Die Plantage Villa Noina liegt etwas außerhalb der 40.000 Einwohner-Stadt Pak Chong, etwa 200 km nordöstlich von Bangkok. Pak Chong ist noch nicht so sehr vom Tourismus überlaufen, einige Besucher verweilen hier, um den nahe gelegenen Kao Yai Nationalpark zu besuchen. Ansonsten sind die Thais meist unter sich.
Vom Stadtkern Pak Chong aus sind es mit dem in Thailand sehr beliebten Motorroller etwa 20 Minuten leicht aufwärts zur Villa Noina. Dem Ort, wo sich die gebürtige Thailänderin Narumon, Spitzname: "Boi", und ihr holländischer Ehemann Simon niedergelassen haben. Zumindest für derzeit etwa sechs Monate im Jahr, im europäischen Sommer leben die ausgebildete Altenpflegerin und Pflegedienstleiterin und ihr Mann, der ehemalige Schiffskoch, aktuell als Caterer tätig, in Köln.
"Mein Name ist Narumon. Ich bin in Thailand geboren und bin dann nach Deutschland. Als ich 14 war. Das ist 26 Jahre her, jetzt hab ich mein Alter verraten. Wir leben das Leben in den beiden Kulturen und das macht mir richtig viel Freude. Die Qualität der beiden Länder, die Qualität der Mentalität im Alltag. Gerade hier in Thailand auf unserer Plantage: Die Ordnung, die Zuverlässigkeit, die Pünktlichkeit der Deutschen, dann wiederum die Gelassenheit der Thai, also die Mischung ist einfach schön."
Mischung aus deutscher Ordnung und thailändischer Gelassenheit
Und der Rufname "Boi" der Plantagenbesitzerin passt hervorragend zu ihrer Tätigkeit.
Boi: "Alle Thais haben einen Spitznamen. Und zwar das wurde bei der Geburt von den Eltern gegeben und das steht nirgendwo in der Urkunde, sondern das ist irgendwo ein Rufname unter den Freundeskreis-Familien. Boi bedeutet ja Dünger. Und wir haben jetzt eine Plantage. Es passt wunderbar. Es kann ja eigentlich nur Pflanzen gedeihen mit mir."
Simon: "Ich heiße Simon Stoops. Ich bin geboren in Holland und ich lebe 35 Jahre in Deutschland, in Köln. Meine Wahl war Brasilien und wenn ich dann in Thailand gekommen bin, habe ich mir so gut gefühlt hier: weniger Kriminalität als in Südamerika und die Leute habe immer gelacht. Und nach zwei, drei Jahren lachen die immer noch."
Boi: "Es war wirklich eine sehr abgelegene Plantage. Es gab keine Straße dahin. Es ist nicht erschlossen, also Strom und Wasser können wir vergessen. Dann haben wir uns aber hier auf dem Platz gestanden und wir waren beide so verliebt in diese Plantage. Und dann haben wir gedacht: Ja, das machen wir. Unsere erste Nacht hier auf der Plantage haben wir in der Hängematte geschlafen. Unter den Mangobäumen und Lagerfeuer gemacht."
Simon: "Und eine Flasche Wein dabei."
Boi: "Und eine Flasche Wein. Und nach dieser Nacht haben wir gedacht: Das ist der Platz."
Erste Nacht unter Mangobäumen
Vor 10 Jahren haben sich Boi und Simon auf der Villa Noina niedergelassen – der Name bezieht sich auf die Frucht Noina, auf Deutsch etwa Zimtapfel oder Süßapfel, die die Jahre zuvor auf der Plantage ausschließlich angebaut wurde. Das multinationale Ehepaar bewohnt ein offen angelegtes Holzhaus mit bodentiefen Fenstern im oben gelegenen Schlafbereich, mit diversen Terrassen und Sitzmöglichkeiten im großen Garten und einer extra gelegenen, überdachten, aber offenen Küche mit Blick über einen Teil ihrer insgesamt drei Hektar Land.
Die Plantage bietet zahlreiche bekannte und weniger bekannte Obst-, Gemüse- und Kräuterpflanzen, großenteils für den Eigenbedarf. Manche Sachen versuchen Boi und Simon in Thailand zu verkaufen oder – insbesondere getrocknete Pflanzen und Pulver – nach Deutschland zu exportieren.
Simon und Boi: "Der Großteil ist momentan Limetten, Banane, Guave, Mango. Kaffir, Rambutan, Jackfruit, Papaya sehr viel, verschiedene Sorten. Als Salat zu machen und auch als süßes Obst zu essen. Kaffee-Pflänzchen haben wir hier stehen. Und Graviola. Es gibt noch ein anderes Stück Grund, da haben wir Graviola-Bäume mit Bananen und Moringa stehen."
Moringa Olifeira ist der Name für den ursprünglich aus Nordindien stammenden Meerrettichbaum. Moringabäume gelten als sehr nährstoffreiche Gewächse und sind heute auch in Asien, Afrika und Lateinamerika weit verbreitet. Sowohl die frischen als auch die getrockneten Blätter werden in Entwicklungsländern in vielen Variationen verspeist und auch zur Bekämpfung der Unterernährung genutzt. In den Industrienationen gibt es Moringa seit einigen Jahren als Nahrungsergänzungsmittel.
"Wir gebrauchen nur die Blätter und die Samen. Aus den Samen kann man Öl von machen und du kannst auch die Samen trocknen und pulverisieren. Und auch in Kapseln tun."
Zoll stoppte Moringapulver
Der Exportversuch nach Deutschland, wo das Moringapulver immer beliebter wird, scheiterte aber beim ersten Mal am Zoll, der das Paket mit dem weißen Pulver nicht einordnen konnte.
"Leider ist das wieder zurückgekommen. Die konnten das nicht definieren. Der Zoll hat das direkt wieder zurückgeschickt. Und ich nehme das schon sechs Jahre und guck (springt durch die Gegend und lacht). Es ist nicht der sterbende Schwan, aber der aufgehende Schwan."
Die Villa Noina ist nicht nur eine Öko-Plantage, die ausschließlich natürliche Düngemittel verwendet, sondern sie wurde zudem nach dem Prinzip der sogenannten "Permakultur" angelegt.
Das Konzept der Permakultur wurde ursprünglich vom Australier Bill Mollison entwickelt, der dafür den Alternativen Nobelpreis erhielt: Permakultur ist die Kurzform für "permanent agriculture", also «dauerhafte Landwirtschaft». Der Mensch muss die Natur genau beobachten und kennenlernen, um sie effektiv nutzen zu können. Dabei soll möglichst wenig Abfall produziert und die Ressourcen effektiv genutzt werden, so dass Permakulturprojekte letztlich das Leben erleichtern.
Permakultur mit möglichst wenig Abfall
Eine Variante der Permakultur vertritt auch der Bergbauer und selbst betitelte "Agrar-Rebell" Sepp Holzer aus den österreichischen Alpen. Und die Permakultur hat letztlich auch Pak Chong erreicht.
"Ein Freund von uns hat damals bei Sepp Holzer eine Permakultur-Ausbildung gemacht und wir waren total begeistert von seinem Konzept, das die Natur und die Tiere als Mitarbeiter und die Natur nutzt. Die Permakultur ist ja ein geschütztes Gebiet. Einmal um die Plantage herum die Pflanzen einzusetzen. Man sagt, am besten drei Reihen Pflanzen zu setzen: größere Bäume, einen Busch pflanzen und noch kleine Pflanzen. So dass wir einmal den Wind gesichert haben, zweitens die Pestizide von der Nachbarschaft schützen können. Und dann muss man die Lage des Grundstücks gucken. Ist das eine Hanglage, ist das Flachland. Wenn das eine Hanglage ist, sollte man eine Terrasse bauen und so gestalten, dass das Wasser nicht so schnell in eine Richtung fließt."
Und es geht um die verschiedenen Bedürfnisse der Pflanzen. So stehen etwa Pflanzen mit flacheren Wurzeln zwischen anderen mit tieferen Wurzeln und profitieren vom Kondenswasser, das von den großen auf die kleinen Blätter tropft. Oder es geht um Sonnenschutz, den zum Beispiel kleinere Kaffee-Pflänzchen auf der Plantage zwischen größeren Bäumen genießen.
"Wir haben die Bananen dazwischen gesetzt, dass die jungen Bäumchen noch etwas Schatten haben und nicht voll in der Sonne stehen und die Bananen sind auch nicht so langlebig."
Was die ökologische Landwirtschaft angeht, so sind die meisten Nachbarn von Boi und Simon zwar inzwischen etwas aufgeschlossener, aber immer noch skeptisch, ob das auch für sie ein Modell sein könnte. Jenseits ihrer bisherigen, häufig aus Mais bestehenden, Monokultur, die natürlich auch mit Pestiziden bearbeitet wird.
"Das ist auch ein bisschen eine Frage des Preises: Was bekommen wir für ein Kilo Blätter. Und was bekommen die für ein Kilo Mais. Der Preis muss stimmen."
Neue Holzhäuser für Work & Travel-Teilnehmer
Ob eine Kooperation, zunächst in kleinem Umfang, möglich wäre? Boi und Simon überlegen das durchaus. Bisher arbeiten sie großenteils für den Eigenbedarf, für kleine Exporte nach Deutschland und sie bieten ihre Plantage als Ort für Work & Travel an. Dazu haben sie letzten Frühling zusätzlich zwei neue Holzhäuser fertig gestellt, in denen die "Urlaubsarbeitenden" wohnen können.
Der Verkauf etwa von Papayas für den beliebten Papaya-Salat nach Bangkok wäre eine zusätzliche Idee, für die allerdings eine Kooperation mit den Nachbar-Bauern notwendig wäre, um regelmäßig einen Pick-Up voll Ware etwa nach Bangkok zu schicken.
"Aber da sind die Nachbar auch noch skeptisch: Kommt der mit Geld zurück, kommt oder kommt der nicht mit Geld zurück. Das haben die schon mal probiert und der Typ ist dann durchgedreht in Bangkok hat Party gemacht und ist ohne Geld zurückgekommen."
Also heißt es zunächst weiter überlegen in puncto Export, mit den Nachbarbauern reden und einfach die tägliche Plantagenarbeit erledigen. Woran natürlich die gelegentlichen Work & Travel-Gäste auch teilnehmen können: Gemeinsam werden etwa Moringa-Blätter, Drachenfrüchte oder Mangos geerntet, Bambusrohr geschlagen, das Bewässerungssystem geflickt – oder, eine sehr beliebte Aktion: Bananenblüten mit der Machete abschlagen.
Boi: "Also die Bananenblüte – wenn die Banane ausgewachsen wie hier ist, muss man die Blüte abmachen, sonst werden die Bananen nicht gesund. Die werden klein bleiben." - Reporterin: "Ach so, weil die ganze Energie dann da rein geht?" - Boi: "Genau, in die Blüte rein geht. Dann werden die Bananen nicht groß."