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Teuer und angeblich keimtötend

Lebensmittelkontrolle. - Manuka-Honig ist ein Star im Honigregal von Reformhäusern und Ökomärkten. Der neuseeländische Honig soll besonders antibakteriell wirksam sein. Mit diesem Argument können Anbieter besonders hohe Preise erzielen. Doch der weltweite Absatz übersteigt die Produktion um ein Vielfaches. Dresdner Lebensmittelchemiker können echten von gefälschtem Manuka-Honig erkennen.

Von Volker Mrasek | 10.10.2013
    "Mich fasziniert an Honig mehr die Farbe und die Konsistenz. Und nicht unbedingt der Geschmack."

    Jana Rückriemen kann froh sein, daß das so ist. Denn würde es sie nach ihrem Untersuchungsobjekt gelüsten, käme das die Lebensmittelchemikerin ganz schön teuer:

    "Zwischen zehn und 50 Euro"

    So viel muss man berappen für ein Glas Manuka-Honig aus dem Reformhaus oder aus dem Internethandel. Jana Rückriemen forscht über das wertvolle Naturprodukt, am Institut für Lebensmittelchemie der TU Dresden. Manuka-Honig stammt aus Neuseeland. Gewonnen wird er aus dem Blütennektar einer dort heimischen Teebaum-Art. Der Honig hat eine starke antibakterielle Wirkung. Das macht ihn so begehrt. Und so interessant! Thomas Henle, Professor für Lebensmittelchemie an der TU Dresden:

    "Daß Manuka-Honig antibakteriell wirksam ist, weiß man seit vielleicht etwa so 30 Jahren. Was tatsächlich dafür verantwortlich ist, wußte man lange Jahre nicht. Und wir konnten an der TU Dresden zeigen, daß eine Verbindung namens Methylglyoxal für diese antibakterielle Wirksamkeit verantwortlich ist."

    In exorbitanten Konzentrationen sei die Substanz in dem neuseeländischen Honig enthalten, sagen die Dresdner Forscher, die schon vor Jahren eine spezielle Analyse-Methode zum Nachweis der Authentizität für Manuka entwickelt haben. Jana Rückriemen:

    "Das Methylglyoxal ist eine Zuckerabbau-Komponente, die letztendlich aus den Zuckern, die ja zuhauf im Honig vorhanden sind, entsteht."

    Thomas Henle: "Die Gehalte liegen bei Werten von etwa 700 bis 1000 Milligramm pro Kilogramm. Entsprechend hohe Mengen an Methylglyoxal findet man in keinem anderen Lebensmittel. Kaffee enthält noch etwas Methylglyoxal. Man müsste beispielsweise 50 bis 100 Tassen Kaffee trinken, um vergleichbare Mengen wie vielleicht in 20 bis 30 Gramm Honig zu erreichen."

    Daß Manuka-Honig so viel von einem Stoff enthält, der Bakterien abtötet, macht ihn so exquisit. Und jetzt auch zu einem neuen Fall für den Verbraucherschutz. Die britische Agentur für Lebensmittelstandards warnt Konsumenten vor zunehmenden Betrügereien mit dem teuren Importprodukt aus Neuseeland. Aufgrund von Analyse-Ergebnissen, die auch Thomas Henle kennt und die zeigen,

    "daß offensichtlich insbesondere in England, aber damit natürlich auch im Rest von Europa, sehr viel Manuka-Honig verkauft wird, der gar kein Manuka-Honig ist. Konkret wurde festgestellt, daß in diesen Honigen gar kein Methylglyoxal, also damit gar kein tatsächlicher wertgebender Inhaltsstoff, enthalten war."

    Nach Angaben der Behörden gehen allein in Großbritannien jedes Jahr 1800 Tonnen Manuka-Honig über die Ladentheke. Weltweit sollen es 10.000 Tonnen sein. So viel produziert Neuseeland aber gar nicht! Die Industrie gibt eine Menge von gerade mal 1700 Tonnen jährlich an. Nur jeder fünfte bis sechste verkaufte Manuka-Honig ist demnach authentisch. Bei dem Rest handelt es sich in Wahrheit um andere, minderwertige Honige. Daß Verbraucher auch in Deutschland hinters Licht geführt werden, bestätigen eigene Untersuchungen der Dresdner Lebensmittelchemiker. Henle:

    "Wir konnten durchaus eine ganze Reihe von Honigen identifizieren, in denen kein Methylglyoxal enthalten ist. Diese Honige werden verkauft als Manuka-Honig mit entsprechenden Phantasie-Auslobungen wie zum Beispiel 'active plus' oder 'active 10' oder wie auch immer. Und das sind dann Honige, die gleichzeitig teuer sind, ohne den wertgebenden Inhaltsstoff zu enthalten. Und das ist natürlich dann eine ganz klare Irreführung des Verbrauchers."

    Der hat allerdings eine Möglichkeit, sich vor dem Nepp zu schützen, wie Thomas Henle sagt. Redliche Hersteller klebten auf ihre Produkte ein Prüfsiegel:

    "Die besten Labels sind aus unserer Sicht die, die den tatsächlichen Gehalt an Methylglyoxal angeben."

    Dann aber oft abgekürzt als MGO. Oder auch als UMF. Was Verbraucher natürlich wissen sollten. Thomas Henle:

    "Alle Honige, die mit MGO oder auch UMF bezeichnet sind, sind aus unserer Sicht echte Manuka-Honige."

    Eine ganz andere Frage ist: Was bringt es dem Verbraucher, wenn er, sagen wir, jeden Tag einen Löffel Manuka-Honig zu sich nimmt? Thomas Henle ist da zurückhaltend. Es gebe zwar Studien, die andeuteten, daß Manuka zum Beispiel gegen schädliche Magenbakterien wirke, sagt der Dresdner Experte. Doch ob der Genuss des Honigs wirklich einen gesundheitlichen Zusatznutzen hat, sei wissenschaftlich noch nicht hinreichend belegt.