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Test mit Hindernissen

Kommunikationstechnik. - Die Entwicklung von Galileo - der europäischen Alternative zum amerikanischen Satelliten-Navigationssystem GPS - nimmt immer konkretere Formen an. 2008 soll das System in Betrieb sein - die Vorbereitungsphase mit endgültigen Festlegungen auf Frequenzen und die Form des Sendesignals wird im kommenden Frühjahr abgeschlossen sein. Gestern sollte nun in München und Fürstenfeldbruck eine bislang einzigartige Messkampagne beginnen, die für die Entwicklung der künftigen Endgeräte wichtige Informationen liefern soll. Doch das Wetter hat den Forschern bislang einen Strich durch die Rechnung gemacht - gemessen wird wohl erst heute - vielleicht morgen oder auch erst übermorgen, denn das Messgerät ist ein Zeppelin, der im Versuch einen Satelliten simuliert - nur leider bei Sturm nicht starten kann.

    Von Wolfgang Nitschke

    Dass am Münchener Himmel während des Oktoberfestes Luftschiffe kreisen, ist nichts außergewöhnliches, denn sie eignen sich fantastisch als Träger von Werbebotschaften. In diesem Jahr wird aber auch ein Zeppelin dabei sein, der keinerlei Werbung trägt, sondern einen Satelliten simulieren soll. Das erscheint auf den ersten Blick unmöglich - Satelliten kreisen in 24.000 Kilometern Höhe um die Erde - der Zeppelin kann höchstens in 2000 Meter Höhe fliegen. Dr. Friedrich Kühne, Institutsleiter Nachrichtentechnik bei der DLR in Oberpfaffenhofen:

    Das ist egal, weil es kommt nur auf die Effekte an, die sich unten am Boden abspielen. Das Heißt: Sie stehen neben einem Hochhaus und dann bekommen sie einmal das Signal vom Satelliten zum anderen ein Signal, was vom Hochhaus reflektiert ist. Und das zu untersuchen und zu beschreiben ist der Sinn dieser Messkampagne und dazu ist das egal, wo das Signal herkommt. Viel wichtiger ist, welchen Einfallswinkel es hat. Wir können mit dem Zeppelin verschiedene Einfallswinkel einstellen, die nennt man Elevation. Wir können für verschiedene Elevationen das messen und für die Messung ist das Wurscht, wie weit die Quelle weg ist.

    Reflexionen gibt es aber nicht nur von Häusern - Autos, Fußgänger, Telefonzellen oder Strommasten können ebenfalls dafür verantwortlich sein und im schlimmsten Fall hat der Empfänger gar keinen Kontakt zum Satelliten und bekommt nur reflektierte Signale. Gerade in der Großstadt kann das passieren und dann kommt es zu ungenauen Positionsbestimmungen. Das darf aber nach den vereinbarten Standards bei Galileo nicht sein, denn das neue System soll ja genauer sein, als das amerikanische GPS. Dr. Alexander Steingass, Projektleiter der Messkampagne bei der DLR erhofft sich durch die Messungen aber neue Erkenntnisse, die trotz Reflexion eine genaue Positionsbestimmung möglich machen. Die Messungen seien ein Erfolg, wenn man am Ende sagen könne:

    Wir haben viele Daten gesammelt mit denen wir Kanalmodelle, so nennen wir das - Modelle über den Übertragungskanal finden wollen. Und mit Hilfe dieser Modelle möchten wir zum einen das Sendesignal aussuchen das gibt es momentan noch viele Diskussionen, drei, vier Varianten aus denen man wählen könnte und wir möchten sagen: Variante A ist besser weil - das ist der Markt der Zukunft und Variante B ist nicht so gut, dass können wir an den Messdaten sehen. Und zweitens wollen wir Empfänger entwickeln, die besser mit solchen Reflexionen umgehen können.

    Fünf Szenarien werden in der Kampagne gemessen und von einem mit Hightech gefüllten Messfahrzeug aufgezeichnet. Zu Fuß durch die Großstadt, mit dem Auto durch die Großstadt - 2 identische Messungen in der Kleinstadt, wo es wohl weitaus weniger Störungen geben wird und eine Fahrt über Autobahnen und Landstrassen. Und vielleicht ergeben die Messungen auch, dass man je nach Anwendung verschiedene Signale von den Satelliten abstrahlen muss. Steingass:

    Die Sendesignale unterscheiden sich zum einen durch die bandbreite und zum anderen durch die Signalform und es gibt eben für den einen oder anderen Fall geschicktere oder ungeschicktere Signale und man muss jetzt an der Anwendung - und das ist der Grund, warum wir diese Daten dringend brauchen - an dem tatsächlichen Übertragungsweg müssen wir entscheiden das Signal ist besser oder das Signal ist besser.

    Viel Zeit, um die Messergebnisse auszuwerten, bleibt den DLR-Experten nicht. Schon 2004 soll der erste experimentelle Galileo-Satellit auf seine Umlaufbahn geschossen werden, 2005 und 2006 folgen dann mehrere der tatsächlich operablen Satelliten - und dann soll Galileo zumindest teilweise in Betrieb sein. Amerika ist darüber nicht sonderlich glücklich und auch nicht kooperativ. Die DLR ist sich sicher, dass die Daten, die bei der derzeitigen Messung in München gesammelt werden eigentlich bereits vorhanden sind, denn für GPS sind solche Messungen auch gemacht worden - herausgerückt haben die Amerikaner die Daten aber nicht. Trotzdem können die USA Galileo nicht verhindern und werden ihr Monopol am Himmel schon bald verlieren.