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Therapie gegen Ebola in Sicht?

Medizin. - Das Ebola-Virus gehört zu den gefährlichsten Viren. Die ersten Krankheitszeichen ähneln zwar einer Grippe. Aber das ändert sich ganz schnell. Es kommt zu Durchfällen, Nierenproblemen, inneren und äußeren Blutungen und Schockzuständen – mit meist tödlichem Ausgang. Ärzte können nur wenig für Patienten mit Ebola-Fieber tun – außer deren Leiden zu lindern. Heute stellen Forscher aus Kanada im Fachblatt "Science Translational Medicine" eine neue Behandlung vor, die sie an Affen erprobt haben. Der Vorteil: Sie wirkt selbst dann noch, wenn das Ebolafieber bereits ausgebrochen ist.

Von Martin Winkelheide | 17.10.2013
    Allein im vergangenen Jahr hat es fünf Ebolaausbrüche in Zentralafrika gegeben, die größten in Uganda und in der Demokratischen Republik Kongo. Der kanadische Virologe Gary Kobinger hat den Ausbruch im Kongo miterlebt.

    "Die meisten Patienten kommen zu den Gesundheitsstationen oder in die Krankenhäuser, wenn sie bereits erste eindeutige Symptome haben. Sie brauchen dann dringend eine gut wirksame Behandlung."

    Eine solche wirksame Behandlung aber existiert noch nicht. Ärzte können den Patienten Flüssigkeit geben, damit sie nicht austrocknen. Außerdem Malaria-Medikamente oder Antibiotika gegen zusätzliche Infektionen. Kobinger:

    "Gegen das Ebola-Virus selbst konnten die Ärzte nichts machen. Sie konnten nur versuchen, den Allgemeinzustand der Patienten so zu verbessern, dass sie allein mit dem Virus fertig werden. Und dazu hatten sie kaum mehr als ein paar Flaschen mit Trinkwasser."

    Aber das Ebola-Virus vermehrt sich so schnell, dass die Chancen, es aus eigener Kraft zu besiegen, schlecht stehen. Von zehn Patienten schafft dies kaum mehr als einer. Im Hochsicherheitslabor der Kanadischen Agentur für Öffentliche Gesundheit in Winnipeg sucht Gary Kobinger daher seit Jahren nach Therapien, die die Überlebenschancen erhöhen. Im Tierversuch an Makaken erprobte er jetzt eine Kombinationstherapie. Sie enthält unter anderem ein Cocktail aus drei Abwehrmolekülen. Diese Antikörper erkennen jeweils spezielle Strukturen auf der Hülle des Ebola-Virus.

    "Die Antikörper docken fest an der Virushülle an. Das Virus ist dann nicht mehr in der Lage, menschliche Zellen zu infizieren."

    Der Effekt des Antikörper-Cocktails: Das Ebola-Virus vermehrt sich deutlich langsamer als gewöhnlich. Der entscheidende Baustein der Kombinationstherapie aber ist Interferon-Alpha. Das ist ein Immunhormon, das auch der menschliche Körper im Falle einer Infektion bildet. Kobinger:

    "Wir geben das Interferon viel früher, als der Körper das tun könnte. Und wir geben es in einer sehr hohen Dosis. Was der Körper aus eigener Kraft erst in einer Woche produziert, geben wir ihm in ein, zwei Tagen. Wir wollen so das körpereigene Abwehrsystem maximal ankurbeln."

    Die Antikörper halten die Zahl der Ebola-Viren niedrig. Das mit dem Interferon auf Höchstleistung getrimmte Immunsystem räumt Viren und infizierte Zellen ab. Im Tierversuch an den Makaken ist das Konzept aufgegangen. Selbst bereits erkrankte Tiere, die erst drei Tage nach Beginn der Infektion behandelt wurden, überlebten alle. Und sie vertrugen die Therapie erstaunlich gut, sagt Gary Kobinger.

    "Das Fieber sank, die Tiere haben wieder gefressen, und sie sind deutlich aktiver als vorher. Bei keinem der Tiere, die überlebt haben, haben wir irgendwelche gravierenden Nebenwirkungen bemerkt."

    Wie gut die Kombinationstherapie nicht allein Affen sondern auch infizierten Menschen helfen kann, das müssen klinische Tests noch zeigen. Die Forschung an Impfstoffen gegen Ebola ist hier schon einen Schritt weiter: Es gibt mehrere experimentelle Ebola-Impfstoffe, die bald schon in Feldversuchen an Menschen getestet werden. Eine wirksame Ebola-Behandlung wird aber dennoch dringend gebraucht, davon ist Gary Kobinger überzeugt.

    "Sie brauchen beides: Schutzimpfung und Behandlung. Es wäre unrealistisch, zu glauben, Sie könnten alle Menschen in Zentral-Afrika impfen und so allen Ebola-Ausbrüchen vorbeugen. Sie werden bestenfalls Menschen mit einem besonders hohen Ansteckungsrisiko impfen können. Der Ebola-Behandlung wird dann immer noch eine wichtige Rolle zukommen."