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"Theater, das werde ich immer machen"

Seine Leidenschaft ist das Theater und er liebt den Kontakt zum Publikum: Ab 2013 hat Schauspieler Rudolf Kowalski wieder mehr Zeit für die Bühne und neue Projekte. Denn nach sieben Staffeln "Stolberg" quittiert der von Kowalski gespielte Kommissar den Dienst.

Von Susanne Luerweg |
    Susanne Luerweg: Sie haben angefangen mit Loriot als Sketchpartner

    Rudolf Kowalski: Nein, nein, nein. Die Anfänge waren viel schlimmer. Die Anfänge waren XY ungelöst, wo ich Einbrecher spielen durfte, weil ich eine Lederjacke hatte, die habe ich immer mitgebracht, das war´s. Nein, das waren nicht die Anfänge

    Luerweg: Das war dann schon fortgeschritten? Und dann der legendäre Satz als Staubsaugervertreter- war das dann eher ein Fluch oder ein Segen?

    Kowalski: Ach, das war kein Fluch. Aber es nervt manchmal, es war eine schöne Arbeit und ne schöne Zeit mit Loriot. Aber es war damals noch nicht so bedeutend, wie es jetzt geworden ist, wir wussten ja nicht, dass wir Kultfilme drehen. Das hat sich erst später herausgestellt.

    Luerweg: Aber er gilt doch als Perfektionist. Ich könnte mir vorstellen, dass es doch auch ein bisschen anstrengend war.

    Kowalski: Jeder Künstler ist Perfektionist, wenn er Künstler werden will, aber das ist doch ne lohnende Anstrengung. Und gerade wenn man Komik herstellen will, ist das oft sehr ernsthafte Arbeit, aber mir macht das wiederum Spaß.

    Luerweg: Was macht Ihnen denn sonst noch Spaß? Kommissare? Den Kommissar, den Sie ja tatsächlich spielen, ist der Kommissar Stolberg im ZDF und der hört jetzt auch bald auf . 2013

    Kowalski: Ja, es gibt noch drei Folgen, dann haben wir fünfzig voll gemacht. Dann ist es vorbei und ich hoffe, die Leute werden es vermissen.

    Luerweg: Und wenn sie es vermissen, geht es weiter?

    Kowalski: Das müssen Sie das ZDF fragen (Lachen)

    Luerweg: Warum hört der auf? Der war doch eigentlich ziemlich erfolgreich, obwohl er so ganz anders war als die anderen Kommissare. Muss ich das auch das ZDF fragen oder wissen Sie das?

    Rudolf Kowalski: Exakt- das müssen Sie auch das ZDF fragen, weil ich habe das erfahren von der Producerin, die mir das unter Tränen mitteilte vom ZDF habe ich nichts erfahren.

    Luerweg: Ist das üblich?

    Kowalski: Ich habe es noch nie erlebt. Gut, nun muss man dazu wissen, dass die Producerin auch zu einer Firma gehört, die eine eindeutige Tochterfirma vom ZDF ist und vielleicht gilt das so. Und vielleicht meldet sich ja noch jemand. Noch ist die letzte Folge noch nicht gelaufen.

    Luerweg: Stolberg ist ein ziemlich ungewöhnlicher Kommissar in der heutigen Fernsehlandlandschaft. Er ermittelt richtig ohne dieses ganze Drumherum, das man mittlerweile gewöhnt ist. Das ist ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal, finde ich.

    Kowalski: Ja, dadurch haben wir uns unterschieden. Das war auch ganz bewusst, nicht nur pragmatisch, weil wir haben 60 Minuten um einen Fall zu lösen und dann noch irgendwelche Privatkühlschränke unterzubringen und Beziehungskisten. Wenn man gut aufpasst, dann sieht man, dass da etwas ist. In der letzten Folge durften wir endlich einen privaten Satz einfügen. Aber der geht so schnell vorbei. Man muss schon sehr aufpassen.

    Luerweg: Haben Sie sich wohl gefühlt mit der Rolle?

    Kowalski: Total. Das war wirklich eine gute Sache.

    Luerweg: Sie haben auch mit Ihrer Frau da zusammenarbeiten können. Sie spielt die Gerichtsmedizinerin. War das auch perfekt?

    Kowalski: Natürlich ist das auch wunderbar, wenn man mit seiner eigenen Frau zusammenarbeiten darf. Das war zwar pro Folge immer nur ein oder zwei Tage, aber warum nicht. Und man wusste, sie beide haben ein Geheimnis, sie kennen sich von früher und na ja, das wird auch nicht aufgelöst.

    Luerweg: Das wird auch nicht in der letzten Folge aufgelöst?

    Kowalski: Neeein.

    Luerweg: Das ist gemein.

    Kowalski: Ja, das stimmt, aber warum nicht.

    Luerweg: Das ist die Tür zum Weitermachen.

    Kowalski: Ach ja, man kann so was nicht. Ich denke nicht, dass es weitergeht. Also, wenn jemand Lust dazu hat, ich würde mich nicht lange sträuben, aber das ist unrealistisch.

    Luerweg: Sie haben mal gesagt: Wer heute kein Kommissar ist, der ist schon was Besonderes. Dann sind ja bald wieder was Besonderes, oder?

    Kowalski: Ja, endlich. Ja, wir landen ja alle bei der Polizei. Alle meine Kollegen, die ich kenne, sind irgendwann Kommissare geworden. Es gibt einen unglaublichen Bedarf da und der will gedeckt sein.

    Luerweg: Ist das nicht auch ganz praktisch so ein festes Einkommen zu haben als Schauspieler. Dass man weiß: Ich habe zumindest eine Serie, damit ist schon mal so ein gewisser Stress abgedeckt.

    Kowalski: Ja, natürlich. Jetzt muss ich wieder richtig arbeiten.

    Luerweg: Sie spielen ja auch ganz gerne Theater. Ist das nicht vielleicht auch eine Alternative, auch wenn man da vielleicht nicht so gut bezahlt wird wie als Fernsehkommissar?

    Kowalski: Natürlich Theater, das werde ich immer machen. Einmal im Jahr gelingt es mir Theater zu spielen und das muss auch so sein und bleiben.

    Luerweg: Warum muss das so sein und bleiben? Theater ist Leidenschaft, das andere ist der Brotjob?

    Kowalski: In meinem Beruf ist der Kontakt mit dem Publikum unheimlich wichtig. Das schwingt ja hin und her. Der Funke springt über oder nicht. Im Fernsehen, das ist eher eine berufsähnliche Angelegenheit. Das ist sehr viel Technik, sehr viel Sportliches dabei. Also Sie sterben auf dem Punkt und zwar genau auf der Markierung und das ist wichtig, weil die Kamera sonst unscharf ist. Aber es ist eine völlig andere Art in dem Beruf. Man spielt auch anders.

    Luerweg: Wo genau ist der Unterschied? Das eine ist direkter und da kann auch nicht einer sagen: noch mal.

    Kowalski: Der große, große Unterschied und das wirklich ganz Tolle an diesem Beruf ist im Theater: Diesen Moment gibt es nur ein einziges Mal. Nie wieder. Er ist nicht zu wiederholen. Gar nicht. Und wenn der Abend vorbei ist, dann lebt es in den Leuten weiter und verändert sich und dann ist es irgndwann verflogen und weg.

    Luerweg: Und das im digitalen Zeitalter, wo man alles kopieren kann und ständig fotografieren kann. Da ist es ja noch um so schöner, oder?

    Kowalski: Und es ist 3 D. Seit Tausenden von Jahren. Ist das nicht wunderbar?

    Luerweg: Ja, aber da wirbt gar keiner mit.

    Kowalski: Ne, das ist …Ja, müsste man eigentlich, das ist richtig. Nein, im Gegenteil, Theater sollen geschlossen werden. Das ist unverschämt.

    Luerweg: Kommen wir noch mal auf´s Theater. Da machen Sie auch relativ häufig Sachen mit ihrer Frau zusammen. Zum Beispiel einen Dylan Thomas Abend.

    Kowalski: Ja, nach vielen Jahren ist es uns wirklich gelungen. Da haben wir uns zurückgezogen an den Bodensee. Für vier Tage nach Lindau. Und das war unglaublich schön. Mit einer Musikerin noch dazu. Helena Rück. Und eben Eva Scheurer, meiner Frau. Das rockte ab und wir wussten ja nicht, ob es klappt. Und es ist wirklich kein Mainstreamprogramm, aber es ging wirklich los. Mit ner Panne schon am Anfang. Ich habe mir das Kopfmikro, das Headset abgerissen beim Umzug auf der Bühne, aber das gehört auch zum Theater. Irgendein Techniker hat das bemerkt, rast dann auf die Bühne und stand dann in der Gass und ich bin dann in irgendeinem Moment, wo ich wusste, jetzt redet Eva fünf, sechs Sätze hintereinander, ich hab die Zeit. Da bin ich abgegangen und bin auf die Stichsilbe wieder aufgetreten. Das war schön.

    Luerweg: Und das Publikum hat nix gemerkt?

    Kowalski: Ich glaube nicht, weil es ist eh so ein verrücktes Ambiente dort. Ein sehr chaotischer Abend ist das. Ich glaube, die haben es nicht gemerkt.

    Luerweg: Also, Dylan Thomas, das ist schon hartes Brot, also das ist jetzt, nix wo unbedingt Leute hinkommen würden, die Sie aus dem Fernsehen kennen und Stolberg gucken, oder? Gibt es da Schnittmengen publikumstechnisch?

    Kowalski: Doch, ja. Man kann es nicht verleugnen. Leute kommen auch, um diese Fernsehnase zu sehen. Das ist der Hauptbeweggrund eigentlich. So arbeiten die Theater inzwischen auch schon, in dem sie Namen engagieren, eine gewisse Prominenz, auch wenn es eine B-Prominenz ist, dann kommen die Leute. Und wenn sie dann noch was mitbekommen, was sie sonst nicht mitbekommen, dann kann das sehr beglückend sein.

    Luerweg: Neben Dylan Thomas mögen Sie auch Heinrich Heine, oder?

    Kowalski: Ja ,sehr. Heinrich Heine bin ich ganz nah verwandt. Das ist einer meiner Hausgötter und ich habe das Glück nächstes Jahr in der Düsseldorfer Oper ein Stück zu machen, das ist eine Uraufführung "Sehnsucht Meer" heißt es und da kommen viele, viele Texte von Heinrich Heine vor.Und zwar aus seinen Memoiren des Herrn Schnabelewobski und da geht es um den Fliegenden Holländer und das kann auch nach dem Libretto, das ich jetzt gelesen habe, sehr spannend werden.

    Luerweg: Stichwort Fliegender Holländer, Stichwort Oper, stimmt es, dass Sie mal den Ring von Loriot gemacht haben.

    Kowalski: Ja, vor kurzem habe ich das machen dürfen und zwar in Duisburg und Düsseldorf. Den ganzen Ring an einem Abend. Von Loriot ist der Text. Es ist so gut geschrieben, dass die Leute sogar ein Vergnügen habe, wenn ich das mache, weil wenn man allein bedenkt, wenn er das Rheingold als Wertgegenstände aus dem Rhein bezeichnet. In seiner Komik ist das schon sehr gut.

    Luerweg: Mochte Loriot eigentlich auch Ihren Kommissar? Hat er das mitgekriegt, hat er das verfolgt?

    Kowalski: Loriot war der Erste, der angerufen hat nach der Ausstrahlung der ersten Folge. Er hat immer wieder angerufen und hat Kritik gemacht und was er sich vorstellt, was er sich wünschen würde dazu noch. Wir haben richtig gequatscht darüber, häufiger. Das war fast normal.

    Luerweg: Der Kreis um ihn noch mal zu schließen- wir haben angefangen mit Loriot. Ist es was, was Ihnen liegt? Dieses humoristische Fach auch?

    Kowalski: Ich bin ein sehr alberner Mensch und je tragischer die Rollen sind, umso alberner werde ich. Das ist meine Art damit umzugehen.