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Teure Downloads

Die Klagewelle der amerikanischen Musikindustrie hat auch die US-Universitäten erfasst: Der Interessenverband RIAA hat hunderte Drohbriefe an Colleges und Unis geschickt und fordert sie zur Herausgabe der Namen von Studierenden heraus, die das Uni-Netz angeblich für illegale Downloads genutzt haben sollen. Die Universitäten sind in der Zwickmühle: Einerseits müssen sie persönliche Daten der Studierenden schützen, andererseits ist eine "fachfremde" Nutzung des hochschuleigenen Internetzugangs natürlich unerwünscht.

Von David Goeßmann |
    Die 23-jährige Tracy Kelly liebt Musik. Doch ihre Leidenschaft kostete sie nun rund 4000 Dollar. Der Grund: Die Studentin der University of Massachusetts in Amherst lud von ihrem Campus-Account illegal Musik runter. Das Musiklabel des Warner Brothers Konzerns verklagte Tracy.

    "Sie kontaktierten die Universität und die gibt Studenten-Informationen weiter, so dass wir haftbar gemacht werden können. Musikkonzerne nutzen Studenten aus, die kein Geld haben. Jeder Bürger hat seine geschützte Privatsphäre. Und nur weil wir hier an einer Universität sind, können wir haftbar gemacht werden. Ich halte das nicht für richtig."

    Teuere zehn Songs aus dem Internet. Tracy hat vorerst genug vom so genannten File-Sharing.

    Die Musikkonzerne in den USA gehen seit Anfang des Jahres immer schärfer gegen Online-Piraterie auf dem Campus vor. Mit Drohbriefen fordern sie Universitäten und Colleges auf, Studierende, die illegal downloaden, zu identifizieren. John Dubach, Chef der Abteilung für Informationstechnologie an der University of Massachusetts:

    "Es gibt da zwei Seiten. Wir schützen die Privatsphäre unserer Studenten. Wir schauen nicht nach, was sie tun. Auf der anderen Seite hat die Musikindustrie das Recht, ihr Copyright zu schützen. Wir haben daher das Gefühl, auf der Grenze zwischen den beiden Seiten zu gehen, wobei wir versuchen, uns eng an die gesetzlichen Vorschriften zu halten."

    Juristisch seien den Unis die Hände gebunden, sagt Dubach. Tatsächlich haben Klagen von Universitäten, die die Log-Dateien ihrer Studenten nicht preisgeben wollen, kaum Chancen.

    Allein die Uni in Amherst erhielt im letzten Jahr 900 Benachrichtigungen über Copyright-Verletzungen vom US-Musikverband, der "Recording Industry Association of America", kurz RIAA. Manche dieser Fälle haben ein juristisches Nachspielt. Doch meist kommt es dabei zu außergerichtlichen Einigungen mit einem Strafgeld von 3000 bis 4000 Dollar für die Studierenden. Cary Sherman, Präsident der RIAA:

    "Studenten wollen Musik haben, aber sie kaufen sie nicht mehr. Sie meinen, sie können über File-Sharing ihre Musik mit anderen straffrei teilen. Wir wollen ihnen klar machen, dass das illegal ist und dass sie dabei Risiken eingehen."

    Viele Studierende auf dem Amherst-Campus sehen sich verraten von der Universität. Der Musikindustrie werfen sie vor, profitgierig zu sein.

    "Musik sollte weiter frei tauschbar sein. Früher haben die Leute Musik aus dem Radio aufgenommen. Das war auch nicht illegal. Ich sehe nicht, warum wir es nicht im Internet machen dürfen."

    "Ich denke, berühmte Leute verdienen eh genug. Warum ärgert man also Leute, die nichts damit verdienen, sondern nur die Musik genießen wollen."

    Mit Informationskampagnen, Abmahnungen oder dem alternativen Internet-Musikdienst "Ruckus" versucht die University of Massachusetts wie andere Unis auch, die Zahlen von Online-Piraterie zu senken. Bisher ohne Erfolg.

    "Ich verstehe die Strategie der RIAA. Je mehr Publicity sie bekommen und je mehr 4000-Dollar-Einigungen erreicht werden, desto wahrscheinlich ist es, dass Studenten abgeschreckt werden. Doch dieser technologische Geist ist nun mal aus der Flasche gelassen worden und niemand wird ihn dort wieder hinein kriegen."

    Während in Washington der US-Kongress droht, Universitäten mit hoher Online-Piraterie die finanziellen Zuschüsse zu kürzen, arbeiten Unis gleichzeitig an Anti-Piraterie-Technologien. Schlechte Zeiten für Campuspiraten in den USA.

    Links zum Thema

    "Verzieht euch!" - mit dieser klaren Absage haben Jura-Professoren der Uni Harvard auf die Drohungen der RIAA reagiert.