Silvia Engels: Seit einigen Tagen ist ein alter Konflikt in Südostasien neu aufgebrochen. Es geht um den Grenzverlauf zwischen den Nachbarn Thailand und Kambodscha, und zwar genau an der Stelle, an der eine etwa 900 Jahre alte Tempelanlage steht. In den 60er-Jahren wurde sie Kambodscha zugesprochen und im Jahr 2008 bekam sie den Status als Weltkulturerbe verliehen. Doch nun liefert sich das thailändische Militär mit der kambodschanischen Seite auf einmal Schießereien mit mehreren Toten und einigen Tausend Flüchtlingen, wie zum Beispiel dieser Frau aus der thailändischen Provinz Sri Saket.
O-Ton: Es gab heftige Artilleriefeuer, die Geschosse flogen über unser Dorf, man kann dort nicht mehr leben. Ich verschwinde lieber von hier.
Engels: In der vergangenen Nacht ist es offenbar ruhig geblieben, aber der Konflikt schwelt weiter. – Zugeschaltet ist uns aus Bangkok Hanns-Heinrich Schumacher. Er ist der deutsche Botschafter in Thailand. Guten Morgen, Herr Schumacher.
Hanns-Heinrich Schumacher: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Helfen Sie uns weiter. Was hat diese jüngste Krise denn nun eigentlich ausgelöst?
Schumacher: Ich meine, letztlich war das eine Kurzschlussreaktion. Es ist nichts anderes zu erwarten. Wenn in einem Jahrzehnte, teilweise ja sogar Jahrhunderte alten Grenzstreit militärische Linien aufeinanderrücken, dann kommt es zu solchen Situationen. Ich gehe, wir gehen alle, auch die Beobachter hier, nicht davon aus, dass es sich hier um gezielte, von den Hauptstädten angewiesene Aktionen handelt, sondern dass Militärs kurzsichtig und kurzfristig gehandelt haben und dadurch dann leider Gottes auch Menschen gestorben sind.
Engels: Das heißt, eine Art Missverständnis, das dann sich hochgeschaukelt hat, oder gezielt von den Militärs gesteuert?
Schumacher: Ich habe Schwierigkeiten, eine Situation als Missverständnis zu bezeichnen, wenn dabei Menschen ums Leben kommen. Das Wort Missverständnis ist vom thailändischen Oberkommandierenden benutzt worden. Der Grenzstreit schwelt seit 40 Jahren, es hat Scharmützel dieser Art immer wieder in den letzten 40 Jahren gegeben.
Es ist dringend notwendig, dass Thailand und Kambodscha vor allen Dingen in diesem umstrittenen Gebiet ihre militärischen Linien entzerren und nicht, wie gerade in den letzten Monaten geschehen, immer weiter noch verstärken. Dann kommt es zu solchen Kurzschlusshandlungen, und das sehen wir mit großer Sorge, und das hat auch Bundesaußenminister Westerwelle gesagt.
Engels: Was ist denn das für eine Tempelanlage? Warum hat sie diese hohe Symbolkraft?
Schumacher: Man kann das ganz schwer verstehen als Europäer. Es handelt sich um einen alten, wie Sie sagten, über 900 Jahre alten buddhistischen Tempel, der schon immer in einem umstrittenen Grenzgebiet lag. Dieser Tempel wurde 1962 vom Internationalen Gerichtshof den Kambodschanern zugesprochen. Dies ist auch unstreitig, das akzeptieren die Thailänder. Problem ist, dass ein Gebiet von etwa 4,2 Quadratkilometern um diesen Tempel herum, entlang der thailändisch-kambodschanischen Grenze, nicht markiert oder falsch markiert ist - das geht auch zurück auf schlechte Karten der Franzosen aus der Kolonialzeit -, und dass die Thais darauf bestehen, dass dieses Gebiet ihnen gehört. Die Brisanz, die nun da hineinkommt, kommt daher, dass der Tempel von kambodschanischer Seite aus sehr schwer aufgrund einer Hochlage im Gebirge zu erreichen ist. Man muss ihn eigentlich über thailändisches Gebiet anfahren, und so kommt es zu der Situation, dass wir hier eine Tempelanlage haben, in der kambodschanisches Militär sitzt, in der die kambodschanische Fahne weht, und um diesen Tempel herum stehen massiert thailändische Truppen, und dann kommt es zu solchen Situationen, wie wir sie am 4., 5. und in der Nacht zum 7. Februar erlebt haben.
Engels: Was schlagen Sie vor, um die Lage zu beruhigen?
Schumacher: Nun, beide Staaten bestehen ja darauf, dass sie das bilateral, also unter sich lösen wollen. Sie lehnen bisher eine internationale Vermittlung ab. Ich hielte es schon für weise, wenn Phnom Penh und Bangkok sich internationalen Vermittlungen öffnen würden. Deswegen begrüßen wir ja auch das Angebot sowohl des ASEAN-Vorsitzes, Herrn Pizo Van, der nun leider Thailänder ist und nun schwer vermitteln kann in der Lage, aber auch der indonesische Vorsitzende von ASEAN, der, glaube ich, in den letzten beiden Tagen in Phnom Penh war, wird heute hier in Bangkok erwartet. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, sich einer internationalen Vermittlung zu öffnen, denn beide Staaten haben ja eigentlich in den letzten 40 Jahren praktiziert, dass sie unfähig sind, sich bilateral in diesem Grenzstreit zu einigen. Das halte ich eigentlich für zwei Mitgliedsstaaten ASEANs, die sich verpflichtet haben zu friedlicher Streitbeilegung, für ein politisches Armutszeugnis.
Engels: ASEAN könnte eine Möglichkeit sein, also eine eher regionale Organisation. Wie steht es denn mit dem UN-Sicherheitsrat, der ja gerade Kambodscha und Thailand zu Frieden aufgerufen hat?
Schumacher: Beide Seiten haben ja den UN-Sicherheitsrat angerufen. Es ist das Recht eines jeden Staates, dies zu tun. Der brasilianische Vorsitz hat sich eingeschaltet und wird mit beiden Parteien sprechen. Sie wissen, wir sind im Moment im Sicherheitsrat. Wir werden das Recht eines Staates, eine solche Sitzung einzuberufen, nicht bestreiten. Wir bieten uns auch selbst, wenn wir gefragt würden, zu Vermittlungsbemühungen an, stehen also bereit zu beraten. Ich meine, dass die beiden Schienen, die im Moment geöffnet wurden, sowohl innerhalb ASEANs selber wie auch über die informelle Schiene über den Vorsitz des Sicherheitsrates, die richtigen Wege sind, um den Konflikt zu beruhigen, und wir müssen dann sehen, ob es zu einer Sicherheitsratssitzung kommt, oder auch nur zu einem internen Briefing. Auf jeden Fall müssen Außenstehende auch die Beteiligten zur Mäßigung aufrufen, und das haben wir ja auch getan.
Engels: Herr Schumacher, Sie haben auch die deutsche Seite als möglichen Ansprechpartner ins Gespräch gebracht. Hat man denn gute Drähte in beide Hauptstädte, um hier vielleicht auch unter der Schwelle der regionalen Organisationen zu vermitteln?
Schumacher: Sie werden verstehen, dass ich über Kambodscha wenig sagen kann. Ich bin Botschafter in Bangkok. Aber Deutschland hat hier in Thailand wirklich eine hervorragende Reputation, unsere Beziehungen sind über 150 Jahre alt. Aber noch einmal, damit hier keine falschen Vorstellungen aufkommen: Beide haben ja sowohl in New York wie Thailand auch bei uns in Berlin ganz deutlich gemacht, wir wollen dies bilateral, wir wollen dies untereinander lösen. Dies war das Mantra beider Länder in den vergangenen 40 Jahren, vor allen Dingen auch seit 2008, als der Tempel zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt wurde. Beide waren aber unfähig, dies zu tun. Es gibt eine gemeinsame Grenzkommission, die ist auf dem Papier. Wir haben Thailand und Kambodscha aufgerufen, diese Grenzkommission einzurufen. Ich meine, gerade auch die thailändische Regierung als der Stärkere muss hier mehr politische Weitsicht und Vernunft zeigen. Das Land ist Mitglied im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen! Es führt derzeit den Vorsitz. Thailand bewirbt sich als nicht ständiges Mitglied in den Sicherheitsrat für 2016. Da muss man schon eine bestimmte politische Reife zeigen, um einen solchen Konflikt nicht militärisch ausarten und damit Menschen sterben zu lassen.
Engels: Viele Beobachter verweisen ja auch auf die innenpolitische Komponente Thailands in diesem Konflikt. Sie machen thailändische Nationalisten für die jüngste Verschärfung verantwortlich. Ist der Schlüssel auch innerhalb Thailands tatsächlich zu suchen?
Schumacher: Das ist ein bisschen die alte Novelle: Die Zauberlehrlinge, die man rief, wird man nicht wieder los, denn die Regierung, die heute an der Macht ist, die Koalitionsregierung, hat ja seinerzeit mit Demonstrationen der sogenannten Gelbhemden, die damals im Dezember 2008 auch den Flughafen besetzt haben, unter anderem die Möglichkeit erreicht, im Parlament eine Mehrheit zu bilden. Es gibt nun wieder einige Tausend Gelbhemden, die in den Straßen demonstrieren, um den Regierungssitz herum, und wirklich teilweise mit nationalistischen Tönen fast schon zum Krieg und zum Krieg gegen Kambodscha aufrufen und das Territorium Thailands zurückerobern wollen.
Man kann nur hoffen, dass die Koalitionsregierung in Bangkok diesen nationalistischen Tönen in einer Situation, in der sich ein Wahlkampf abzuzeichnen beginnt, den wir mit Sicherheit in diesem Jahr haben werden – die Frage ist nur wann -, dass sie in einer solchen Situation nicht diesen nationalistischen Tönen nachgibt, sondern standhaft bleibt, was sie bisher im Prinzip auch tut, und weiter versucht, mit Mäßigung und mäßigenden Tönen auf Phnom Penh zuzugehen. Der jüngste Konflikt ist ja letztlich vor etwa drei Wochen losgetreten worden durch eine thailändische Provokation, als sieben Thais, sieben Gelbhemden, darunter auch ein Abgeordneter, provokativ die Grenze überschritten haben. Beide Staaten haben dies durchaus diplomatisch auf dem Verhandlungswege gelöst. Aber wie gesagt, die traditionalistischen Kreise hier führen diesen Konflikt weiter und tragen dazu bei, dass er weiter schwelt.
Engels: Appelle, Einschätzungen und Informationen vom deutschen Botschafter in Bangkok, Hanns-Heinrich Schumacher. Vielen Dank für Ihre Zeit.
Schumacher: Herzlichen Dank.
O-Ton: Es gab heftige Artilleriefeuer, die Geschosse flogen über unser Dorf, man kann dort nicht mehr leben. Ich verschwinde lieber von hier.
Engels: In der vergangenen Nacht ist es offenbar ruhig geblieben, aber der Konflikt schwelt weiter. – Zugeschaltet ist uns aus Bangkok Hanns-Heinrich Schumacher. Er ist der deutsche Botschafter in Thailand. Guten Morgen, Herr Schumacher.
Hanns-Heinrich Schumacher: Guten Morgen, Frau Engels.
Engels: Helfen Sie uns weiter. Was hat diese jüngste Krise denn nun eigentlich ausgelöst?
Schumacher: Ich meine, letztlich war das eine Kurzschlussreaktion. Es ist nichts anderes zu erwarten. Wenn in einem Jahrzehnte, teilweise ja sogar Jahrhunderte alten Grenzstreit militärische Linien aufeinanderrücken, dann kommt es zu solchen Situationen. Ich gehe, wir gehen alle, auch die Beobachter hier, nicht davon aus, dass es sich hier um gezielte, von den Hauptstädten angewiesene Aktionen handelt, sondern dass Militärs kurzsichtig und kurzfristig gehandelt haben und dadurch dann leider Gottes auch Menschen gestorben sind.
Engels: Das heißt, eine Art Missverständnis, das dann sich hochgeschaukelt hat, oder gezielt von den Militärs gesteuert?
Schumacher: Ich habe Schwierigkeiten, eine Situation als Missverständnis zu bezeichnen, wenn dabei Menschen ums Leben kommen. Das Wort Missverständnis ist vom thailändischen Oberkommandierenden benutzt worden. Der Grenzstreit schwelt seit 40 Jahren, es hat Scharmützel dieser Art immer wieder in den letzten 40 Jahren gegeben.
Es ist dringend notwendig, dass Thailand und Kambodscha vor allen Dingen in diesem umstrittenen Gebiet ihre militärischen Linien entzerren und nicht, wie gerade in den letzten Monaten geschehen, immer weiter noch verstärken. Dann kommt es zu solchen Kurzschlusshandlungen, und das sehen wir mit großer Sorge, und das hat auch Bundesaußenminister Westerwelle gesagt.
Engels: Was ist denn das für eine Tempelanlage? Warum hat sie diese hohe Symbolkraft?
Schumacher: Man kann das ganz schwer verstehen als Europäer. Es handelt sich um einen alten, wie Sie sagten, über 900 Jahre alten buddhistischen Tempel, der schon immer in einem umstrittenen Grenzgebiet lag. Dieser Tempel wurde 1962 vom Internationalen Gerichtshof den Kambodschanern zugesprochen. Dies ist auch unstreitig, das akzeptieren die Thailänder. Problem ist, dass ein Gebiet von etwa 4,2 Quadratkilometern um diesen Tempel herum, entlang der thailändisch-kambodschanischen Grenze, nicht markiert oder falsch markiert ist - das geht auch zurück auf schlechte Karten der Franzosen aus der Kolonialzeit -, und dass die Thais darauf bestehen, dass dieses Gebiet ihnen gehört. Die Brisanz, die nun da hineinkommt, kommt daher, dass der Tempel von kambodschanischer Seite aus sehr schwer aufgrund einer Hochlage im Gebirge zu erreichen ist. Man muss ihn eigentlich über thailändisches Gebiet anfahren, und so kommt es zu der Situation, dass wir hier eine Tempelanlage haben, in der kambodschanisches Militär sitzt, in der die kambodschanische Fahne weht, und um diesen Tempel herum stehen massiert thailändische Truppen, und dann kommt es zu solchen Situationen, wie wir sie am 4., 5. und in der Nacht zum 7. Februar erlebt haben.
Engels: Was schlagen Sie vor, um die Lage zu beruhigen?
Schumacher: Nun, beide Staaten bestehen ja darauf, dass sie das bilateral, also unter sich lösen wollen. Sie lehnen bisher eine internationale Vermittlung ab. Ich hielte es schon für weise, wenn Phnom Penh und Bangkok sich internationalen Vermittlungen öffnen würden. Deswegen begrüßen wir ja auch das Angebot sowohl des ASEAN-Vorsitzes, Herrn Pizo Van, der nun leider Thailänder ist und nun schwer vermitteln kann in der Lage, aber auch der indonesische Vorsitzende von ASEAN, der, glaube ich, in den letzten beiden Tagen in Phnom Penh war, wird heute hier in Bangkok erwartet. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, sich einer internationalen Vermittlung zu öffnen, denn beide Staaten haben ja eigentlich in den letzten 40 Jahren praktiziert, dass sie unfähig sind, sich bilateral in diesem Grenzstreit zu einigen. Das halte ich eigentlich für zwei Mitgliedsstaaten ASEANs, die sich verpflichtet haben zu friedlicher Streitbeilegung, für ein politisches Armutszeugnis.
Engels: ASEAN könnte eine Möglichkeit sein, also eine eher regionale Organisation. Wie steht es denn mit dem UN-Sicherheitsrat, der ja gerade Kambodscha und Thailand zu Frieden aufgerufen hat?
Schumacher: Beide Seiten haben ja den UN-Sicherheitsrat angerufen. Es ist das Recht eines jeden Staates, dies zu tun. Der brasilianische Vorsitz hat sich eingeschaltet und wird mit beiden Parteien sprechen. Sie wissen, wir sind im Moment im Sicherheitsrat. Wir werden das Recht eines Staates, eine solche Sitzung einzuberufen, nicht bestreiten. Wir bieten uns auch selbst, wenn wir gefragt würden, zu Vermittlungsbemühungen an, stehen also bereit zu beraten. Ich meine, dass die beiden Schienen, die im Moment geöffnet wurden, sowohl innerhalb ASEANs selber wie auch über die informelle Schiene über den Vorsitz des Sicherheitsrates, die richtigen Wege sind, um den Konflikt zu beruhigen, und wir müssen dann sehen, ob es zu einer Sicherheitsratssitzung kommt, oder auch nur zu einem internen Briefing. Auf jeden Fall müssen Außenstehende auch die Beteiligten zur Mäßigung aufrufen, und das haben wir ja auch getan.
Engels: Herr Schumacher, Sie haben auch die deutsche Seite als möglichen Ansprechpartner ins Gespräch gebracht. Hat man denn gute Drähte in beide Hauptstädte, um hier vielleicht auch unter der Schwelle der regionalen Organisationen zu vermitteln?
Schumacher: Sie werden verstehen, dass ich über Kambodscha wenig sagen kann. Ich bin Botschafter in Bangkok. Aber Deutschland hat hier in Thailand wirklich eine hervorragende Reputation, unsere Beziehungen sind über 150 Jahre alt. Aber noch einmal, damit hier keine falschen Vorstellungen aufkommen: Beide haben ja sowohl in New York wie Thailand auch bei uns in Berlin ganz deutlich gemacht, wir wollen dies bilateral, wir wollen dies untereinander lösen. Dies war das Mantra beider Länder in den vergangenen 40 Jahren, vor allen Dingen auch seit 2008, als der Tempel zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt wurde. Beide waren aber unfähig, dies zu tun. Es gibt eine gemeinsame Grenzkommission, die ist auf dem Papier. Wir haben Thailand und Kambodscha aufgerufen, diese Grenzkommission einzurufen. Ich meine, gerade auch die thailändische Regierung als der Stärkere muss hier mehr politische Weitsicht und Vernunft zeigen. Das Land ist Mitglied im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen! Es führt derzeit den Vorsitz. Thailand bewirbt sich als nicht ständiges Mitglied in den Sicherheitsrat für 2016. Da muss man schon eine bestimmte politische Reife zeigen, um einen solchen Konflikt nicht militärisch ausarten und damit Menschen sterben zu lassen.
Engels: Viele Beobachter verweisen ja auch auf die innenpolitische Komponente Thailands in diesem Konflikt. Sie machen thailändische Nationalisten für die jüngste Verschärfung verantwortlich. Ist der Schlüssel auch innerhalb Thailands tatsächlich zu suchen?
Schumacher: Das ist ein bisschen die alte Novelle: Die Zauberlehrlinge, die man rief, wird man nicht wieder los, denn die Regierung, die heute an der Macht ist, die Koalitionsregierung, hat ja seinerzeit mit Demonstrationen der sogenannten Gelbhemden, die damals im Dezember 2008 auch den Flughafen besetzt haben, unter anderem die Möglichkeit erreicht, im Parlament eine Mehrheit zu bilden. Es gibt nun wieder einige Tausend Gelbhemden, die in den Straßen demonstrieren, um den Regierungssitz herum, und wirklich teilweise mit nationalistischen Tönen fast schon zum Krieg und zum Krieg gegen Kambodscha aufrufen und das Territorium Thailands zurückerobern wollen.
Man kann nur hoffen, dass die Koalitionsregierung in Bangkok diesen nationalistischen Tönen in einer Situation, in der sich ein Wahlkampf abzuzeichnen beginnt, den wir mit Sicherheit in diesem Jahr haben werden – die Frage ist nur wann -, dass sie in einer solchen Situation nicht diesen nationalistischen Tönen nachgibt, sondern standhaft bleibt, was sie bisher im Prinzip auch tut, und weiter versucht, mit Mäßigung und mäßigenden Tönen auf Phnom Penh zuzugehen. Der jüngste Konflikt ist ja letztlich vor etwa drei Wochen losgetreten worden durch eine thailändische Provokation, als sieben Thais, sieben Gelbhemden, darunter auch ein Abgeordneter, provokativ die Grenze überschritten haben. Beide Staaten haben dies durchaus diplomatisch auf dem Verhandlungswege gelöst. Aber wie gesagt, die traditionalistischen Kreise hier führen diesen Konflikt weiter und tragen dazu bei, dass er weiter schwelt.
Engels: Appelle, Einschätzungen und Informationen vom deutschen Botschafter in Bangkok, Hanns-Heinrich Schumacher. Vielen Dank für Ihre Zeit.
Schumacher: Herzlichen Dank.


