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Thea Dorn über Freiheitsempfinden
"Einer der größten Gegner der Freiheit ist die Angst"

Die Autorin Thea Dorn sieht einen Zusammenhang zwischen Freiheitsgefühl und Zuversicht. Man brauche den Glauben daran, Gestaltungsräume zu haben, sich ausdrücken und mit anderen wirken zu können, sagte sie im Dlf. Es sei wichtig, über die Pandemie nicht eine allgemeine Lebensgelassenheit zu verlieren.

Thea Dorn im Gespräch mit Kolja Unger |
Die Autorin Thea Dorn
Ist die Freiheit bedroht, etwa in Coronazeiten, sei Resilienz besonders wichtig, sagte die Schriftstellerin Thea Dorn im Dlf (imago )
Laut Freiheitsindex des Instituts für Demoskopie Allensbach fühlen sich nur noch 36 Prozent der Deutschen in ihrem Leben frei. Vor knapp vier Jahren, vor Corona, war es noch mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Das habe vor allem mit einem erhöhten Angstlevel zu tun, sagte die Schriftstellerin und Philosophin Thea Dorn im Dlf. Vermehrte Ängste beobachte sie schon seit Längerem, aber durch die Pandemie sei ein anderes Level erreicht worden.
Lithografie Georg Wilhelm Friedrich Hegels
Freiheit oder Naturalismus - Zur Hochaktualität Hegels
In der Coronakrise wird vielen Menschen bewusst, wie wichtig ihnen ihre Selbstbestimmung ist. Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel sei Freiheit eine Frage von alles oder nichts, sagte die Philosophin Andrea Kern im Dlf.
Dabei sei zwischen unterschiedlichen Ängsten zu unterscheiden: die Angst, an dem Virus zu sterben, die wirtschaftliche Existenz zu verlieren oder aber den tiefen Glauben an das freiheitliche liberale System. Die Schwierigkeit bestehe nun darin, dass man dazu neige, in eigenen Ängsten gefangen zu sein. "Das macht uns unfrei und nimmt uns die Chance, Verständnis für die anderen zu haben, deren Angstschwerpunkte woanders sind", so die Schriftstellerin.

Freiheit braucht Zuversicht und Lebensgelassenheit

Das Problem sei der Verlust einer gewissen Lebensgelassenheit. "Es wird schon irgendwie gutgehen – wenn dieses Urvertrauen angeknackst ist, ich fürchte, dagegen hilft auch kein Impfstoff. Verlassen wir uns ausschließlich auf Äußeres, verlieren wir immer mehr innere Resilienz: Ich weiß, ich bin von Gefahren umzingelt und trotzdem gehe ich nicht verängstigt durch die Welt."
Vulkanischer Stein auf weißem Hintergrund
Macht und Ohnmacht der Weltgestaltung
Im Anthropozän ist der Mensch zum bestimmenden Faktor unserer Erde geworden. Gleichzeitig erleben wir uns als ohnmächtig, in systemischen Zwängen gefangen und einem Virus wie Covid-19 hilflos ausgeliefert. Wie mit dieser Gleichzeitigkeit von Macht und Ohnmacht umgehen?
Wer nur noch Hoffungslosigkeit habe und denke, es werde sowieso alles immer enger und schlimmer, könne nur noch eine "Glagenhumorfreiheit" entwickeln. "Eine triftige oder produktive Freiheit hat mit dem Glauben zu tun, dass ich Räume habe, was zu gestalten, mich auszudrücken, mit anderen wirken kann – und wenn das alles weg ist und ich verängstigt in der Ecke sitze und darauf warte, dass der nächste Maßnahmenkatalog erlassen wird, der mich angeblich schützt oder es auch eben gar nicht so wirklich tut, dann sitzt Freiheit als blasses Gespenst im Raum und hat auf jeden Fall ihre Strahlkraft verloren."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.