwürfe – die schließliche Präferenz, die die weibliche Titelfigur äußert, beschert Georg Friedrich Händels 1730 uraufgeführter Oper "Parthenope" eine Art früh-aufklärerisches drittes Finale. Und zwar dergestalt, dass sich die Königin nicht allein für den zwar schüchternen, seelisch jedoch geradlinigen Armindo entscheidet, sondern dass sie dem eitlen Emilio vergibt, und den dritten, Arsace, zurück geleitet in die Arme seiner getreuen Verlobten Rosmira.

    Ein Gegenwartsstück, Fragezeichen? Anno 2005 könnte dies den Stoff für eine preiswerte Vorabend-Serie abgeben. Auch Anfang des 18. Jahrhunderts war das Textbuch Silvio Stampiglia’s begehrt und wurde von mehreren Komponisten vertont. Wie Händels Version beim Publikum ankam, ist nicht überliefert; fest steht nur, dass der Komponist das Libretto bereits längere Zeit favorisierte und es als Trumpfkarte zog, als die so genannte zweite Akademie am Londoner Kings Theatre mit Lotario, Giulio Cesare und einer Handvoll neuer italienischer Sänger nur sehr stockend begann.
    Heutige Händel-Forschung zählt die Oper zu den musikdramatisch stärksten des Londoner Meisters und die britische Early Opera Company entschied sich, indem sie Parthenope wählte, in ihrer zehnten Saison für eine Aufgabe besonders reizvoller Art.

    Das Ensemble ist relativ klein: Dreizehn Streicher, Cembalo und Theorbe grundieren die vor Jahresfrist in London produzierte Schallplattenfassung, deren Klang und Dramaturgie auf dem Einsatz von Original-Instrumenten fußt. Dazu kommen einige Bläser, die selten, aber effektvoll agieren. Christian Curnyn, Gründer und Dirigent der Company verknüpft in seiner Händel-Arbeit Erkenntnisse historischer Aufführungspraxis mit Erfordernissen der Bühne. Nicht reine Perfektion ist gefragt, sondern ebenso die Übermittlung theatralischer Botschaft. Die Mehrzahl der sechs Sängersolisten hat an namhaften englischen Schulen studiert und verfügt über Erfahrungen sowohl in der Szene der Alten Musik als auch im Opernbetrieb. Sopranistin Rosemary Joshua, Counter Stephen Wallace, Altistin Hilary Summers und der deutsche Mozarttenor Kurt Streit bilden ein stimmlich homogenes Ensemble, in dem ich alle Solisten bemühen, ihren Figuren Profil und Charakter zu geben.

    Händel nun wäre aber nicht Händel, durchliefen seine Figuren nicht wechselvolle seelische Achterbahnfahrten und wäre ihr Handlungsgeflecht nicht von tiefsten Konflikten geprägt. In besonderem Maß obliegt dies Rosmira und Arsace, die das Geheimnis ihrer Verbindung trotz Treuebruch und Krieg in manchmal grotesken Konstellationen zu wahren verstehen und am Ende sich als Liebende erneut zueinander bekennen. Zuvor nimmt Rosmira ausgiebig Rache und Arsace ist im 3. Akt von Verzweiflung geschlagen –> eine Herausforderung für den jungen amerikanischen Countertenor Lawrence Zazzo.

  • Musikbeispiel: G.F. Händel – aus; Parthenope

    Lawrence Zazzo, begleitet vom Orchester der Early Opera Company unter der Leitung von Christian Curnyn mit einer Arie aus Georg Friedrich Händel’s Oper "Parthenope", die kürzlich bei englischen Label CHANDOS RECORDS als Gesamteinspielung erschien.

    Titel: Georg Friedrich Händel: "Parthenope"
    div. Solisten
    Ensemble: Early Opera Company
    Leitung: Christian Curnyn
    Label: Chandos
    Labelcode: LC 07038
    Bestellnr.: CHAN 0719