Freitag, 19. April 2024

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Terrormiliz IS
Lorin S. und ihre vier Kinder zurück in Deutschland

Lorin S. ist Dienstagabend mit ihren vier kleinen Kindern aus der Türkei nach Deutschland abgeschoben worden. Die Hildesheimerin ist ein mutmaßliches Mitglied der Terrormiliz IS. Inwieweit Lorin S. terroristisch aktiv gewesen sei, lasse sich schwer nachweisen, so die Salafismus-Expertin Nina Käsehage.

Nina Käsehage im Gespräch mit Ute Meyer | 04.12.2019
Ein Fahrzeugkonvoi mit Mitgliedern der Terrormiliz Islamischer Staat
Wie umgehen mit IS-Kämpfern, die nach Deutschland zurückkehren? (Militant website/AP)
Die 30-jährige Lorin S. wurde am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen, ihre vier Kinder dem Jugendamt übergeben. Nina Käsehage ist Expertin für Salafismus in Deutschland und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Religionswissenschaft der Universität Rostock. Ihrer Einschätzung nach ist es gut möglich, dass Lorin S. durch ihre Kontakte zur salafistischen Szene in Hildesheim motiviert worden ist, nach Syrien zu reisen und sich dem sogenannten Dschihad der Terrormiliz IS anzuschließen.
Salafistische Szene in Hildesheim eine der aktivsten in ganz Deutschland
Ihr mittlerweile getöteter Ehemann war ein Kämpfer des sogenannten "Islamischen Staates". Inwieweit Lorin S. selber terroristisch aktiv war oder vor allem ihrem Mann als Ehefrau gefolgt ist, lässt sich schwer nachweisen, so die Einschätzung von Nina Käsehage. Denn für die Zeit ihres Aufenthaltes in Syrien gebe es wahrscheinlich keine Zeugen.
Teil eines IS-Schwesternnetzwerkes?
Dennoch hat am Mittwoch ein Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichtes in Celle die Fortsetzung der Untersuchungshaft für Lorin S. angeordnet. Beschuldigte sei dringend verdächtig sei, sich als Mitglied des "Islamischen Staats" an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt zu haben, indem sie von Syrien aus als Teil eines "Schwesternnetzwerks" die Ausreise mehrerer Frauen von Deutschland in das Herrschaftsgebiet des IS organisiert und dort die Heirat mit IS-Kämpfern vermittelt habe. Außerdem soll die Beschuldigte es ihrem damaligen Ehemann ermöglicht haben, für den IS zu kämpfen, indem sie sich um die Haushaltsführung und die Erziehung der Kinder nach der Ideologie des IS gekümmert habe, so heißt es vom Oberlandfesgericht Celle.
Hildesheimer Prediger hatte Kontakte zum Attentäter Anis Amri
Wie Religionswissenschaftlerin Nina Käsehage bestätigt, ist die salafistische Szene in Hildesheim ist eine der aktivsten in ganz Deutschland. Sie setze sich aus dem deutschsprachigen Islamkreis zusammen. Hauptakteur war demnach der Prediger und Imam der dortigen Moschee Abu Wala, auch als der "Prediger ohne Gesicht" bekannt, der zurzeit vor Gericht steht. Abu Wala bezeichnete sich laut Käsehage selber als der "Statthalter des Islamischen Staates im Irak in Deutschland". Er hatte Kontakte zum Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri und gilt als einer der größten Dschihadistenführer in Deutschland mit guten Kontakten zum IS in Syrien und im Irak.
Von Hildesheim aus konnte man einige Jahre eine Ausreisebewegung in Richtung Syrien oder Irak feststellen, berichtet die Salafismus-Expertin. Sowohl deutsche Konvertiten als auch Muslime hätten sich auf den Weg gemacht, um sich am Dschihad, am Krieg gegen "Ungläubige" zu beteiligen.