In dem seit der Uraufführung unveränderten Dekor des Karl-Ernst Herrmann ist aber doch nur eine Wirklichkeit eingefangen, die für eine vergreisende Gesellschaft eigentlich typisch sein könnte. Dass in den gequälten Ritualen der Worringer-Geschwister allerdings mit dem Untergang eines einstigen bürgerlichen Lebensstils auch eine ganze Welt zuende geht, theatralisch sinnfällig durch die handgreiflichen Interventionen des Bruders, seine Übergriffe auf Standuhr, Bilder und Buffet, hat Bernhard bereits in seinem Stück genüsslich zelebriert. Er bleibt der humorvollste Zeuge der Zersetzungsprozesse der bürgerlichen Lebensform, der verbitterste Chronist des Zerfalls der abendländischen Aufklärung und der komischste Schöpfer all jener verzweifelt komischer Überlebensversuche des österreichischen Individuums inmitten von Zerfall und Niedertracht.
Ein Drittes macht das in Berlin wiederaufgeführte "Ritter, Dene, Voss" aber auch deutlich: Jeder große Erfolg schafft sich seine eigene Geschichte, schafft sich selbst seine ihm eigene Zeitgenossenschaft, lebt parallel und außerhalb der sich beschleunigenden, globalisierenden Gegenwärtigkeit. Wo man eine verrohte, vergröberte, durch Routine ins Karikaturale verzerrte Darstellung der drei Meistermimen erwartet hätte, halten sich insbesondere Kirsten Dene und Ilse Ritter fern von jeder rampensäuischen Doppelbödigkeit, wollen nicht mit kalkulierten Effekten ins Herz der Zuschauer, sondern mit dem Erspielen ihrer Figuren, was ihnen diese am Berliner Ensemble mit herzhaftem Lachen dankten. Heute wird noch viel klarer deutlich, was Theatermacher zu Bernhards Lebzeiten, vermutlich durch die Lektüre seiner verfinsterten Prosa, oft nicht zum Leuchten brachten: Der vor 15 Jahren gestorbene Autor war ein exzellenter Komödienschreiber, sein Hohn und seine Bitterkeit auf dem Theater nur im Lachen sublimierbar und so als Kunst zugleich erschöpft und überwunden.