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Teststäbchen für Kokain

Chemie. - Chemiker aus den USA haben einen Kokain-Schnelltest entwickelt, der genauso einfach zu handhaben ist wie ein Schwangerschaftstest. Sein Geheimnis sind künstliche DNA-Stücke.

Von Marieke Degen | 21.03.2007
    Ein Patient wird in die Notaufnahme gebracht, vollgepumpt mit Drogen und nicht mehr ansprechbar. Solche Notfälle sind für Ärzte besonders heikel. Sie müssen rasch handeln, doch je nachdem, welchen Drogencocktail der Patient intus hat, reagiert er anders auf Medikamente. Ein neuer Teststreifen von der Universität in Illinois soll Ärzten helfen, die Drogen schneller zu identifizieren. Der Prototyp spürt Kokain im Blut auf - mit Hilfe von Gold und künstlicher DNA.

    "Bislang hat man illegale Drogen wie Kokain mit Antikörpern nachgewiesen. Aber Antikörper sind teuer und nicht sehr praktisch. Wir arbeiten mit der DNA-Version von Antikörpern. Nukleinsäuren sind viel robuster, besonders DNA","

    sagt Juewen Liu, Chemiker an der Universität in Illinois. Die DNA-Stücke, die die Forscher verwenden, heißen Aptamere. Sie werden im Labor hergestellt. Genau wie Antikörper sind sie in der Lage, einen ganz bestimmten Stoff zu erkennen und zu binden.

    ""Unser Teststab besteht aus vier Lagen. Zwei davon nehmen die Flüssigkeit auf. Die dritte enthält den eigentlichen Wirkstoff: Goldpartikel, die mit Aptameren verbunden sind. Zuletzt kommt eine Membran mit einem Protein, dem so genannten Streptavidin."

    Das Stäbchen wird in verdünntes Blut getunkt. Die Flüssigkeit wandert die Lagen entlang und trifft auf Klumpen aus winzigen Goldkügelchen und kokainspezifischen Aptameren. Ohne Kokain im Blut passiert dann gar nichts, denn die Klumpen sind zu dick, um mit der Flüssigkeit weiter zu wandern. Befindet sich jedoch Kokain im Blut, bindet es sofort an die Aptamere und löst den Komplex auf. Die befreiten Goldpartikel sickern nun das Stäbchen entlang und bleiben am Proteinstreifen hängen wie Insekten am Fliegenpapier. Dort bilden sie eine rote Linie. Je dicker sie ist, desto mehr Koks hat der Patient intus. Das Prinzip habe sich im Labor bewährt, sagt Liu. Trotzdem gibt es noch einiges zu verbessern.

    "Der Test sollte auch geringe Mengen an Kokain anzeigen. Im Moment muss die Konzentration im Blut aber sehr hoch sein, damit wir sie überhaupt nachweisen können. Jetzt müssen wir das Testverfahren verbessern und empfindlicher machen."

    Dazu will Juewen Liu die Farbe der einzelnen Goldkügelchen so intensivieren, dass auch ganz dünne Linien auf dem Teststreifen zu erkennen sind.

    Aptamere kommen zwar schon seit den 90er Jahren in Labors zum Einsatz, um Substanzen zu bestimmen. Doch die bisherigen Verfahren waren so aufwendig, dass sie nur ausgebildete Chemiker anwenden konnten. Der Teststreifen aus Illinois könnte der Aptamer-Technik nun zum Durchbruch verhelfen. Je nach eingebauter DNA lassen sich mit ihm alle möglichen Stoffe in Flüssigkeit nachweisen, egal ob Hormone, Antibiotika, oder Umweltgifte.

    "Bevor wir unseren Schnelltest hatten, haben wir mit Aptameren in Lösungen gearbeitet. Das Prinzip ist das gleiche geblieben, aber jetzt steckt die ganze komplizierte Chemie im Teststreifen. Alles, was man tun muss, ist das Stäbchen einzutauchen und auf den roten Streifen zu warten. Wir haben die Technik einfacher und benutzerfreundlicher gemacht."

    In zwei Jahren soll der Test den Markt erobern. Bis dahin will das Team eine ganze Palette an Drogen-Teststäbchen entwickeln - für die Notfallmedizin. Vielleicht sind sie irgendwann wie Schwangerschaftstests in jeder Apotheke zu haben. Spätestens dann wären sie nicht nur für Notärzte interessant, sondern auch für die Polizei, die Armee, für leidgeprüfte Eltern und argwöhnische Arbeitgeber.