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The Jean-Paul Sartre Experience
Musik in Hundefutterdosen

Für die Popmusik Neuseelands waren vor allem die 80er-Jahre eine tolle Zeit. Beim Label Flying Nun veröffentlichten viele junge Bands ihre Musik. Die Musik einer dieser Bands - The Jean-Paul Sartre Experience - wurde kürzlich wiederveröffentlicht. Sänger David Yetton blickt im DLF zurück.

David Yetton im Corsogespräch mit Michael Hager |
    "Wir hatten viele Hunde und deswegen auch viele Hundefutterdosen zuhause. Wie sich zeigte, waren die hervorragend als Verpackung geeignet. Wer weiß, ohne die Dosen wäre ich heute vielleicht gar nicht hier." Hundefutterdosen - ohne sie würde David Yetton heute vielleicht nicht Fragen über The Jean-Paul Sartre Experience beantworten. Die Band wurde entdeckt, nachdem sie 1985 ihre ersten Demokassetten in Dosen gesteckt und an lokale Radiosender in Neuseeland verschickt hat. Der Beginn der Geschichte, die jetzt mit der Sammlung "I Like Rain: The Story of The Jean-Paul Sartre Experience" neu beleuchtet wird.
    1986 - die Blütezeit von Flying Nun - ein kleines Label aus Neuseeland, das veröffentlichte, was seinen Machern gefiel. Zum Beispiel den frühen minimalistischen Pop der Musiker um David Yetton. Wobei "Musiker" - mit dem Begriff hat sich der frühere Bassist und Sänger lange nicht anfreunden können.
    "I grew up on kind of Punk music and I grew up with Brian Eno and sort of non-musicians in a way, people who prided themselves in a way on the fact that they weren’t musicians."
    David Yetton sah sich eher in der Tradition von Punk und Nicht-Musikern wie dem Ambientmusik-Pionier Brian Eno. Ähnlich ging es auch den anderen Songwritern in der Band, Jim Laing und David Mulcahy. Nur der Schlagzeuger, Gary Sullivan, war ausgebildeter Musiker.
    Der ersten EP und dem Debütalbum wollten die Neuseeländer deshalb so bald wie möglich ihr zweites Album "The Size Of Food" vorlegen und endlich auch Tourneen im Ausland spielen. Es kam anders: Dem kleinen Label Flying Nun ging das Geld aus und das Album lag für fast zwei Jahre in der Schublade - eine kleine Ewigkeit. The Jean-Paul Sartre Experience steckten fest. "Dass das zweite Album so lange verzögert wurde, war sehr frustrierend. Wer weiß, ob es sonst anders für uns gelaufen wäre. Sei’s drum, que sera, sera."
    Es folgten Singles, EPs und noch ein Album - "Bleeding Star", die letzte gemeinsame Platte. Endlich mit mehr Unterstützung vom Label - aber auch mit mehr Verpflichtungen: Tourneen unter anderem in den USA und Europa. "Auf Tour zu sein ist anstrengend. Wenn es bandintern Probleme gibt, dann zeigen die sich auf Tour. Unser größtes Problem waren wahrscheinlich unsere Egos." Vier Menschen mit unterschiedlichen künstlerischen Ambitionen auf engstem Raum - da kracht es irgendwann. 1994 - zehn Jahre nach der Gründung - lösten sich The Jean-Paul Sartre Experience auf.
    David Yetton ist stolz auf das meiste in der Zeit bei The Jean-Paul Sartre Experience. Besonders gerne erinnert er sich an die Euphorie der ersten Jahre - und an die Freude beim ersten Hören der EP von 1986. "Ich werde nie vergessen, wie wir das erste Mal die fertige EP gehört haben. Wir haben gelacht und getanzt und uns gedacht: Man, klingt das gut."
    Die Geschichte von The Jean-Paul Sartre Experience beginnt mit Musik in Hundefutterdosen - 21 Jahre nach ihrem Ende bleiben uns nun 54 Songs - mehr als drei Stunden Musik - viel Zeit, in der es außergewöhnliche Songs zu entdecken gibt.
    Das Boxset "I Like Rain – The Stroy of The Jean-Paul Sartre Experience" ist bei Fire Records erschienen und in dieser Woche unser Album der Woche.