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Test-Sensor
"Wir können die Komposition eines Whiskys bestimmen"

Der Chemiker Uwe Bunz von der Uni Heidelberg hat für knapp 1.000 Euro Whisky erworben, um einen neuartigen Fluoreszenz-Sensor zu testen. Im Dlf sagte er, das Gerät sei eine Art künstliche Zunge. Möglicher Einsatzzweck: gefälschte Whiskys erkennen.

    Die Whisky-Auswahl einer Bar in Oban in Schottland: Dutzende Whisky-Flaschen und zahlreiche Gläser sind zu sehen.
    Die Whisky-Auswahl einer Bar in Oban in Schottland (picture alliance / dpa / Bill Wassman)
    Ralf Krauter: Mal schmeckt er rauchig, mal nach Vanille, mal nach Torf oder Trockenfrüchten. Whisky gibt es in unzähligen Geschmacksnuancen. Und während Kenner selbst die feinsten Unterschiede etwa unterschiedlicher Speyside Single Malts schmecken können, taten sich chemische Analytiker bislang schwer damit, verschiedene Whiskysorten auseinanderzuhalten.
    Der Grund: Whiskys können ganz unterschiedlich schmecken, und chemisch dennoch praktisch dieselbe Zusammensetzung haben. Uwe Bunz, Professor für organische Chemie an der Universität Heidelberg, wollte sich mit diesem unbefriedigenden Befund aber nicht zufrieden geben. Auf Basis spezieller fluoreszierender Nachweisreagenzien hat er eine Art künstliche Zunge entwickelt, die verschiedene Whiskysorten klassifizieren kann. Ich habe Uwe Bunz vor der Sendung gefragt, wie er darauf kam, Whisky chemisch unter die Lupe zu nehmen.
    Uwe Bunz: Wir arbeiten seit längerer Zeit mit einer Klasse von Polymeren, die in Wasser löslich sind und in Wasser fluoreszieren, wenn Sie da mit einer UV-Lampe draufgehen, also mit einem Schwarzlicht. Diese Polymere, deren Fluoreszenz ist einfach unheimlich empfindlich auf jede Form der Änderung der Umgebung. Die haben sie in Wasser gelöst, und das sind typischerweise gelbe Flüssigkeiten. Wenn Sie das Licht ausmachen und dann mit dem Schwarzlicht draufscheinen, glühen die typischerweise grünlich oder grünlich blau. Die Intensität dieses Glühens, das wird durch verschiedene Whiskys moduliert. So, warum haben wir Whiskys genommen? Ganz einfach: Whiskys sind ein super Testanalyt, weil es halt so viele verschiedene Whiskys gibt und wir damit auch feststellen konnten, wie gut unsere Zunge die verschiedenen Whiskys natürlich auseinanderhalten kann.
    "Das Muster ist charakteristisch, nicht die Reaktivität einer Einzelpolymerlösung"
    Krauter: Sie sprechen also tatsächlich von einer künstlichen Zunge. Das ist schon so eine Vokabel, die Ihnen da in diesem Zusammenhang in den Sinn käme?
    Bunz: Ja, genau. Also Sie können das auch natürlich als Sensorfeld bezeichnen. Aber im Prinzip ist der Aufbau unserer chemischen oder optoelektronischen Zunge so, dass Sie zum Beispiel vier oder fünf leicht verschiedene Polymerlösungen haben. Und jetzt setzen Sie da jeweils einen Tropfen Whisky dazu. Und die Änderung der Fluoreszenz, die messen Sie, und die ist für jedes Polymer ein kleines bisschen anders und ergibt dann hinterher, wenn man das auswertet, einfach ein Muster.
    Krauter: Also ein Muster aus verschiedenen hell leuchtenden Punkten, das dann quasi charakteristisch für die jeweilige Whiskysorte ist?
    Bunz: Genau. Das Muster ist charakteristisch, nicht die Reaktivität einer Einzelpolymerlösung. Das ist nicht besonders brauchbar. Aber wenn Sie die kombinieren, bekommen Sie da einfach ein Muster raus, was eindeutig ist. Und was vor allen Dingen auch subtile Veränderungen, wie Sie das bei verschiedenen Whiskysorten haben, feststellen kann. Und das ist im Grunde so eine Art Fingerabdruck. Der Clou bei der Geschichte ist jetzt aber, dass, wenn die Whiskys miteinander verwandt sind, dann auch ähnliche Muster aufweisen, die durch eine statistische Methode aufgedeckt werden kann.
    Krauter: Das heißt, Sie könnten sagen, welche Whiskys aus derselben Distillerie stammen oder welche Single Malts da vorliegen?
    Bunz: Ja, das könnte ich machen, wenn Sie mir ein Trainingsset geben von Whiskys, die relativ ähnlich sind. Wenn ich ein Trainingsset von so und so viel Whiskys habe und Sie mir dann einen unbekannten Whisky geben, dann kann ich sagen, dieser Whisky hat ein Muster, das am ähnlichsten dem und dem Whisky ist, und ich würde dann vermuten, dass es sich um einen Whisky aus derselben Distillerie handelt oder von einem ähnlichen Fabrikanten handelt.
    Krauter: Das deutet schon auf eine mögliche Anwendung so eines Whiskysensors hin. Man könnte wahrscheinlich gefälschte Produkte, die ja durchaus auch im Umlauf sind identifizieren?
    Bunz: Ja! Ja, absolut. Die große Anwendung wäre zum Beispiel für gefälschte Whiskys das zu machen. Also das ginge.
    "Rauchigkeit können wir nicht unterscheiden"
    Krauter: Wäre denn denkbar, dass man dieses Verfahren irgendwann so weiterentwickelt, dass der Sensor tatsächlich auch bei einer Blindverkostung verraten würde, dieser Whisky schmeckt besonders torfig oder vanillig?
    Bunz: Das ist noch mal ein bisschen schwieriger. Da haben wir natürlich auch Versuche gemacht. Und eine Sache, die wir zeigen können, ist, wir können also das, was im Schottischen als "rich" und "light" beim Whisky bezeichnet, das können wir sehr gut unterscheiden mit unserer Zunge. Weil das auch mit der Farbe zusammenhängt, aber wenn es um "peaty" geht, also Rauchigkeit, das können wir nicht machen. Und wir wissen auch, warum wir das nicht machen können: Rauchige Whiskys enthalten Spuren von Phenolen. Phenolen sind generell sehr giftig, aber in diesen sehr kleinen Mengen sind sie eben für das Raucharoma verantwortlich. Wir Menschen sind halt gut da drin, Dinge, die giftig sind, zu erkennen, sonst hätten wir nicht überlebt. Und man kann jetzt aber mit unseren Zungen keine Spuren von irgendwelchen Verbindungen nachweisen. Wir können nur die Gesamtkomposition oder die Gesamtzusammensetzung bestimmten, wie bei einem Fingerabdruck.
    Krauter: Hat Ihre professionelle Befassung mit diesem Thema jetzt dazu geführt, dass sie selbst Whisky anders wahrnehmen beim Verkosten?
    Bunz: Ja, in der Tat, ich bin früher überhaupt kein Whiskytrinker gewesen. Und was ich jetzt natürlich gemacht habe … Also, wenn Sie einen Whisky kaufen, das können Sie natürlich nicht vom Universitätsgeld machen oder auch nicht vom DFG-Geld, da würde Ihnen die Kanzlerin gleich auf den Deckel steigen. Das heißt, ich habe insgesamt irgendwie fast tausend Euro ausgegeben, um die entsprechenden Proben zu bekommen. Und die stehen jetzt natürlich bei mir zu Hause. Und tatsächlich gibt es sehr unterschiedliche Whiskys. Das war mir so aufgeschärft auch wirklich nicht klar.
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