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Teure Verbindung

Wenn sich junge Berufstätige versichern wollen, Mieter mit der Nebenkostenabrechnung nicht zufrieden sind oder Patienten die günstigste Zahnbehandlung suchen, können sie sich bei der Verbraucherzentrale beraten lassen. Wer telefonisch nach Hilfe sucht, muss tief in die Tasche greifen: Viele Beratungsstellen verlangen mehr als 1,50 Euro pro Minute. Doch auch das persönliche Gespräch ist nicht billiger.

Von Gerhard Trey |
    ""Hier ist der Beratungsservice der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese Bandansage ist kostenlos. Sobald eine Beraterin oder ein Berater mit Ihnen spricht, berechnen wir 1 Euro 75 Cent pro Minute beim Anruf aus dem deutschen Festnetz."

    "Es ist so, dass der Anrufer zunächst die Preisinformation bekommt und nur, wenn der Berater abnimmt, kostet das Gespräch","

    versichert Beate Weiser, Vorstand der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Manche Ratsuchenden scheuen sich dennoch, die 0900-1 zu wählen, da sie die Modalitäten nicht kennen. Eine Kundin in der Stuttgarter Beratungsstelle, die lieber das persönliche Gespräch sucht:
    "Ich sehe es auch ein, dass die irgendwie zu ihrem Geld kommen müssen, aber ich weiß ja im Grunde genommen gar nicht, wie lange dieses Gespräch dauert und was da passiert. Und wenn mich da einer mit einem langen Namen begrüßt und guten Tag und ich wünsche Ihnen einen herrlichen und schönen Tag und so weiter, da fange ich schon an, mich zu ärgern."

    Pressesprecherin Evelyn Keßler macht klar, dass bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg solche Sorgen unbegründet sind. Damit beim Telefonieren über 0900-1 jeder Anrufer gleich an die richtige Stelle kommt, hat jeder Fachbereich eine eigene Kennziffer:

    "Natürlich haben manche Kunden Angst, dass das sehr teuer wird, aber das durchschnittliche Beratungsgespräch dauert bei uns zwischen drei und vier Minuten, das heißt, die Kosten bewegen sich so um sieben Euro, und wir sind der Ansicht, dass das auf jeden Fall wesentlich billiger ist als jetzt eine ausführliche persönliche Beratung, und man bekommt doch eine wichtige Orientierung für sein Problem."

    Bei der telefonischen Beratung fallen in der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg pro Minute 1,75 Euro an. In der Geschäftsstelle kostet ein normales Beratungsgespräch - bis zu 20 Minuten - etwa eine Reisekostenreklamation - 19 Euro, teurer wird eine Spezialberatung zur Baufinanzierung mit 120 Euro. Eine Beratung zur Geldanlage kann bis zu 160 Euro kosten. Ein Problem für den Verbraucher bei der kostenpflichtigen Beratung: Sind die Auskünfte nicht ausreichend und bleibt der Erfolg aus, gibt es keine Geld-zurück-Garantie. Die mangelnde Qualität der Beratung sei nämlich nur schwer nachweisbar, sagt Professor Thomas Hoeren von der Uni Münster:

    "Zunächst muss man bedenken, dass hier ein wirksamer Vertrag zustande kommt, und wenn die Qualität der Information nicht da ist, kann eben der Verbraucher sein Geld zurückverlangen, das ist ein Teil seiner Schadensersatzmöglichkeiten. Das Problem liegt in der Praxis nur darin, dass es hier um sehr kleine Beträge geht, so dass die meisten Verbraucher wahrscheinlich das Problem sehen werden, solche kleinen Beträge wirklich dann auch einzuklagen."

    Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kämen Beschwerden über die Beratungsqualität allerdings sehr selten vor, versichert Evelyn Kessler, und wenn, dann werden diese flexibel und kulant behandelt. Auch schriftlich beraten die Verbraucherschützer, die Auskunft kostet pauschal so viel wie eine einfache persönliche Beratung, also 19 Euro. Alle Einnahmen hält Evelyn Keßler für unentbehrlich, denn der Eigenfinanzierung - sie beträgt je nach Land zwischen 15 und 40 Prozent - komme eine große Rolle zu:

    "Die Einnahmen aus dieser Fachberatung sind existenziell wichtig für die Verbraucherzentrale, sie ersetzen im Grunde öffentliche Mittel, die wir gestrichen bekommen haben."

    Neben den Länderzuschüssen gibt es in einzelnen Bundesländern auch Geld von Gemeinden, und der Bund trägt indirekt über den Verbraucherzentrale- Bundesverband – kurz vzbv - ebenfalls zur Qualitätssicherung bei. Bleibt die Frage, ob man durch mehr Kooperation nicht wirkungsvoller und preiswerter arbeiten könnte, etwa wenn sich die Verbraucherzentralen bundesweit bei der telefonischen Beratung zusammenschlössen. Optimalen Service am Telefon wünscht sich auch der Dachverband der Verbraucherzentralen.

    vzbv-Sprecher Carel Mohn sieht daher eine zentrale Nummer als erstrebenswert an. Versuche in diese Richtung gebe es schon, wie Beate Weiser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bestätigt:

    "Wir haben das auch schon teilweise realisiert, indem wir das Patiententelefon mit drei anderen Verbraucherzentralen gemeinsam betreiben, wir können die Telefonberatung aber nicht bundeseinheitlich machen, weil wir eben vom Land gefördert werden."