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Theater in Tübingen
Camping auf der Bühne

Campingurlaub ist für die einen absolute Freiheit, für die anderen die absolute Horrorvorstellung. Was passiert, wenn ein Paar mit eben diesen unterschiedlichen Ansichten in Urlaub fährt und das ausgerechnet auf einen Campingplatz, erzählt das Tübinger Camping-Musical "Stellplatz 51" im Zimmertheater Tübingen.

Von Oliver Ramme | 14.07.2015
    Wohnwagen stehen auf Stellplätzen eines Zeltplatzes
    Wohnwagen stehen auf Stellplätzen eines Zeltplatzes (picture alliance / dpa / Ralf Hirschberger)
    Bert und Jeanette haben ihr Ziel erreicht. Ein junges Pärchen, frisch verliebt, kennen sich kaum und wollen einfach mal ein paar unbeschwerte Tage miteinander verbringen.
    "Wir sind da, wir sind im Kempinski."
    Das Kempinski ist aber nicht das Kempinski, sondern nur Camping Kempinski. Bert und Jeannette stehen mit ihrem Papp-Auto vor einer zweistöckigen Papp-Kulisse aus Campingwagen. In der Mitte führt eine grüne, breite Treppe zur Rezeption hinauf. Das es sich um eine regelrechte Showtreppe handelt, liegt nicht nur an den bunten Neonröhren unter den Absätzen. Auf der Treppe wird auch viel gesungen.
    Konzentriertes Leben
    Bert und Jeannette treffen auf eine eingeschworene Camper-Gemeinde. Die einen im Bhagwan-Look, die anderen im Nationaltrikot oder Trainingsanzug. Badeschlappen hier, Highheels dort. Und das frisch verliebte Paar mittendrin und tief gespalten, was das Thema Camping betrifft.
    "Camping ist wie konzentriertes Leben, ganz frei und pur – und es kostet nichts." - "Mich kostet es den letzten Nerv. Ich hasse Camping."
    Und damit ist der Plot des dreistündigen Musicals im Grunde erzählt. Berts und Jeanettes unterschiedliche Auffassung in Sachen Camping wird zum Dauerdissens, verstärkt durch die Anwesenheit diverser skurriler Campingplatz-Bewohner - und Bewohnerinnen.
    "Man muss sich ja auch kennenlernen. Und das geht natürlich am besten unter Extrembedingungen: Schwangerschaft und Aufzucht, da lernt man die Männer kennen. Da ist Camping nicht schlecht."
    "Das ist extrem. Drei Tage Dauerregen – im Zelt, da lernt man sich so richtig kennen. Das hier ist kein Ponyhof, das ist die brutale Realität."
    Platz der Absurditäten
    Der Campingplatz ist – eher ein absurder Platz – findet auch Regisseur und Zimmertheater Intendant Axel Krauße.
    "Weil sich dort Leute treffen, die ganz unterschiedliche Ansichten haben, wie man einen Urlaub verbringen kann. Und wenn man sich mit Campingplätzen befasst, gibt es Widersprüche: Man will in der Natur sein, hat aber komfortable Wohnmobile. Es hat was von Freiheit, unterliegt aber vielen Regeln."
    Bereits vor zwei Jahren wurde die Idee von "Stellplatz 51 – das Camping Musical" geboren. Autor und Kabarettist Bernd Kohlhepp trat an Intendant Krause heran, dazu wurde die Komponistin Susanne Hinkelbein hinzugezogen und daraus entstand ein launisches Stück.
    Eine Uraufführung in der Klischees tüchtig durchgewalkt werden. Dauercamper versus Tagescamper, nervende Mücken im Zelt oder einfach sich in einen Fremden vom Stellplatz nebenan verlieben.
    "Es ist ein Sommertheater und eine Komödie. Wir haben uns bemüht, den Campingplatz als Spiel der Gesellschaft zu zeigen. Es gibt im zweiten Teil durchaus gesellschaftskritische Anmerkungen."
    Dazu gehört das Thema Asyl.
    Gesellschaftskritik zwischen Zelt- und Grillplatz
    Immer mehr Asylsuchende kommen über das Mittelmeer, die Auffanglager sind voll. Und da steht mit einmal der Campingplatz Kempinski auf der Liste der möglichen Unterkünfte.
    "Sind das denn dann Wintercamper oder Dauercamper?"
    Beim Thema Asyl hört also die Solidarität auf. "Stellplatz 51" - das ist übrigens der Platz, wo Bert und Jeannette ihr Zelt aufschlagen – Stellplatz 51 - das Musical - ist auch ein bisschen kritisch. Aber hauptsächlich leichte Camping-Kost, mit einer Reihe harmloser und seichter Witze und ein bisschen Slapstick aber keine Camperkritik.
    "Es ist halt ein Unterhaltungsabend im Sommer."
    Das Kempinski muss übrigens am Ende keine Flüchtlinge aufnehmen. Vielmehr stellt sich heraus, dass der Platz auf einem ehemaligen Munitionsdepot liegt. Und dann fliegt das Kempinski in die Luft. Jeanette – die mittlerweile Gefallen an der Camper-Welt gewonnen hatte und ihr Bert sterben. Aber in dem lauen Tübinger Sommerlüftchen muss auch das nicht so ernst genommen werden.
    "Drum such dir ne Gemeinschaft aus."