"Ich halte es für opportun, mich zu diesem Thema zu äußern, auch deftige Ausdrücke zu benutzen. Da hat dieses Land doch diesen wunderbaren Ort, der in Italien einmalig ist und auch nicht unbedingt in Griechenland anzutreffen ist, und was geschieht? Nichts geschieht. Im Gegenteil. Das Desinteresse der Kulturpolitiker schreit zum Himmel. Die Situation ist alles andere als erfreulich."
Vittorio Sgarbi war Vizekulturminister und ist einer der bekanntesten italienischen Kunsthistoriker. Dass sein berühmter Kollege Gillo Dorfles, Doyen der italienischen Ästhetikforschung, gegen die aktuellen Zustände in Paestum wettert, kann Sgarbi nach einem Besuch an dem historischen Ort gut nachvollziehen. Italiens beeindruckendster archäologischer Fundort aus der griechischen Antike werde vernachlässigt und, so Dorfles in einem für Aufsehen sorgenden Artikel in der Tageszeitung "Corriere della sera", "schlichtweg vergessen und misshandelt".
Ein Besuch in Paestum macht deutlich, worum es geht: PKW und Laster rasen seit einiger Zeit direkt an den antiken Mauern der altgriechischen Stadt vorbei. Wo sich noch bis vor kurzem, in bukolischer Landschaft mit Wiesen und Bäumen, nur ein kleiner Weg befand, schuf man eine moderne Straße - direkt bei den antiken Mauerresten. Die Tageszeitung "La Repubblica" nannte das eine "kulturpolitische Schandtat".
Paestum, rund 50 Kilometer südlich von Salerno in der Region Kampanien gelegen, ist UNESCO-Weltkulturerbe. Um 600 vor Christus ließen sich hier Griechen nieder und gründeten das antike Poseidonia. Eine reiche Stadt, die über prächtige Tempelanlagen verfügte, von denen Goethe am 23. März 1787 auf seiner Italienischen Reise schrieb: "Ich pries den Genius, dass er mich diese so wohl erhaltenen Reste mit Augen sehen ließ."
Drei dorische Tempel - Hera, Poseidon und Athene gewidmet - erheben sich noch heute; Sakralbauten, die zu den am besten erhaltenen griechischen Tempelorten überhaupt gehören. Sicherlich würden die drei Tempel gepflegt und restauriert, meint der neapolitanische Archäologe Andrea Bianco, aber um die übrige archäologische Zone sei es gar nicht gut bestellt:
"Es handelt sich um drei extrem wichtige Bauwerke der Griechen, aber es existierte hier ja eine ganze Kleinstadt und Weltkulturgut bedeutet, dass man sich nicht nur um die Tempel kümmern muss, sondern auch um die anderen antiken Reste. Reste, die unbegreiflicherweise noch gar nicht ausgegraben worden sind. Hier wurden ja noch nicht einmal wissenschaftliche Untersuchungen unternommen, um zu sehen, was da unter der Erde liegt und sich in welchem Zustand befindet."
Mehr als die Hälfte der Griechenstadt ruht noch immer unter ausgedehnten Weizenfeldern. Archäologische Forschungen mit Testgrabungen sind nicht möglich, weil es sich entweder um Privatgrund handelt oder der Staat kein Geld für Forschungsarbeiten zur Verfügung hat. Seit Kulturminister Sandro Bondi die Ausgaben für archäologische Grabungen gekürzt hat, haben Archäologen wie Bianco die Hoffnung aufgeben, dass in Paestum antike Repräsentationsbauten ans Tageslicht geholt werden können:
"Probegrabungen, die vor Jahren durchgeführt wurden, wiesen nach, dass unter den Feldern hochinteressante Gebäudereste liegen. Das Freilegen dieser Grundmauern würde es uns erlauben, das Bild der antiken griechischen Stadt zu rekonstruieren. Was bisher so in Italien nicht möglich war, weil alle anderen einstmals griechischen Städte mit den Jahrhunderten überbaut worden sind. Und: Wir können auch davon ausgehen, dass es hier noch eine komplett erhaltene Nekropole zu entdecken gibt."
Archäologisch nicht erforscht ist das gesamte ehemalige Geschäfts- und Handelsviertel der antiken Stadt, wie auch Wohnquartiere verschiedener gesellschaftlicher Schichten. Grabungen in diesem Gebiet würden wichtige Hinweise auf das Alltagsleben der Bewohner von Poseidonia geben.
Unverständlich ist auch, dass das fast komplett erhaltene Amphitheater der Stadt nur zu einem Drittel ausgegraben wurde. Der große Rest liegt unter Erdreich - und unter dem Asphalt einer weiteren Autostraße, die das archäologische Gebiet von Poseidonia in der Mitte durchschneidet . Sämtliche Versuche, diese Straße umzulenken und somit einen einheitlichen archäologischen Park zu schaffen, schlugen bisher fehl. Archäologen sehen nur einen Ausweg: einen Appell an die UNESCO, damit von Paris aus die Regierung in Rom dazu aufgefordert wird, im "Fall Paestum" aktiv zu werden.
Vittorio Sgarbi war Vizekulturminister und ist einer der bekanntesten italienischen Kunsthistoriker. Dass sein berühmter Kollege Gillo Dorfles, Doyen der italienischen Ästhetikforschung, gegen die aktuellen Zustände in Paestum wettert, kann Sgarbi nach einem Besuch an dem historischen Ort gut nachvollziehen. Italiens beeindruckendster archäologischer Fundort aus der griechischen Antike werde vernachlässigt und, so Dorfles in einem für Aufsehen sorgenden Artikel in der Tageszeitung "Corriere della sera", "schlichtweg vergessen und misshandelt".
Ein Besuch in Paestum macht deutlich, worum es geht: PKW und Laster rasen seit einiger Zeit direkt an den antiken Mauern der altgriechischen Stadt vorbei. Wo sich noch bis vor kurzem, in bukolischer Landschaft mit Wiesen und Bäumen, nur ein kleiner Weg befand, schuf man eine moderne Straße - direkt bei den antiken Mauerresten. Die Tageszeitung "La Repubblica" nannte das eine "kulturpolitische Schandtat".
Paestum, rund 50 Kilometer südlich von Salerno in der Region Kampanien gelegen, ist UNESCO-Weltkulturerbe. Um 600 vor Christus ließen sich hier Griechen nieder und gründeten das antike Poseidonia. Eine reiche Stadt, die über prächtige Tempelanlagen verfügte, von denen Goethe am 23. März 1787 auf seiner Italienischen Reise schrieb: "Ich pries den Genius, dass er mich diese so wohl erhaltenen Reste mit Augen sehen ließ."
Drei dorische Tempel - Hera, Poseidon und Athene gewidmet - erheben sich noch heute; Sakralbauten, die zu den am besten erhaltenen griechischen Tempelorten überhaupt gehören. Sicherlich würden die drei Tempel gepflegt und restauriert, meint der neapolitanische Archäologe Andrea Bianco, aber um die übrige archäologische Zone sei es gar nicht gut bestellt:
"Es handelt sich um drei extrem wichtige Bauwerke der Griechen, aber es existierte hier ja eine ganze Kleinstadt und Weltkulturgut bedeutet, dass man sich nicht nur um die Tempel kümmern muss, sondern auch um die anderen antiken Reste. Reste, die unbegreiflicherweise noch gar nicht ausgegraben worden sind. Hier wurden ja noch nicht einmal wissenschaftliche Untersuchungen unternommen, um zu sehen, was da unter der Erde liegt und sich in welchem Zustand befindet."
Mehr als die Hälfte der Griechenstadt ruht noch immer unter ausgedehnten Weizenfeldern. Archäologische Forschungen mit Testgrabungen sind nicht möglich, weil es sich entweder um Privatgrund handelt oder der Staat kein Geld für Forschungsarbeiten zur Verfügung hat. Seit Kulturminister Sandro Bondi die Ausgaben für archäologische Grabungen gekürzt hat, haben Archäologen wie Bianco die Hoffnung aufgeben, dass in Paestum antike Repräsentationsbauten ans Tageslicht geholt werden können:
"Probegrabungen, die vor Jahren durchgeführt wurden, wiesen nach, dass unter den Feldern hochinteressante Gebäudereste liegen. Das Freilegen dieser Grundmauern würde es uns erlauben, das Bild der antiken griechischen Stadt zu rekonstruieren. Was bisher so in Italien nicht möglich war, weil alle anderen einstmals griechischen Städte mit den Jahrhunderten überbaut worden sind. Und: Wir können auch davon ausgehen, dass es hier noch eine komplett erhaltene Nekropole zu entdecken gibt."
Archäologisch nicht erforscht ist das gesamte ehemalige Geschäfts- und Handelsviertel der antiken Stadt, wie auch Wohnquartiere verschiedener gesellschaftlicher Schichten. Grabungen in diesem Gebiet würden wichtige Hinweise auf das Alltagsleben der Bewohner von Poseidonia geben.
Unverständlich ist auch, dass das fast komplett erhaltene Amphitheater der Stadt nur zu einem Drittel ausgegraben wurde. Der große Rest liegt unter Erdreich - und unter dem Asphalt einer weiteren Autostraße, die das archäologische Gebiet von Poseidonia in der Mitte durchschneidet . Sämtliche Versuche, diese Straße umzulenken und somit einen einheitlichen archäologischen Park zu schaffen, schlugen bisher fehl. Archäologen sehen nur einen Ausweg: einen Appell an die UNESCO, damit von Paris aus die Regierung in Rom dazu aufgefordert wird, im "Fall Paestum" aktiv zu werden.