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Teure Freundschaftsspiele

In Brasilien werden schwere Vorwürfe laut gegen den Präsidenten des FC Barcelona. Sandro Rosell soll sich erneut an Geschäften mit der brasilianischen Nationalauswahl, der Selecao, bereichern.

Von Thomas Kistner |
    Der Chef des spanischen Traditionsklubs ist ein enger Freund des langjährigen Chefs im brasilianischen Fußballverband CBF, Ricardo Teixeira. Der Skandalfunktionär hatte sein Land im März 2012 fluchtartig verlassen und alle Ämter abgegeben, weil die Bundespolizei gegen ihn und Rosell ermittelte. Damals soll das Duo über eine Scheinfirma überhöhte Rechnungen für ein Testspiel Brasiliens gegen Portugal erstellt und einen Millionensumme aus Bundesmitteln ergaunert haben. In Brasilia liegt eine Anklage vor.

    Der aktuelle Vorgang reicht weiter. Demnach soll das Duo, das alle Vorwürfe bestreitet, Gelder abzweigen, das die Selecao für ihre Freundschaftsspiele in aller Welt kassiert. Die Rechte an diesen Auftritten, wie jüngst beim Gastspiel in der Schweiz, hält die Firma International Sports Events (ISE). Sie sitzt auf den Cayman-Inseln und soll Teile der Gagen von 1,6 Millionen Dollar pro Spiel nicht an den CBF nach Brasilien, sondern an eine Firma im US-amerikanischen New Jersey weiterleiten. Diese Firma namens Uptrend Development ist registriert auf den Namen Alexander R. Feliu. Das ist der Klarname Sandro Rosells. Die Zeitung "Estado do Sao Paulo" berichtet dies nun unter Berufung auf einen Vorvertrag, der ein Schema der Unterschlagung zwischen den Firmen enthülle. Demnach gibt die ISE pro Freundschaftsspiel nur 1,1 Millionen an den CBF weiter, 450.000 Dollar wanderten auf die Konten der US-Firma. So kassiere Rosells Agentur allein aus den im Vertrag vereinbarten 24 Selecao-Auftritten knapp elf Millionen Dollar.

    Für den CBF sind Testspiele die Haupteinnahmequelle. Teixeira hatte 2003, kurz bevor er die Ämter abgab und nach Miami floh, im Alleingang die Testspiel-Rechte der Selecao bis 2022 verhökert: Natürlich an die ISE.

    Die Verflechtungen werfen aber mehr Fragen auf. Hinter der ISE stehen Investoren aus Saudi-Arabien und Katar, was den Blick auf die umstrittene WM-Vergabe 2022 in das Emirat lenkt. Denn die ISE taucht auch im Kontext von Schmiergeldzahlungen an den früheren katarischen Fifa-Vorständler Mohammed Bin Hammam auf. Laut einem Buchprüferbericht beim asiatischen Fußballverband AFC, den Bin Hammam bis 2011 führte, soll der Katarer 2008 von der ISE zwölf Millionen Dollar auf Auslandskonten erhalten haben. Rosell unterhält auch nach Katar beste Drähte. Seit er Klubchef in Barcelona ist, werben dort Sponsoren aus Katar auf den Trikots, die zuvor 107 Jahre lang frei von Reklame geblieben waren.